laut.de-Kritik

Ein dufter Song und diverse Totalausfälle.

Review von

Der Erwartungsdruck war immens, auch wenn keiner der sechs Linkin Park-Mitglieder es je zugeben würde. Man habe mit dem Vorgänger "A Thousand Suns" ja nach Aussage der Verantwortlichen alles richtig gemacht und es gäbe keinerlei Anlass, verloren gegangenen Boden wieder gut machen zu müssen.

Heerscharen von Anhängern sehen das allerdings etwas anders, denn nicht alle konnten den experimentellen Konzept-Spielereien des letzten Albums folgen. Einige Protest-Mails scheinen sich aber dennoch ins Gedächtnis des kalifornischen Sextetts eingebrannt zu haben, denn für ihr neues Werk blickten die Mannen um Shouter Chester Bennington, nach eigener Aussage, wieder etwas intensiver in den Rückspiegel.

"Lost In The Echo" macht den Anfang und erschreckt die Hörerschaft erst einmal mit Großraumdisko-Synthies, ehe sich Brad Delsons Gitarre nach zwanzig Sekunden dazwischen schaltet. Rapper Mike Shinoda schnappt sich als erster das Mikro und präsentiert seine Rhymes gewohnt unaufgedrängt und massenkompatibel. Es folgt der erste Refrain des Albums. Ein Ausrufezeichen? Ein Fingerzeig? Nicht wirklich, auch wenn sich Chester redlich müht, mit ungewohnten Vocal-Läufen für erste Aufmerksamkeit zu sorgen. Das klappt schon wesentlich besser auf "In My Remains". Der Folgetrack verschießt ordentlich Airplay-Pfeile und zeigt, dass die Jungs ihr Gespür für umgarnende Melodien noch nicht verloren haben.

Pop-Appeal, Electro-Vibe, Mitwipp-Faktor: Die eine Hälfte des Grundgerüsts der Combo, das in den ersten Jahren der Bandgeschichte Millionen Fans zu willigen Konsumenten werden ließ, darf anno 2012 wieder Willkommen geheißen werden. Doch wo ist der kongeniale Gegenpart? Wo sind die monströsen Gitarrenwände und die markerschütternden Shouts, die im Verbund mit seichten Boyband-Strophen dafür gesorgt haben, dass in der Vergangenheit der Hartmetaller Hand in Hand mit der BRAVO-Abonnentin über die Tanzfläche fegte?

Auch der EM-Dudeler "Burn It Down" kümmert sich nicht wirklich um die Grundbedürfnisse der Fans, die neben "Hybrid Theory" und "Meteora" auch noch massenhaft Slayer- und Metallica-Material im heimischen CD-Regal zu stehen haben. Produzent Rick Rubin müsste doch eigentlich wissen, wie er gerade dieses Klientel in Verzückung versetzen kann. Rohkost-Fetischisten müssen sich aber noch etwas gedulden und zunächst den zappelnden Effekt-Zweiminüter "Lies Greed Misery", sowie die beiden eher unspektakulären Filler "I'll Be Gone" und "Castle Of Glass" über sich ergehen lassen, bevor sie mit "Victimized" endlich auf ihre Kosten kommen.

Trocken, straight und wie von einer Kellercombo eingeprügelt, wirbelt der Song mit treibenden Drums und Chesters zornigem Gebrüll reichlich Staub auf und bietet für alle Rebellen unter den Linkin Park-Fans den mit Abstand nachhaltigsten Moment des Albums. Nach nicht einmal zwei Minuten ist aber auch schon wieder Schluss mit lustig, denn das folgende "Roads Untraveled" zieht den Stecker wieder raus und lässt stattdessen Piano- und Glockenspiel-Klängen den Vortritt. Doch es muss ja auch nicht immer krachen, um ausdrucksstarke Stimmungen entstehen zu lassen, und so entwickelt sich der Song aufgrund seines kontrastreichen Aufbaus zu etwas Großem.

Gerade als man meint, das Ganze könnte doch noch in die richtige Richtung gehen, dreht einem die Band mit den folgenden "Skin To Bone" und "Until It Breaks" einen dicken Strick. Gitarrist Brad Delsons wird des Raumes verwiesen, damit sich der Rest der Bande in uninspirierten und gehaltlosen Elektro- und Hip Hop-Landschaften verlieren kann. Das überflüssige Instrumental "Tinfoil" und der sich anschließende Abschluss mit dem poppigen "Powerless" setzen der fast durchgehend enttäuschenden zweiten Hälfte des Albums noch die Krone auf. Nach gut 35 Minuten sitzt man letztlich enttäuscht vor den Boxen und kommt zu der ernüchternden Erkenntnis, dass der eingangs erwähnte Blick in den Rückspiegel wohl nur ein ziemlich flüchtiger gewesen sein muss.

Trackliste

  1. 1. Lost In The Echo
  2. 2. In My Remains
  3. 3. Burn It Down
  4. 4. Lies Greed Misery
  5. 5. I'll Be Gone
  6. 6. Castle Of Glass
  7. 7. Victimized
  8. 8. Roads Untraveled
  9. 9. Skin To Bone
  10. 10. Until It Breaks
  11. 11. Tinfoil
  12. 12. Powerless

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80 Kommentare mit 7 Antworten

  • Vor 11 Jahren

    :facepalm: - Warum schreiben hier denn immer Metalheads Linkin Park Reviews? - Scheinbar wisst ihr jungs von laut.de ganz genau was die LP fans wollen und brauchen und vor allem auch was man will.

    Laute Gitarren, Geschreie, minutenlange Gitarrensolo a la Dream Theatre - aber bitte auch kein New Metal. Sorry aber meiner Meinung ist das Review nicht wirklich reflektiert geschrieben.

    Auch wenn ich zu dem Vorgänger Album ATS auch ne andere meinung habe als ihr, kann ich dort immerhin verstehen von wo das Review kommt und kann eure Argumente auch als legitime und gut hergeleitete Meinungen verstehen.

    im Fall von LT liest sich das Review wirklich wie LP-bashing. Leute, solte man darüber nciht langsam hinweg sein?

  • Vor 11 Jahren

    ich fand diese Review weitaus weniger "bashig" als die davor... (ATS)
    Hier attestiert man ja immerhin ein fast gutes Album.

  • Vor 11 Jahren

    und btw. Ein Metaller brauchts nicht nur laut und hart (obwohl das natürlich Spass macht). Kommen wir nun zur Musik:
    "...denn das folgende "Roads Untraveled" zieht den Stecker wieder raus und lässt stattdessen Piano- und Glockenspiel-Klängen den Vortritt. Doch es muss ja auch nicht immer krachen, um ausdrucksstarke Stimmungen entstehen zu lassen, und so entwickelt sich der Song aufgrund seines kontrastreichen Aufbaus zu etwas Großem. "

    wir wissen also auch kleine, schmächtige Mädels mit kaum Titten zu schätzen sofern sie denn gut abgehen. Es darf auch ruhiger sein. Vielleicht sind die anderen Songs auch einfach nur scheisse... wer weiss...