laut.de-Kritik

So niedlich, man möchte sich die Trommelfelle wegbrennen.

Review von

Liv Kristine ist eine umtriebige Sängerin, daran lässt sich wohl nicht rütteln. Mit Leaves' Eyes gibt es regelmäßig Veröffentlichungen, sie hat bereits Titeltracks für den Tatort oder Schimanski eingesungen und auch solo geht sie mit "Libertine" mittlerweile in die sechste Runde.

Während Leaves' Eyes unweigerlich auf meinem Schreibtisch landet, ging der vorletzte Alleingang in Form von "Enter My Religion" dankenswerterweise an mir vorüber und direkt in die offenen Arme von Kollegen Artur Schulz, der zum Plüsch-Pop der Norwegerin vermutlich gerne im Poesiealbum blättert oder Einhörner auf seine Frühstücksbox malt. Zu ähnlichen Betätigungen regt auch "Libertine" an, zumindest, wenn man seinen Östrogenhaushalt einigermaßen unter Kontrolle hat.

"Libertine" ist ein nettes, kleines Popalbum von einer Sängerin, die allem Anschein nach immer noch gerne 15 Jahre alt wäre und in einer niedlichen Lala-Welt lebt, in der man schönen Tagträumen nachhängt, lieblich vor sich hin trällert und auch ein Regentag eigentlich ganz dufte ist, weil es ja dann einen wunderschönen Regenbogen gibt. Das ist dermaßen kitschig und süß, dass ich Angst habe, dass sogar meine Weisheitszähne Karies bekommen.

Gleichzeitig muss man aber festhalten, dass Liv Kristine auf diesem Album weit weniger als sonst dazu neigt, außerhalb ihrer Möglichkeiten zu singen. Ihre Stimme wirkt zwar nach wie vor recht zart, stellenweise sogar dünn, doch erscheinen die Tonlagen der Songs mittlerweile besser auf sie zugeschnitten. Mit dem poppigen Träller-Song "Paris Paris" dürfte im Mainstream tatsächlich etwas zu holen sein. Warum auch nicht? Immerhin hat es die Blondine mit ihren Nummern auch schon in Formate wie "Gute Zeiten, Schlechte Zeiten" oder "Germany's Next Topmodel" geschafft.

Was allerdings gar nicht passt, sind die Backings in "Solve Me". Irgendwas klingt da am Beginn des Refrains immer arg schief. Dafür ist der männliche Gesang von DSDS-Gewinner Tobias Regner in "Vanilla Skin Delight" durchaus angenehm, wenngleich das Gepie-piep-piep-se von Madame nervt. Bei "Panic" hingegen zeigt sie sogar einem gewissen Tiefgang, den sie auch stimmlich recht gelungen gestaltet.

Die einzige etwas rockigere Nummer ist zwar der Titeltrack, aber Soloalben sollten sich in der Regel ja auch vom Material der Hauptband unterscheiden. Liv Kristine-Fans werden es eh blind (und taub) kaufen. Wenn ich mir aber "The Man With The Child In His Eyes" noch einmal anhören muss, brenn' ich meine Trommelfelle mit Napalm weg.

Trackliste

  1. 1. Interlude
  2. 2. Solve Me
  3. 3. Silence
  4. 4. Vanilla Skin Delight
  5. 5. Panic
  6. 6. Paris Paris
  7. 7. Wait For Rain
  8. 8. Love Crime
  9. 9. Libertine
  10. 10. Meet Me In The Red Sky
  11. 11. The Man With The Child In His Eyes

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9 Kommentare

  • Vor 11 Jahren

    lol 5 Punkte. Aber für die Review, nicht für das Album.

    Ich möchte, dass Eddy mehr so Popalben rezensiert. :)

  • Vor 11 Jahren

    @Catch Thirtythree (« lest euch mal den wiki artikel von der dame durch. so geht neutralität... »):

    Haha, herrlich: "Gleich dem Erfolg steigt auch das öffentliche Interesse an der Band, wobei Presse und Fans in Liv Kristine einen Medienliebling finden. Alle relevanten Magazine berichten über die Blondine mit der außergewöhnlichen Stimme" Soso, alle relevanten Magazine.
    -----
    "Liv sorgt mit atmosphärischen und elegischen Popsongs für Aufsehen und entzieht sich gekonnt jeglicher Parallelen zu ihrer bisherigen Arbeit. Auch optisch demonstriert sie ihre künstlerische Vielschichtigkeit mit einem engelhaft weißen Outfit ."
    Hmm, Fanboy/PR-Agentur, ick hör dir trapsen.

  • Vor 11 Jahren

    @this beautiful creature:
    "Hmm, Fanboy/PR-Agentur, ick hör dir trapsen."
    Trapsen? Nee - das ist ausgewachsenes Trampeln!

    /* Edit: 17.07.2012, Autor Robert_Mastersound - na denne. Ein schäbiger Promoversuch bei Wikipedia, wie armselig ist das denn...? */

    Catch_Thirtythree hat das gewiss ironisch gemeint, nicht wahr?