laut.de-Kritik
Herzerwärmend wie eine gute Tasse Tee - mit zu viel Zucker.
Review von Kim LangeGerne erinnere ich mich an den Moment, als ich Lucy Rose zum ersten Mal sah: Auf einem Bombay Bicycle Club-Konzert spielte sie im Vorprogramm. Ein junges Mädchen im beigen, übergroßen Strickpulli saß da auf dem Podest, die Gitarre auf dem Schoß, und verzauberte den ganzen Saal mit einer weichen Stimme und ihrem entzückenden Wesen.
Genau das ist das Markenzeichen der zierlichen Britin: süß und unschuldig zu wirken. Allein damit kommt man jedoch nicht zum Erfolg. Deshalb hat Lucy nach Jahren des Konzerte-Spielens nun endlich ein Album aufgenommen – in ihrem Elternhaus im britischen Warwickshire. Das Ergebnis klingt mal poppig-rockig, mal nach Folk, und zwischendrin immer wieder nach sehr ausgefeiltem Songwriting.
Wie man es von jemandem namens Lucy Rose erwartet, singt sie über all die Probleme, die man als junge Frau so bewältigen muss. Es geht um die Suche nach sich selbst, Ängste und – natürlich – eine gescheiterte, unglückliche Beziehung. "Cause I'm over it, over you / All over The town they say I love you", singt sie in "Middle Of The Bed", mit dem besten Stück des Albums. Die Mid-Tempo-Nummer besticht mit Lucys heller Stimme, die sich noch nicht so ganz von der kaputten Liebe lösen will. Dennoch scheint diese nicht so ganz einfach gewesen zu sein: "If you knew me at all, you should all know my answers."
Klingt "Lines" noch leicht rockig, kann man sich bei den ebenfalls herausstechenden Songs "Shiver" und "Night Bus" wieder entspannt zurücklehnen. Die beiden Akustik-Balladen handeln zwar noch immer vom zerbrochenen Glück, bei letzterer schwingt jedoch schon wieder etwas Zuversicht mit. "Bikes" ist sogar eine recht fröhliche Pop-Nummer, die zarte Xylophon-Einschläge auszeichnen. Bei "Place" steht schließlich fest: Lucy will es noch einmal versuchen: "Tell me just what to do, 'cause I'm lost inside it all."
Vielleicht mag das auf den ersten Blick textlich wie musikalisch alles etwas homogen klingen. Weibliche Stimmen, die gebrochene Herzen besingen, gibt es schließlich schon zur Genüge, da fällt es schwer, herauszustechen. Lucy Rose sorgt mit den häufig wechselnden Rhythmen und Tempi innerhalb eines Songs, die oft unerwartet auftauchen, aber für Dramatik und Abwechslung. Dazu kommt ihre einzigartige fragile Stimme, die mit Künstlerinnen wie Feist, Daughter oder Birdy locker mithält.
Gegen Ende der Platte gibt sie davon allerdings etwas zu viel: "Little Brave" ist voller Gehauche und Singsang, der auf die Dauer nicht so viel Spaß macht. "First" und "Be Alright" plätschern etwas einförmig vor sich hin, auch wenn Lucy nun wieder auf der positiven Seite des Lebens angekommen ist. "Scar", ein Folk-Song à la Bombay Bicycle Club, bittet um eine zweite Chance. Schließlich endet "Like I Used To" ruhig und lauschig. Mit den Zeilen ''And you said to me / Can't we work it out?/ Won't you talk to me? / What's this all about?" verbleibt Lucy, in Ungewissheit über die Zukunft mit der besungenen Person.
Die durchweg authentischen Texte bieten großes Identifikationspotenzial. Was andere Songwriter in metaphorische Lyrik verpacken, bringt sie direkt und unmissverständlich auf den Punkt, wirkt dabei aber keinesfalls einfach oder grob gestrickt. Dass sie über Jahre hinweg an diesen Texten gearbeitet und all ihre Erfahrungen und Emotionen hineingesteckt hat, ist definitiv zu hören.
Letztlich klingt alles aber konstant süß und niedlich, wo es auch mal etwas gewagter hätte ausfallen können. Lucys Album gibt das mädchenhaft-verspielte Image der Sängerin perfekt wieder. Das gefällt vorerst auch sehr. Doch auf die Dauer könnte das Verträumte, Unschuldige etwas langweilen. Man fragt sich zudem ein bisschen, worüber sie singen würde, wenn die Liebe ihr nicht so übel zugesetzt hätte.
Auf ihren Konzerten verkauft Lucy schon seit Jahren am Merchandising-Stand Marmelade und selbst kreierten Tee. Auch "Like I Used To" ist wie eine gute Tasse Tee am Nachmittag: herzerwärmend und sehr britisch. Hätte Lucy nicht drei Zuckerwürfel zu viel hineingeworfen, er wäre perfekt.
5 Kommentare
Gähn. Nichts Neues unter diesem Himmel. Und ne einzigartige Stimme? Mitnichten.
Jepp, sehe das ähnlich!
Unverzeihlich, dass Laut.de "Ceremony"(erschien im Juli) von Anna von Hausswolff nicht rezensiert hat. Wer die Dame nicht kennt, höre sich bei YT bitte mal die Songs "Sova", "Ocean", "Mountains Crave" und "Liturgy Of Light" an. Oder am besten gleich das ganze Album! Oder das zehnminütige "The Book" von ihrem grandiosen ersten Album(http://www.youtube.com/watch?v=hbaep6gr0GU)
gefällt, c4. wie kate bush, aber zugänglicher.
Yeah, Du bist die erste Person, die sich für diesen Tipp von mir interessiert.:D Danke!:D In diversen anderen Foren wurde ich konsequent ignoriert. Im April kommt sie für ein paar Termine nach Deutschland. Werde sie mir in Hamburg anhören.
Der Gesang in "Red Face" könnte auch von Lena stammen. Kein Kompliment für Lucy und Lena. Kopien von etwas, dass es in der Vergangenheit schon viel besser gab.