laut.de-Kritik

Rock'n'Roll, Rap, Funk, Rock, Jungle und Raggavibes.

Review von

"I Can't Decide." Bei manch einem Zeitgenossen führt Unentschlossenheit zu vollkommener Lähmung. Im Fall Lyrics Born liegen die Dinge anders: Wenn man sich nicht für eine Sache entscheiden kann, wirft man eben alle Zutaten gemeinsam in den Topf. Unter den Händen eines Koches, der sein Handwerk nicht versteht, mag dabei klumpiger Einheitsbrei entstehen. Lyrics Born dagegen tanzt virtuos auf sämtlichen Hochzeiten - eben "Everywhere At Once".

Ob superflüssiger Oldschool-Rap, Melodien bis hin zu einschmeichelnd verführerischem Gesang, hungrig vorwärts jagende Doubletimes oder völlige Entspanntheit mit einem Schuss Melancholie: nicht miteinander vereinbar? Nun, "Rules Are Meant To Be Broken". Skills, wie sie einst die Furious Five, Spearhead, MC 900 Ft. Jesus oder ein Snoop Dogg in Hochform an den Tag legten, scheinen in der Kehle dieses Mannes Ringelreihen zu tanzen.

Dazu setzt es ein gerüttelt Maß handverlesener Gäste. Als "Hott 2 Deff" erweist sich Chali 2na von den Jurassic 5 in einer höllisch funky geratenen Nummer, die ganz ohne das Plastik der Disco-Ära auskommt. Joyo Velarde bringt, hier wie anderswo, ihren Gesang ins Spiel.

Warum jede Nummer, die eine R'n'B-Hook mitbringt, immer gleich der holden Weiblichkeit gewidmet sein muss, verstehe ich zwar nicht ganz. Die als Duett vorgetragene Hookline von "Differences" unterscheidet sich allerdings wohltuend von der Grütze, die man üblicherweise so vorgesetzt bekommt. Zu Claps und pluckerndem Bass verleiht der Refrain Lyrics Borns perlenden Raps noch einmal eine Extraportion Eleganz.

Nachdenkliche "Whispers" mit Unterstützung von C-Holiday, Geschichten aus einem Leben, das keineswegs ein "Cakewalk" ist, Kitsch und Humor, zuckersüßer, fluffiger Soul mit Gospel-artigem Wechselgesang, funkgeschwängerte Bassläufe, üppige Bläser, Synthiesounds, in "Top Shelf" auch mal einen dunklen Raggabeat: Lyrics Born wirft alles durcheinander, outet sich zwischendurch als "Phreak" und "Shoe Hoe" und dürfte mit dem grandiosen Groove aus "I Like It, I Love It" und den demonstrierten Rampensau-Qualitäten selbst Indiegitarrenfreunde um den kleinen Finger wickeln.

"The world is calling my name and I can hear it, Baby!" Und womit? Mit Recht! Jeder Track - überwiegend hat Lyrics Born bei der Produktion die Hände zumindest teilweise mit im Spiel - offenbart eine neue Facette eines zuweilen zwar ein wenig altmodisch flowenden, dennoch unglaublich vielseitigen, unterhaltsamen Rappers, der seit der Zeit, als Bambaataa, Herc und Flash die ersten Breaks ausgruben, bestens aufgepasst zu haben scheint.

Nach dem Re-Intro, das das eben Gehörte noch einmal im Schnelldurchlauf Revue passieren lässt, wird "I Like It, I Love It" ein weiteres Mal als krachig verbrämter Remix kredenzt. "Let Me In, Let Me Out" bietet Rock'n'Roll, Rap, Funk, Rock, Jungle und Raggavibes auf einmal. "Do U Buy It?" Angesichts dieses Feuerwerks? Eine rhetorische Frage!

Trackliste

  1. 1. Intro Tag
  2. 2. Don't Change
  3. 3. Hott 2 Deff
  4. 4. Differences
  5. 5. Cakewalk
  6. 6. Shoe Hoes Anonymous (Skit)
  7. 7. I'm A Phreak
  8. 8. I Like It, I Love It
  9. 9. The World Is Calling
  10. 10. Top Shelf (Anything You Want)
  11. 11. Is It The Skin I'm In?
  12. 12. Homeland Security (Skit)
  13. 13. Do You Buy It?
  14. 14. Rules Were Ment To Be Broken
  15. 15. Whispers
  16. 16. I Can't Decide (Everywhere At Once)
  17. 17. Re-Intro
  18. 18. Let Me In, Let Me Out (Remix)

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