laut.de-Kritik

Brettharte Kampfparolen im Wechsel mit verspielt-sentimentalen Balladen.

Review von

Die Zeiten des Glamourstars "Omega" sind (leider) vorbei, Marilyn Manson hat sein optisches Konzept von "Mechanical Animals" aufgegeben. Back to the roots, gruseliger denn je. Ein erster Blick auf das Albumartwork zeigt Manson als gekreuzigten Heiland ohne Unterkiefer, eine eigentümliche Metaphorik bezüglich der dauernden Zensur. In den Staaten hat dies erwartungsgemäß dazu geführt, dass Discounter wie "Best Buy" und "Circuit City" die Platte nur mit einem alternativen Cover anbieten.

Im Inlay sieht's auch nicht nach Kinderbuch aus. Eine Sammlung von bizarren Tarotkarten mit einem meist verstümmelten Manson im Mittelpunkt. Umrahmt von magischen Symbolen aus der Kabbala und anderem verwirrenden Schnickschnack. Für eine Geisterbeschwörung so tauglich, wie das Yps-Agentenset zum Verbrecherjagen. Wem es beim Video zur Erstauskopplung "Disposable Teens" noch nicht den Magen umgedreht hat, der sollte jetzt schon mal 'ne Portion Maloxan bereithalten.

Apropos erste Single: Sind wir beim Chorus nicht unweigerlich an "Beautiful People" erinnert? Die aktuelle Manson-Platte bildet ja quasi den dritten Teil einer Trilogie, die 1996 mit "Antichrist Superstar" begann und jetzt mit diesem Werk endet. So gelingt es, mit einer Selbstreferenz einen Kreis zu schließen. Auch der "Fight Song" weckt Erinnerungen an eine andere Rocknummer aus fremder Feder, Blur's "Song 2" nämlich.

Auch wenn man Manson (Selbst-)Plagiatur vorwerfen will, legt er ein sehr vielfältiges Werk vor und beweist wie immer ein sehr ausgeprägtes Gespür für eingängige Melodien. Brettharte Kampfparolen ("The Love Song", "Burning Flag") und Industrial-Geschepper ("King Kill 33") im Wechsel mit verspielt-sentimentalen Balladen ("In The Shadow Of The Valley Of Death"). Dabei bleibt er auch textlich immer seinen kontroversen Lieblingsthemen treu: Tod, Teufel und Verderben. Mixer und Co-Producer Dave Sardy (Red Hot Chili Peppers, Nine Inch Nails) hat dabei seinerseits das hörbar Beste aus Mansons Songmaterial herausgeholt und in skurrile Noise-Hintergründe eingebettet.

Bleiben nur noch folgende Fragen offen: Was kommt als nächstes und wie kann uns dieser Mann überhaupt noch schocken? Mir jedenfalls geht Mansons morbide Leichenästhetik langsam auf die Nüsse.

Trackliste

  1. 1. Godeatgod
  2. 2. The Love Song
  3. 3. The Fight Song
  4. 4. Disposable Teens
  5. 5. Target Audience (Narcissus Narcosis)
  6. 6. "President Dead"
  7. 7. In The Shadow Of The Valley Of Death
  8. 8. Cruci-Fiction In Space
  9. 9. A Place In The Dirt
  10. 10. The Nobodies
  11. 11. The Death Song
  12. 12. Lamb Of God
  13. 13. Born Again
  14. 14. Burning Flag
  15. 15. Coma Black a) Eden Eye b) The Aplle Of Discord
  16. 16. Valentine's Day
  17. 17. The Fall Of Adam
  18. 18. King Kill 33
  19. 19. Count To Six And Die (The Vacuum Of Infinite Space Encompassing)

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Marilyn Manson

Der Vorname von Schauspiellegende Marilyn Monroe, den Nachname von Amerikas Scheusal Charles Mason entliehen: Von Beginn an setzt der Fotojournalist Brian …

6 Kommentare