laut.de-Kritik

Der Popcorn-Mephisto wird immer mehr zur Witzfigur.

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Kurz hinterm Saturn vergeht die Zeit weitaus langsamer als auf der Erde. Mit der Geschwindigkeit eines interstellaren Dreifinger-Faultiers kriecht sie voran. In seiner Weltraum-Bar schenkt Alice Cooper munter einen pangalaktischen Donnergurgler nach dem anderen aus, während im verwildertem Garten hinterm Haus Onkel Manson zu einer weiteren Runde in einer zunehmend baufälligen Geisterbahn einlädt.

2015 klingt Brian Warner wie ein 46-Jähriger, der versucht, Marilyn Manson zu imitieren. Dabei lässt er jegliches Feuer vermissen. Dicke Spinnweben umgeben "The Pale Emperor". Müde keucht sich der Sänger durch sein neuntes, angeblich vom Blues beeinflusstes Album. Aber nur, weil man seine alten Stiefel langsamer anzieht, hat man noch lange nicht den Blues.

Nach dem Erfolg von "Antichrist Superstar" versuchte Manson ein einziges Mal, sich von den selbst geschmiedeten Fesseln zu lösen. Auf "Mechanical Animals" variierte er seine Formel, trat hinaus ins Licht und fügte ein wenig Bowie und Glam-Rock hinzu.

Nach dem kurzen Ausflug ging es schnell zurück in Satans Geborgenheit. "Holy Wood" übertünchte den kreativen Stillstand noch mit formidablen Songs. Danach führte der Weg jedoch rapide bergab. Zuletzt machte sich der Popcorn-Mephisto an der Seite von Avril Lavigne im bemerkenswert abstoßenden Duett "Bad Girl" zur Witzfigur. Das Thema Weiterentwicklung war für den Wiederkäuer Manson fortan erledigt.

Die Songs auf "The Pale Emperor" verstecken sich in altbekannten Klanglandschaften. Jeder Akkordwechsel lässt sich schon von Weitem vorhersehen. Gleich der Opener "Killing Strangers" bietet Marilyn nach Zahlen. Ohne Leidenschaft geht Manson seinem Beruf als Beezlebub nach und schleppt sich im gedämpftem Tempo durch reproduzierten Popanz. Apathisch und schnarchnasig reitet er die Schildkröte, erschrickt aber vor ihrer halsbrecherischen Geschwindigkeit und klammert sich verängstigt an ihren Panzer.

Schamlos und dröge bedient sich unser Kinderschreck in Stücken wie "Third Day Of A Seven Day Binge", "The Mephistopheles Of Los Angeles" und "The Birds Of Hell Awaiting" bei sich selbst. Sein Backkatalog verkommt zum Ramschladen, aus dessen Auslage sich Warner gleichgültig versorgt. Sicherlich muss sich ein Musiker nicht immer neu erfinden. Etwas mehr Passion sollte man von ihm jedoch erwarten dürfen.

Das geschickt im Vorspann der TV-Serie "Salem" platzierte "Cupid Carries A Gun" lässt in seiner rumpelnden, verhexten Aufmachung die frühere Kratzbürstigkeit zumindest erahnen und geht so bereits als einer von zwei Höhepunkten durch.

Allein die Single "Deep Six" ragt deutlich aus dem Einheitsbrei heraus. Im Refrain greifbar an die "Mechanical Animals"-Phase angelehnt, versprüht sie Energie, Druck und Eingängigkeit. All die Attribute, die "The Pale Emperor" ansonsten abgehen.

Trackliste

  1. 1. Killing Strangers
  2. 2. Deep Six
  3. 3. Third Day Of A Seven Day Binge
  4. 4. The Mephistopheles Of Los Angeles
  5. 5. Warship My Wreck
  6. 6. Slave Only Dreams To Be King
  7. 7. The Devil Beneath My Feet
  8. 8. Birds Of Hell Awaiting
  9. 9. Cupid Carries A Gun
  10. 10. Odds Of Even

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