laut.de-Kritik

Farbenfroher und abwechslungsreicher Hardrock.

Review von

Nach den stilprägenden Siebzigern mit dem blonden Wundergitarristen Michael Schenker hielt Frontmann Phil Mogg in den folgenden Jahrzehnten das unbekannte Flugobjekt britischer Prägung als Kapitän auf Kurs. Bis vor zwei Jahren ein Herzinfarkt das Tour-Treiben des 76-Jährigen abrupt stoppte. "Doctor, Doctor" spielte sich fortan in anderen Kontexten ab. Da U.F.O. im Studio schon länger nicht mehr gesichtet wurden, brachte der ehemalige Teppichverleger und Amateurboxer Mogg klammheimlich ein neues Projekt an den Start.

Moggs Motel spielen farbenfrohen Hardrock in den Traditionslinien, die U.F.O. mit Songs wie "Love To Love" oder "Rock Bottom" selbst gezogen und wie sie die australischen Kollegen von AC/DC zu Weltruhm geführt haben. Dabei halten sich Mogg und seine Mannschaft um die Weggefährten Tony Newton (Voodoo Six) und Neil Carter nicht stumpf an die Devise 'Rocken bis der Arzt kommt', sondern legen in Sachen Songwriting den Fokus auf Abwechslung, verbleiben natürlich aber in den selbst gesteckten Genre-Grenzen.

Macho-Lyrics der Marke "Too Hot To Handle" waren gestern. Der Text von "Storyville" beleuchtet den geläuterten Ehemann: "If i did not met you, where whould i be, sleeping in a park under a shady tree". Musikalisch hat die elegische Nummer was von Springsteens "Streets Of Philadelphia" und versprüht die Dramatik von U.F.O.s großem Zauberepos "Love To Love".

Ambivalenz und britischer Humor sind in den Lyrics allgegenwärtig. Man hat Moggs verschmitztes Lächeln bei den Zeilen "Just the sunny side of heaven i am on the dark side of the street" förmlich vor Augen. Musikalisch sticht bei diesem Track das Gitarrendoppel mit dem alten Haudegen Carter und seinem jungem Sidekick Tommy Gentry heraus, aus dessen Licks der Geist von Schenker durch die Boxen weht.

Atmosphärische, klassische Zwischenspiele etwa zwischen "Princess Bride" und "Other Peoples Life" verdeutlichen, dass Mogg aus einer Zeit stammt, in der die Kunstform Album die bestimmende Visitenkarte im Kontext der handgemachten Musik gewesen ist. Das Faible für Orchesterstücke scheint ebenfalls mit dem klitzekleinen "Rhapsody In Blue"-Zitat in Wort und Ton im Stück "Weather" durch.

Das Cover trägt das weiterhin ungebrochene Selbstverständnis zur Schau. Auf die polierte Protz-Karre fällt das Spotlight, umgeben von Neonlichtern und einer schmissigen Absteige in nocturner Atmosphäre. Weibliche Duette und Backings gibt es ebenfalls in "Tinker Tailor" oder "Sunny Side Of Heaven", was die deklamatorisch weiterhin beeindruckende, aber mit Blick auf den Stimmumfang limitierte Stimme von Phil Mogg unterstützt.

Die Aufnahmen haben passenderweise im Studio von Steve Harris stattgefunden, dessen Stammformatiom Iron Maiden jedem Konzert als Einspieler "Doctor, Doctor" voranschickt. Eine Hand wäscht die andere. Die vielseitigen Rock'n'Roll-Weisheiten, die das Quintett preisgibt, zeigen, dass Mogg noch Bock auf Rock hat und längst nicht gewillt ist, sich auf das Altenteil zu verlegen.

Trackliste

  1. 1. Apple Pie
  2. 2. Sunny Side Of Heaven
  3. 3. Face Of An Angel
  4. 4. I Thought I Knew You
  5. 5. The Princess Bride
  6. 6. Other People's Lives
  7. 7. Tinker Taylor
  8. 8. Weather
  9. 9. Harry's Place
  10. 10. The Wrong House
  11. 11. Shane
  12. 12. Storryville

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