Moneyboy - " Cash Flow"

Sheeesh! Deutschraps wohl umstrittendste Rap-Persönlichkeit hat ein neues "Albung" am Start. Der Boy will den Fluss seines Mulas verstärken und droppt sein neues Meisterwerk "Cash Flow" ausnahmsweise mal nicht zum Free-Download, sondern als richtiges Verkaufsrelease. Dennoch ändert das 20 Tracks starke Release nichts am Konzept "Moneyboy" - und das ist auch gut so. Seit letztem Jahr ist die Glo Up Dinero Gang definitiv im Gebäude und hat bereits unzählige Zweifler bekehrt. Ob es nun Festival- und TV-Auftritte sind oder Millionen Klicks auf Smashhits wie "Choices" – in der deutschen Popkultur ist Moneyboy längst angekommen.

Dass er diesen Platz und den Respekt seiner Rap-Kollegen durchaus verdient hat, beweist er auf "Cash Flow". Denn wie viele seiner Mixtapes ist auch das "Albung" eine wahre Wundertüte an Einflüssen aus Übersee, einer ordentlichen Portion Wahnsinn und vor allem riesengroßer Experimentierfreudigkeit. In unvergleichlicher Weise rappt sich der Österreicher durch sämtliche Rapstyles aus Amiland und schreckt dabei weder vor Sprach-, noch vor Peinlichkeitsgrenzen zurück.

Das fängt schon auf dem Opener "Cheese auf meinen Nachos" an: "Ich hab' Bad Bitches und Money / Bankrolls, I got those / Chill' mit meinen Vatos / Cheese auf meinen Nachos". Für Mbeezy gehört die Symbiose von deutscher und englischer Sprache längst dazu. Deshalb ist es ihm ein Leichtes, seine übertriebenen Swag-Rap-Aussagen mit den verrücktesten Reimen zu verbinden. Das kreative "Denglisch" des Österreichers sorgt nicht nur für einige Schmunzler, sondern bietet eine erfrischende Alternative für die in der Deutschrap-Szene sonst so gefeierten ellenlangen Substantiv-Reimketten.

Auch die Mitglieder von Moneyboys Crew dürfen dieses Mal mit ins Rampenlicht des österreichischen Gucci Mane treten: Während Spinning 9s zwar versierter, aber ansonsten monotoner Part eher langweilt, weiß die simpel-ignorante Hook von Shooting-Star Hustensaft Jüngling auf "Kein Limit" durchaus zu unterhalten. Dieser kommt ganz nach seinem Mentor und hat das Swag-Sprech des Boys perfekt verinnerlicht: "Das ist Realtalk und kein fucking Bullshit / Ich bin fly, ich neede kein Red Bull, Kid"

Ein weiteres Highlight von "Cash Flow" kommt ebenfalls aus der Glo Up Dinero Gang: Auch LGoony formt aus dem limitierten Themengebiet "Geld" mittels abgedrehter Aussagen unterhaltsame Texte. Außerdem kitzelt der Youngster eine großartige Soundkulisse aus dem Autotune-Effekt, die seiner Stimme eine mystische Atmosphäre verleiht, irgendwo zwischen Apathie und Wahnsinn.

Autotune kann der King Of Swag natürlich schon lange. Insbesondere auf "Pineapple Actavis" und "Polo Shirts und Robin Jeans" fröhnt er charmant dem verhassten Audio-Effekt. Doch selbstverständlich ist Lamborghini Flirt auch ein Meister der Abwechslung. Wenn er nicht gerade einen "Jannick schallert", erzählt er Geschichten über das Leben auf den "Skreets". Vom klassischen Representer ("Cocaine im Pyrex"), über das obligatorischen Trauerlied ("Remember") und die nachdenkliche Hymne ("Elevator"), bis hin zum konfusen Flow-Experiment ("Crazy Diamonds") ist alles dabei.

Doch auch vor Inhalten abseits traditioneller Rap-Gefilden schreckt Pineapple The Fruit Dude nicht zurück. Wie beim sexuell anzüglichen "Zeig mir deinen Butt", das vollgepackt mit Homoerotik wahrscheinlich genau bei den richtigen Leuten aneckt. Denn in einer Szene, in der das traditionelle Männerbild einem homophoben, sich durch Gewalt definierenden Muskelberg gleicht, schwimmt ein solch "schwuler" Song entscheidend gegen den Strom. Welcher andere Deutschrapper, der in seiner maskulinen Geschlechterrolle gefangen ist, könnte Zeilen rappen, wie "Moneyboy der Vollprofi / Und ich loche ein, wie ein Golfprofi / Mein Spitzname: Bernhard Langer / Denn ich stecke einem Bernhard meinen Langen rein"?

Es ist sicherlich keine musikalische Glanzleistung die Moneyboy aka Lil Young aka Flir abliefert. Aber wenn man ihn mit dem Großteil seiner Deutschrap-Kollegen vergleicht, steht der Boy eigentlich ziemlich gut da. Hohle Phrasen und maßlose Übertreibungen sind fest in der Rapszene verankert. Mbeezy wiederholt diese lediglich und spitzt sie zu, bis er den Nerv des bierernsten, realkeependen Rapheads trifft und dessen Aufregung sich entleert wie ein ausgedrückter Pickel. Moneyboy testet nicht nur die Grenzen der Rapmusik aus, er experimentiert auch mit seinem Publikum. Und so lange dieses gereizt, fassungs- oder gar respektlos reagiert, liefert es dem King Of Swag nur neues Feuer zum Weitermachen.