laut.de-Kritik
Die perfekte Mischung aus Pop-Appeal und House.
Review von Maximilian FritzMoodymann darf auch nach all den Jahren noch von sich behaupten, einer der relevantesten Künstler in der elektronischen Musik überhaupt und aus Detroit im Speziellen zu sein. Zwei Errungenschaften, auf die Kenny Dixon Jr. mit Fug und Recht stolz sein kann, prägte er doch eine Ära, aber ruht sich nicht auf diesen Lorbeeren aus.
Grund genug also, sein neues Album mit einem waschechten Song anstatt der üblichen – zwar höchst qualitativen, doch eben auch gewohnten – House-Soul-Hybride zu beginnen. In "Do Wrong" lässt Moodymann den fragilen Machismo des geprellten Liebhabers raushängen, fordert seine Partnerin auf, die Handtasche abzulegen, und konfrontiert sie mit ihren nächtlichen Eskapaden. Dass dies nicht erbärmlich wirkt, sondern spielerisch und dem Songwriting zuträglich, ist ein riesiges Verdienst des Künstlers, dessen Leben eigener Aussage zufolge ausschließlich von Frauen diktiert wird.
Nach dem ersten großen Ausrufezeichen folgt sogleich das zweite: Der Titeltrack mit dem hervorragenden Detroit-Kollegen Amp Fiddler an den Keys marschiert in House-Manier vital vorwärts, arbeitet mit weiblichen Vocals und könnte schon eher im Club funktionieren. Nicht so "Let Me In", das wieder deutlich mehr Song als Track im herkömmlichen Sinne ist. Moodymann und Sky Covington schreiten hier zum Duett, das ersteren erneut als ungewohnt verletzliche Seele zeichnet: "You've never been a good soul to no one, especially me / All you care about is what you want".
Einen musikalischen oder gar musikideologischen Paradigmenwechsel will man Kenny Dixon Jr. dennoch nicht attestieren. Noch immer tut er sich ausschweifend an Samples gütlich, Clubmusik von Anfang bis Ende produzierte er ohnehin auf keiner LP. Trotzdem scheint er dieses Mal teils aufreizend in sich zu ruhen, bleibt dabei aber spitzzüngig und routiniert schludrig wie eh und je. Das perfekt hingeschmierte "Goodbye Everybody" dient als weiterer Beleg.
"Slow Down" – erneut als loses Duett angelegt – fährt einen Break mit Straßenlärm und Sirenen auf, Motor City bleibt als offensichtlicher Bezugspunkt auch in weniger direkten Nummern stets präsent. So im flinken Gitarren-Intermezzo "I'm Already Hi" mit Dixons charakteristischen Antworten aus der Graswolke.
Moodymanns musikalische Ästhetik bricht aber "Just Stay A While" am besten herunter. Zwischen träumerische Instrumental-Passagen mischen sich langsam Synthesizer und ein dominanter Beat. Vom Organischen ins Anorganische und bei Bedarf wieder zurück, stets mit einer gehörigen Portion etwas alberner Erotik garniert. Das Grundrezept hat sich also nicht verändert, nur die musikalischen Parameter, in denen es stattfindet.
Auch "Let Me Show You Love" ist mindestens genau so sehr Pop-Song wie House-Track, behandelt aber keine der beiden Spielarten stiefmütterlich. Traumwandlerisch balanciert "Taken Away" beide Pole aus, wandelt stilsicher auf dem schmalen Grat zwischen Weekday- und Club-Appeal. Da bildet auch "I Need Another ____" mit Bad Boy Jamie Principle absolut keine Ausnahme, bevor der "Skate edit" von "Do Wrong" das Album beschließt.
Alles in allem eine auch für Moodymann-Standards richtig starke LP, die die großen Stärken des Netzträgers aus Detroit bündelt, und sie phasenweise erschreckend souverän auf teils neues Terrain führt.
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