laut.de-Kritik
Das südenglische Trio hat Gespür für den ganz großen Auftritt.
Review von Mathias MöllerWie oft spielt ein Künstler in seinem Leben zwei Abende hintereinander in einem rappelvollen Wembley Stadion? Einmal, zweimal, wenn überhaupt. So etwas will zelebriert werden, und so geht Muse es auch an. Gleich zu Beginn steht die Band da, wo andere Bands sich erst am Ende ihrer Show wiederfinden: im Konfettiregen.
In der Mitte des Stadions lassen Matthew Bellamy, Dominic Howard und Chris Wolstenholme sich mit einem Aufzug in die Höhe fahren, um über einen Steg auf die gigantische Bühne zu gelangen, eskortiert von Männern in gelben Schutzanzügen mit Gasmasken zu den Klängen von Sergej Prokofjews "Romeo Und Julia". Bellamy kommt seine Gitarre auf einem fahrbaren Ständer entgegen, und los gehts mit dem orgiastischen "Knights Of Cydonia".
Keine Frage, das Trio aus dem beschaulichen Teignmouth in Südengland hat Gespür für den ganz großen Auftritt. Nur zu gerne hätte ich beim Planungsgespräch Mäuschen gespielt: "Wir wollen überdimensionale Satellitenschüsseln." - "Und Feuerwerk!" - "Und Funken. Und Dampf!" - "Und Balletttänzerinnen, die an riesigen Ballons durchs Stadion schweben!" - "Und eine Leinwand so breit wie der Ärmelkanal." - "Und wir wollen, dass das Stadion verdammt noch mal neu gebaut wird, bevor wir da auftreten!" Nun, Muse haben alles bekommen.
"Haarp", benannt nach einem Forschungsprogramm der Universität Alaska und des amerikanischen Militärs, bietet dem Fan zwei Konzerte. Die CD konserviert den Auftritt vom 16. Juni 2007, auf der DVD ist die Show vom 17. Juni zu sehen. So schön und gut eine Muse-Live-CD sein mag, wir wenden uns gleich der DVD zu, denn ein Gig der Engländer ist immer auch ein visueller Hochgenuss.
Und so sieht der Zuschauer ein rundum gigantisches Konzert. Die Venue ist gigantisch, genauso das Publikum, die Bühne, die Aufbauten, die Instrumente, die Band. Keine Frage: Muse sind im Juni 2007 die wohl größte Dreimannband der Welt. By default sozusagen, denn nichts an der Gruppe war je daran ausgelegt, klein zu sein.
Ihr Debütalbum "Showbiz" rührte mich im Plattenladen zu Tränen, schon bei ihrem ersten von mir besuchten Gig in Berlin war das Columbiafritz zu klein für sie, und auch bei meinem letzten Muse-Konzert bis dato in einer Genfer Allzweckhalle schienen die drei bigger than life. Und doch passt alles. Ihre Musik sprengt den Rahmen, ihr muss alles andere folgen.
Die Visuals auf den megalomanischen Leinwänden machen selbst beim Zuschauen auf einem kleinen Bildschirm besoffen, die Lichtshow ebenso, und selbst die Nachbearbeitung wirkt mitunter Atem raubend. So setzen sich die grüne Hose Howards und der rote Anzug Bellamys anfänglich deutlich aus der in der Postproduktion ergrauten Masse ab.
Der Auftritt steht denen der legendären Zooropa-Tour von U2 in nichts nach. Als einziger Kritikpunkt in der Umsetzung ließe sich anmerken, dass die Kameraeinstellungen der außergewöhnlichen Performance nicht immer gerecht werden und mit Kranschwenks und Froschperspektive mitunter etwas altbacken wirken.
Ganz zu schweigen natürlich von der musikalischen Darbietung. Muse können mittlerweile auf vier Studioalben zurückgreifen, vom Debüt spielen sie allerdings nur den Schmachtfetzen "Unintended". Ansonsten verlassen sie sich auf die Hits der letzten drei Alben, streuen aber auch weniger beachtete Kleinode wie "Hoodoo" vom letzten Album oder "Micro Cuts" von "Origin Of Symmetry" ein. Alles in makellos hochwertigem Live-Sound, versteht sich.
Ihre Performance ist dabei über jeden Zweifel erhaben. Howard drumt druckvoll, manchmal sogar treibend, Wolstenholme verleiht den Stücken den typischen Muse-Bass und Bellamy, ja, Bellamy mimt überzeugend den Gitarrengott. Wer je eine Muse-Show gesehen hat, weiß: Es gibt keinen Ton, den er nicht aus seinen diversen Äxten holen kann; ob Fingertapping am Hals, schrubben am Körper oder frickeln an der selbst eingebauten MIDI-Schnittstelle, Bellamy holt alles aus den Sixstrings raus. Dabei geht er mit ihnen um, wie andere Leute mit ihrer Freundin: Er streichelt, liebkost und quält sie, tanzt und vereint sich mit ihnen. [Sexismus vom Autor beabsichtigt - die Red.]
Zwischendurch klimpert er mit zarten Fingern über den Flügel, der auf der Bühne thront und betört die Masse mit seinem heulenden Gesang. Überhaupt, die Masse: Sie liegen Muse zu Füßen. Zu tausenden. Zu recht. Denn das, was die Band dort abzieht, ist aller Ehren wert. Mehr Entertainment, mehr Musik, mehr Pathos kann man wirklich nicht verlangen. Wer soviel bietet, der darf sich gerne schon vor dem Auftritt im Konfettiregen sonnen.
74 Kommentare
mehr habe ich zu diesem Prunkstück nicht zu sagen!
Nur wegen den Kameraeinstellungen 4 statt 5 Punkte?^^
Aber scheint ja echt gut zu sein!^^
Also mir persönlich sind die punkte egal...pflichtkauf weil es einfach rockt...dein wartet...es rockt nicht...das is besser...das is MUSE!!!!!!!!
hajo, ich hab nur EmilyS zitiert.
weder glaube ich, dass sie mit den 10 jahren längster muse fan ist, noch denke ich, dass du mit 58 der älteste bist...
aber macht mal weiter.
freu mich auf ein neues muse album... irgendwann ^^
also denen die bemängeln es sei ja gar kein publikum auf dem album zu hören muss ich wiedersprechen. was ist z.B. mit knights of cydonia... da hört man deutlich leute mitgrölen und das ist auch nicht ads einzige lied.
im ernst die beste live dvd,die es gibt und da muss ich sagen, muss man acdc guns n roses und die anderen klassiker vergessen-das album hat einfach alles und ist nicht zu überbieten auch die aktuellen auftritte sind längst nicht an der qualität von haarp