laut.de-Kritik
Jetzt aber mal noch was fürs Radio!
Review von Philipp KopkaUnter fast jedem Video von Namika ranken sich die Verschwörungstheorien. Wer schreibt denn nun diese grandiosen Texte? Fabian Römer, Ali A$ oder vielleicht doch MoTrip? Viel interessanter erscheint dabei aber nicht die Frage nach dem Wer, sondern die nach dem Warum. Warum entsteht so eine Diskussion überhaupt?
Man sollte sich in Nachsicht üben, denn die Ghostwriter-Unterstellungen entstehen wohl nicht aus reiner Böswilligkeit, sondern viel eher aus Verwirrung. Diese Namika – zu deutsch übrigens "die Schreiberin" - tauchte schon gewissermaßen aus dem Nichts auf. Im Gegensatz zu anderen Neulingen kommt ihr Auftritt aber gleich wie auf Hochglanz poliert daher: Routiniert postet die junge Dame regelmäßig Fotos auf Facebook, die statt verwackelter Selfies eher nach Vogue-Shooting aussehen.
Auch ihre Videos wirken aufwendig produziert und sehen teuer aus. Da haben die Marketing-Experten von Jive, einer Sony-Tochter, offensichtlich ganze Arbeit geleistet. Obwohl Namika noch nie ein Konzert gespielt hat, lächelt sie uns mit ihrem Debütalbum schon von der iTunes Store-Startseite an. Die Macher im Hintergrund haben scheinbar viel investiert, müssen also voll und ganz überzeugt davon sein, dass man aus der Frankfurterin mit marokkanischen Wurzeln den nächsten heißen Scheiß machen kann. Das Produkt muss sich schließlich rentieren.
Um im Pop-Zirkus Erfolg zu haben, scheint es da heutzutage fast wichtiger, die richtige Marketingfirma zu engagieren, statt spannende Musik zu produzieren. Den ersten Schritt hat Namika also schon einmal mit Bravour gemeistert. Aber steckt auch musikalisch etwas hinter der Hochglanz-Fassade?
Ein Lob gilt es hier einmal mehr den Beatgees auszusprechen. Die Berliner Produzentenbande dürfte sich kaum noch vor Anfragen retten können, bewiesen sie doch in der Vergangenheit mit Produktionen für Lary, Motrip, F.R. oder Lena, dass sie sowohl im Hip Hop, als im astreinen Pop bewandert sind.
Den im Pressetext beworbenen "Kulturhybrid mit Zeitgeist" serviert "Nador" also zumindest auf der Produktionsebene. Mal staubt es da, wie auf einem orientalischen Souk, mal hetzen die Synthies treibende Bässe vor sich her, wie sie moderner kaum klingen könnten.
Vor ihrem Major-Signing noch als Hän Violett unterwegs, hieß die Devise damals Rap. Mit Thug Life-Lederjacke lieferte Namika in ihren ersten Videos klassische Representer. Genau wie Jacke und Name ändert sich für "Nador" auch der Stil: Statt Reimketten tummeln sich hier hauptsächlich glatt geschliffene Pop-Singles. Flow ist dabei nur in Ausnahmen, wie "Coole Katze" oder "Wenn Sie Kommen" zu erahnen. Meist verfällt Namika in einen erzählenden Sing-Sang. Das mag man ihr gar nicht negativ anlasten, singen kann sie nämlich durchaus und Ohrwurm-Hooks liefert "Nador" am Fließband.
Trotzdem hätte ein stärkerer Rap-Einschlag der Platte eine interessante Note verliehen, haben weibliche MCs im Testosteron-geschwängerten Deutschrap doch eigentlich keinen Platz. So muss man sich statt erfrischender Punchlines eben zwischenzeitlich auch mit hohlen Pop-Phrasen begnügen. "Ein Riesenkompliment, dafür dass du mich so gut kennst / Bei dir kann ich ich sein, verträumt und verrückt sein / nananananana – Danke, Lieblingsmensch", heißt es etwa in der zuckersüßen Liebeserklärung an den "Lieblingsmensch".
Solche konstruierten Singles schreien förmlich nach Sommerhit, lassen sich im Gesamtbild aber ertragen, denn immer wieder blitzt Namikas Talent zum Songwriting auf, sei es nun mit oder ohne Hilfe des Herrn Römer. Durch die detailverliebten Beschreibungen erwachsen die verstaubten Häuserfassaden von "Nador" förmlich vor dem inneren Auge, auch die Geschichte des durch eben diese Gassen streifenden Straßenjungen in "Wenn Sie Kommen" wirkt authentisch.
Aber gerade, wenn man so richtig in "Nador" angekommen ist, reißt einen Namika mit lauen Chart-Hymnen wieder ins Hier und Jetzt. "Only 90s Kids Remember": Wenn sich ein Spruch schon als Meme im Internet etabliert hat, ist es selten eine gute Idee, das auch noch in Liedform zu verwursten: "Und alle 90s Kids schreien mit: Was für eine schöne Zeit!"
Die zu Beginn gestellte Frage nach der Substanz hinter der Hochglanz-Fassade lässt sich also nicht eindeutig beantworten. Zu sehr schwankt Namika auf ihrem Debüt noch zwischen Kommerz und ansprechenden Song-Ideen. Fast bekommt man das Gefühl, der Labelboss habe ihr beim Schreiben ständig über die Schulter geschaut und immer wieder ermahnt: "Jetzt aber mal noch was fürs Radio!"
Dass hinter dem Produkt Namika aber auch eine interessante Musikerin steckt, sollte sie dann spätestens mit ihrer Rap-EP "Hellwach" beweisen, die Ende August erscheint. Im Gegensatz zu ihrem Debüt hat Namika darauf nämlich die Chance, sich losgelöst von jeglichem finanziellen Druck so richtig auszutoben.
8 Kommentare mit 2 Antworten
Arrogante Eintagsfliege ohne Talent, 1 Stern
Bin gespannt auf die EP mit hoffentlich mehr Rap. Ansonsten solides Pop-Album und eine sympathische Künstlerin.
Ab in den Pool mit ihr!
Mir gefällt Namika gut. Hat großer potenzial, auch wenn auf den Album noch die unbedingt komplett entfaltet. Da gefällt mir die EP schon wesentlich besser. "Wenn sie kommen", "Lieblingsmensch", "Hellwach" und "Meine Schuld" sind für mich so die Highlights. Mehr Rap wäre echt wünschenswert. So eine Rapperin fehlt Deutschland auf jeden fall noch. Nador gebe ich 3/5 Punkte.
Kann mich bitte mal jemand aufklären, was genau mit tollen Texten gemeint ist? Außerhalb der Refrains stimmt (zumindest bei den Single-Auskopplungen) oft das Reimschema nicht und wenn, dann klingt es sehr nach reim-dich-oder-ich-fress-dich. Statt ein "aber" an eine Stelle zu quetschen, an der nur für eine Silbe Platz ist, wäre "doch" eine Option. Einem Texteschreiber, der ein gutes Sprachgefühl hat, sollte so etwas auffallen. Der Text ergibt auch nicht immer viel Sinn (z.B. ein Segelschiff fühlt nicht, Empathie für die Situation kann es kaum geben) und wenn einem nichts Passendes für eine Textzeile mehr einfällt, dann singt man eben nananananana. Das ist künstlerisch ziemlich uninspiriert. Aus den musikalisch hübschen Liedern hätte man, wenn man sich mehr Zeit für die textliche Ausgestaltung genommen hätte, mehr machen können.
WTF schon mal aufgefallen dass Philipp Kopka nur zwei Dinge beschreibt und bewertest:
1. Vorgeschichte der Rapper
2. Umstände unter denen die Alben entstanden sind
Das spiegelt sich auch in den Analysen-Texten wieder, in denen er 75% die oben genannten Punkte umschreibt.
Dabei erfüllt er das Klischee eines verbitterten alten Mannes, der neue Sachen nur akzeptiert wenn es sein muss.
Schaut euch mal die bewerteten Alben von dem Typ an (ihr findet die Reviews indem ihr entweder auf den Namen unter dem Titel klicken oder dem Link hier folgt: "http://www.laut.de/Alben/Neu?autor=241"). Wenn ihr die Liste vor euch habt sucht ihr eine Review aus und lest euch die einmal durch und kopiert euch die Abschnitte Raus die noch nichts mit dem Album Inhalt zu tun haben. Wenn ihr euch jetzt diesen Abschnitt nochmal anschaut könnt sollte sich ein Klischee herauszukristallisieren z.B:
Namika mit Nador ist eine Spielfigur des Riesen Konzerns Sonys bei der alles nur gestellt und berechnet ist.
oder
Spongebozz und Rapido sind anscheinend nur so erfolgreich weil sie Kinderfans haben die keine Ahnung von "richtigem" Rap haben(damals war alles besser).
...
und dieses Klischee wird dann bewertet und das ist das Problem, wenn man Alben bewertet ist so etwas einfach nicht akzeptabel. Auch wenn eine Namika eine Spielfigur ist und der Rap dir zu soft ist aber die Texte zu den besten gehören und auch der Flow gut ist kann es nicht sein dabei nur eine 3 raus kommt.
Noch schlimmer ist es bei Spongebozz einer der Rapper mit dem bestem Flow und mit einer durchgehend hohen Technik hat nur einen Punkt bekommen, weil der Inhalt anscheinend nicht Innovativ sei(Rap ist ja auch üüüberhabt nicht redundant ).
Lieber Philipp bitte versuch es mal mit objektiven Reviews.
Objektiv müsste man 1/5 ungehört zücken, also sei lieber froh, dass der gute Philipp diesem Schmarn berufsbedingt noch ein paar Zeilen widmet.
in die gleiche kategorie fällt auch maxms kommentar, den ich natürlich nicht gelesen habe