laut.de-Kritik

Zwei Legenden besinnen sich ihrer gemeinsamen Wurzeln: Afrika.

Review von

Verbünden sich der jamaikanische Thronfolger des Reggaes und der unangefochtene Hip Hop-Lyricist aus New Yorks Queensbridge, darf man gespannt sein. Mehr noch, wenn der Austausch zunächst nur als EP geplant war, aufgrund der fruchtbaren Zusammenarbeit jedoch zur Aufnahme eines ganzen Albums führte.

Bereits auf Damian (Jr. Gong) Marleys letztem Kassenschlager "Welcome To Jamrock" fand die geschichtsträchtige Kollaboration statt. Musikalisch ähnlich gestaltet sich auch die Zusammenkunft in "Distant Relatives". Statt um die Stilrichtung der Fusion zu streiten, besinnen sich die beiden Künstler ihrer gemeinsamen Wurzeln: Afrika. Ein Album als Tribut an den schwarzen Kontinent. Die territoriale Markierung genießt den Vorrang vor musikalischen Genregrenzen.

"As We Enter" erklärt das lehrende Bündnis in druckvollem Uptempo-Breakbeat. Nas: "And I'm shrewd about decimals. And my man'll speak Patois. And I can speak rap star. Y'all feel me even if it's in Swahili. Or body Ghani." Marley: "Masuri Sana. Switch up the language and move to Ghana." Nas: "Salute and honor, real revolution rhymers". Marley: "Rhythm piranhas." Nas: "Like true Obamas, unfold the drama". Der Dialog ihrer Verse zieht sich durch das gesamte Album.

"Tribal War, we nuh want no more a dat. Every man deserve to earn, every child deserve to learn", lautet die kritische Kunde in der Roots Reggae-Nummer "Tribes At War" mit K'Naan. Afrikanische Percussions, weiche Streicher und sanfte Keyboard-Melodien versorgen den Track mit Steppen-Romantik. Dazu erinnert ein leicht kitschiger Chor als Back Up an die Krönung des Königs der Löwen.

Ähnlich weltverbessernd tönt das ruhige "Leaders" ("This one's for all the leaders / Let's all change the world"). Mit Akustikgitarre versehen, tönt der karibische Blues über das Elend innerstädtischer Gangkriege sowie geopolitischer Konflikte. "Friends" betont Loyalität, "In His Own Words" thematisiert Glaubensfragen, während "My Generation" mit Lil Wayne und Kinderchor zum globalen Umdenken auffordert. Alle Inhalte versehen der Jr. Gong und Nas stets mit ihrer persönlichen Note.

So reden sie sich nicht nur all die Missstände auf dieser Welt von der Seele, auch den Überlebenstipps in "Strong Will Continue" fügt Nas seine eigene Geschichte hinzu: "How in, the hell am I supposed to stay comfy? When I pay child support, alimony, monthly? Got Maserati's & Ferrari's. Only like a woman whose a rider, but only hoes want me. Single life crazy. Niggas wives on me. I say stay faithful, they say 'their man corny'. So I'm stuck with some married woman, so fine. Cheating while their husband rushing on the 40 yard line. Wonder if, this is what my ex did the whole time. Good niggas seem to always end up with some hard times, hope not".

Auch grafisch kommt das Afrika-Thema nicht zu kurz. Neben dem von stolzer Herkunft und Historie propagierten Cover, führt das Booklet als Pixi-Buch-Guide durch die Geschichte Afrikas. Dazu zieren Bilder von Menelik II (König von Shewa und Kaiser von Äthopien) oder Stammeshäuptling Shaka Zulu das Lehrbuch. Informationstexte wie historische Belege bilden die einzelnen Lektionen neben den Lyrics.

Bis auf zwei Tracks, für die Bruder Stephen verantwortlich zeichnete, übernahm Damian Marley die gesamte Produktion des Albums. Ebenso singt der Jr. Gong fast alle Hooks. So kommt es, dass "Distant Relatives" ein stark reggaelastiges Roots-Album geworden ist, obwohl beide Künstler ihr Werk im Vorfeld als "World Music" mit "epischen Ausmaßen" bezeichneten. Teilweise scheint es, als ob Nas vielmehr das Feature in einem Track, anstatt eine ganze Kollaborationshälfte darstellt.

Stringenter Hip Hop ist hier nirgends vorhanden. Alleine "Nah Mean" trägt einen Neunziger-Hardcore-Hip Hop-Beat, wie man ihn sich öfters gewünscht hätte. Schade, denn inhaltlich überzeugt der Longplayer ohne Frage. Nur die Instrumentals gerieten trotz der vielen treibenden afrikanischen Rhythmusstrukturen etwas zu beliebig.

Doch im Fokus dieses Projekts liegt die Botschaft, nicht der Beat. Wie tauglich sich dieses Conscious-haltige Lehrpaket für den Headliner-Slot auf Sommer-Festivals erweist, muss sich erst noch zeigen.

Trackliste

  1. 1. As We Enter
  2. 2. Tribal War (featuring K'Naan)
  3. 3. Strong Will Continue
  4. 4. Leaders (featuring Stephen Marley)
  5. 5. Wisdom
  6. 6. Count Your Blessings
  7. 7. Dispear
  8. 8. The Promised Land (featuring Dennis Brown)
  9. 9. In His Own Words (featuring Stephen Marley)
  10. 10. Nah Mean
  11. 11. Friends
  12. 12. My Generation (featuring Lil Wayne)
  13. 13. Africa Must Wake Up (featuring K'Naan)

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22 Kommentare

  • Vor 13 Jahren

    Langweiliges Album. Viele melancholische HipHop-Balladen...
    Von Damian gefielen mir früher die Dancehall/Reggae Tunes gut aber hier ist davon nicht so viel zu hören...
    Nas' Stimme finde ich ziemlich öde. Seine Parts klingen so grau in grau. Kein Feuer, kein Biss.
    Ich muss allerdings auch sagen, dass ich mit HipHop nur sehr wenig anfangen kann, weil mich u.a. dieser Standard-HipHop-DrumBasslauf (z.B. in "Leaders, Nah Mean") sehr langweilt.
    Ein fetter Reggae-Bass ist nur in "Land of Promise" zu hören.

  • Vor 13 Jahren

    richtig gutes album.
    für mich das beste 2010.

  • Vor 12 Jahren

    Ich muss dem Rezensenten absolut widersprechen. Dieses Album ist einfach nur das hcohwertigste, was in den letzten Jahren an Musik erschienen ist. Irgendeine Musikplattfrom hat es sogar zum besten Album des Jahrtausends ernannt, weiß aber nicht mehr wer das war.

    Lyrisch ist es überhaupt unschlagbar, da gibt es nicht einen einzigen Filler Text, absolut jeder Song ist tiefsinnig. Rappen bzw toasten können die beiden wie kein anderer, Beats und Melodien sind zum Großteil auch sehr gelungen, man muss aber zugeben, dass zum Beispiel "Friends" und "Leaders" beim ersten Durchlauf noch nicht so toll klingen, nach mehrmaligem Hören hab ich aber auch die sehr geil gefunden. Nur mit "Patience" konnt ich mich noch nicht wirklich anfreunden, in meinen Augen der schwächste Track des Albums. Mit Abstand ebster Tracj ist ganz klar "Strong Will Continue", der schmückt zur Zeit sogar mein Skype-Profil.

    Ich hätte wohl nicht Karim dieses Album zum Bewerten gegeben, der kann wohl nicht so viel mit Reggae anfangen, wenn er ja mehr Einfluss von Nas wünscht. Ich hätt mir eigentlich gedacht, dass das Genre zu Dani Fromm passen würde. Und als Bewertung hat das Album auf jeden Fall 5 Sterne verdient.

    Aber es sind ja auch Kritiker nicht unfehlbar, wichtig ist ja auch, dass die Community selber denkt und nicht alles gut findet, was die Experten sagen, sowie diese Mainstream-Zombies alles gut finden, was der Mainstream sagt.