Der frühere Oasis-Songwriter spielt sein einziges Deutschland-Konzert und hat ein paar Überraschungen parat.
Düsseldorf/Mitsubishi Electric Halle (rnk) - Köln oder Düsseldorf? Noel Gallagher bevorzugt ganz offensichtlich Letzteres. Die Stadt mit dem Charme eines Bürostuhls heißt den ehemaligen Oasis-Sänger bereits zum wiederholten Male Willkommen - und vielleicht gibt die Krautrock-Begeisterung jedes Mal den Ausschlag: Neu! gehören zu den absoluten Lieblingsbands des grimmig dreinblickenden Mannes aus Manchester, der mit seinem melancholischen Album "Council Skies" gerade Europa betourt. Das Album hält durchaus spannende Überraschungen parat, sogar Ausflüge in den Wave-Bereich.
Gallagher nimmt gerne Künstler aus der Heimat mit auf Tour, aber heute eröffnen die deutschen Newcomer Sparkling. Das Trio sammelt mit elektronisch angehauchtem Post-Punk derzeit vor allem bei unseren Nachbarn auf der Insel ordentlich Punkte und spielte schon bei BBC1 eine Live-Session. Doch auch dem Düsseldorfer Publikum - es ist relativ bunt und altersmäßig gut durchmischt - gefällt der melodiöse Mix der Brüder Leon und Levin, mit Drummer Luca. Der Kölner Auswärtssieg ist damit geglückt. Nach dem positiven Debütalbum dürfte ihnen die Show mit vielen neuen Songs noch mehr Fans beschert haben. Vorweg: Der Sound der Vorband kommt richtig gut, Noel muss dagegen später erst mal gegen den Matsch aus den Boxen ankämpfen.
Newcastle vs. Man City
Weniger angenehm ist die Situation im Fotograben: Der WDR besitzt quasi das Monopol auf die Frontalansicht, der WDR Rockpalast überträgt Gallaghers exklusiven Deutschland-Gig im Live-Stream. Irgendwie sind gerade Konzerte in Düsseldorf für britische Acts eine Art Heimspiel, zieht die gute Erreichbarkeit der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt doch immer wieder ein stabiles Publikum aus UK an. Unüberhörbar ertönen heute besonders die Fans von Newcastle United, was der Man City-Fan Noel - der das Clublogo sogar gut sichtbar auf der Bühne ausstellt - kopfschüttelnd zur Kenntnis nimmt oder ab und zu mit beißendem Spott belegt.
Doch der sonst gerne mal grummelige Sänger und Gitarrist hat heute einen guten Tag erwischt und wirkt sehr aufgeräumt. Für die Eskapaden war er schon bei Oasis nie verantwortlich. Ab und zu dreht er den Rücken zum Publikum und dirigiert seine Backing-Band. Auch hier gibts keine Witzeleien oder übertriebene Jokes auf Kosten seiner Angestellten, die Birds wirken neben dem Meister eingespielt. Das war - vom Unruheherd Liam abgesehen - allerdings auch bei Oasis so: Noel weiß, was zu tun ist, damit eine Band wie aus einem Guss spielt.
Das gilt für die neuen Stücke von "Council Skies", aber auch für die Klassiker, die Noel in die zweite Hälfte packt. Erst mal kommen die melancholischen, dramatischen Songs zur Geltung, die eine volle, aber nicht ganz ausverkaufte Halle recht positiv aufnimmt. Die Leute erkennen den Reifeprozess von Noel als Solokünstler an. "Pretty Boy", der sehr wavige und für Gallagher ungewohnte Song wird genauso bejubelt wie später "Dead In The Water". Der großartige Song landete einst zu "Who Built The Moon?"-Zeiten noch als Zugabe im Bonus-Material der Deluxe-Edition. Der funkige und fröhliche Dance-Sound der eher wenig beliebten EPs verschwindet dagegen komplett aus der Setlist.
Back to the nineties
"Wir gehen nun zurück in die Neunziger" kündigt Noel mit einer Mischung aus leichter Verachtung und ironischem Augenzwinkern die Oasis-Rarität "Going Nowhere" an. Die war tatsächlich eine B-Seite von "Stand By Me" und kam später zum Glück auf der B-Seiten-Sammlung "The Masterplan" noch mal zur Geltung. Sicher: Noel hat mittlerweile zahlreiche gute Solosongs auf dem Kasten, aber gerade hier merkt man doch, wie unfassbar großartig das Material seiner Ex-Band nunmal war. Man denke nur daran, dass selbst Großtaten wie "Half The World Away" und eben "The Masterplan" nie als Single veröffentlicht wurden.
Damals konnte sich Noel diesen Luxus erlauben. Wie schön, dass derlei Tracks vermehrt Einzug ins Set halten und dadurch Lautstärke und Mitgrölfaktor im Gegensatz zum herbstlich kühlen Einstieg rapide ansteigen. Noel scheint es heute nicht mehr zu stören, es sind ja immer noch seine Songs. Dabei variiert er Klassiker wie etwa "Live Forever", das er unplugged spielt und leicht orchestral ausfadet. Was damals eine Hymne an die unsterbliche Jugend war, klingt nun deutlich erwachsener und ernsthafter.
Etwas deplatziert wirkt das "Quinn The Eskimo"-Cover von Bob Dylan. Noel bekannte unlängst, dass er seine damalige, nassforsche Ablehnung gegen den amerikanischen Altmeister nun gegen zunehmende Begeisterung eingetauscht habe. Weh tut das Cover nicht, nimmt aber anderen, spannenderen Kandidaten den Platz weg. Wie schön wäre an dieser Stelle ein Cover von Neu! gewesen!
Was solls, mit dem Rausschmeißer "Don't Look Back In Anger" geht es dem Ende entgegen. Im Gegensatz zum Gig von 2018, von dem Noel später selbst zugab, nicht gerade einen seiner Sahnetage erwischt zu haben, sah man heute einen Mann, der mit sich, seiner Band und dem Rest im Reinen war. Erst kürzlich erzählte Noel in Interviews, wie er sich durch das letzte Oasis-Jahr nur noch hindurch gequält hatte. Heute wirkt er nicht mehr wie ein Suchender. So reizvoll der Gedanke an eine mögliche Reunion noch immer bleibt - die Gallagher-Brüder trennt mittlerweile mehr, als man es sich als Fan eingestehen möchte.
3 Kommentare mit einer Antwort
.. Alter, was soll denn das Düsseldorfbashing? Lachhaft, von den Konschtanzer Dorflümmeln kommend - arbeitet ihr lieber mal an Eurer Gastro-Servicewüste und dem has-been line-up Eurer "Festivals". Konschtanz, das Chemnitz der Voralpen. Einzig die Hip-Hop Kantine is legit. Grüssis
Ich als Düsseldorfer kann nur sagen: "Die Stadt mit dem Charme eines Bürostuhls (...)." könnte kaum treffender sein.
Düsseldorf, Stadt mit dem Charme eines Bürostuhls ♥
Schon n hübsches Örtchen, das allerdings keiner dieser ekelhaften Einwohner verdient hat. Düsseldorfer lieben nichts mehr als über Düsseldorf zu reden. Sogar schlimmer als Berliner, diese Jurasöhne.
Als riesiger Oasis Fan wollte ich nie eine reunion. Mit jedem Album dass danach raus kam konnte man froh sein dass die beiden so produktiv sind.
Würde Liam seinen Kram mal anständig produzieren lassen und sich mehr zutrauen wären noch mehr möglich. Er hat schon bei Oasis ein paar Kracher geschrieben und die Pub Version von Bold war toll, auf dem Album ist es nicht mehr so gut.
Noel scheint es wieder besser zu gehen nach der Trennung Anfang des Jahres. Warum also Reunion, läuft doch bestens für beide und die Fans.
Achso, wer sich so ein bisschen länger mit Oasis beschäftigt weiß, das Liam nicht der einzige Unruheherd war und Noel sich häufig unangenehm verhalten hat.