laut.de-Kritik

Auf zu neuen Ufern mit kosmischem Breitwand-Pop.

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Die Zeichen stehen auf Expansion. Mit seinem dritten Soloalbum "Who Built The Moon“ sucht Noel Gallagher neue Territorien. Nur wenige Wochen nach dem Debüt-Album seines Bruders Liam führt der 50-Jährige das fort, was er auf "Chasing Yesterday" bereits andeutete – nämlich die Lust zum Experiment. Das zeigt bereits der quasi-instrumentale Opener "Fort Knox" – eine Breitwand-Overtüre mit massiven Rhythmen, Afrobeat-Chören und Synthesizern.

Gallagher kanalisiert Soul, Psychedelic, Glam und Funk, entfernt sich spielerisch von alten Strukturen, Erwartungen und Trademarks. Diese entfesselte Experimentierfreude steht ihm ausgezeichnet. Dass wir nicht zurückgehen können, verdeutlichte er ja bereits auf seinem Debüt ("You Know We Can't Go Back"). 2017 wagt Noel gleich ein paar Schritte nach vorne.

Einen großen Anteil am Sound von "Who Built The Moon" hat Produzent David Holmes. Bekannt für Remixes für U2, Primal Scream und Manic Street Preachers war es der Nordire, der Gallagher überzeugte, seine Komfortzone zu verlassen und mit leeren Händen ins Studio zu kommen. Was zu sehr nach Oasis klang, wurde verworfen. Holmes stachelte Gallagher an, seine eigenen Grenzen neu abzustecken – und dieser erweiterte seine musikalische Kartografie großzügig.

Bereits die erste Singleauskopplung "Holy Mountain" ließ einen ganz neuen Noel vermuten. Schon alleine stimmlich ist "The Chief" mit seiner monotonen, nach vorne pressenden Gesangslinie kaum wieder zu erkennen. Dazu: Stampfender Rock'n'Roll-Beat, Bläser, Orgelteppich (gespielt von Paul Weller), überschwängliche Stimmung und eine überraschende Parallele zum Ricky-Martin-Song "She Bangs" - "Holy Mountain" ist laut Gallagher einer der besten Songs, die er je geschrieben hat.

Das Tempo ist upbeat, die Backing Vocals im Refrain soulig: auch bei "Keep On Reaching" bleibt der Stimmungspegel ganz oben. "It's A Beautiful World" ist atmosphärischer, mit viel Elektronik angereicherter Pop der Marke Elbow – auf dem es sogar ein französischsprachiges Interlude gibt (allerdings nicht von Monsieur Gallagher selbst).

Egal ob er Lust auf Psychedelisches hat wie bei "She Taught Me How To Fly" oder auf beharrlich-bluesige Beatles-Riffs (siehe "Come Together") bei "Be Careful What You Wish For". Das starke Finish beschließt Noel mit dem Space-Western "If Love Is The Law", dem epischen, sinfonischen "The Man Who Built The Moon" sowie - hört, hört – einem weiteren, dem dritten Instrumental.

Cineasmus, Bombast – könnte sein, dass Noel zur Blütezeit des Oasis-Ruhms diese Platte ein wenig prätentiös gefunden hätte. Liam scheint indes wenig beeindruckt zu sein. Bollocks! Allen anderen wirft Noel Gallagher mit "Who Built The Moon?" in gewohnt nonchalanter Attitüde sein Solo-Meisterstück hin. Wen es nach der alten Oasis-Attitüde dürstet, wird mit Liams Soloalbum ohnehin jede Menge Spaß haben. So haben wir 2017 zwei geglückte Werke aus dem ehemaligen Oasis-Camp bekommen – eines (Liam), das die Vergangenheit abfeiert und so klingt, als wäre noch immer 1996, ein anderes (Noel), das einen Riesen-Songwriter in der richtungsweisenden Laune auf etwas Neues zeigt.

Trackliste

  1. 1. Fort Knox
  2. 2. Holy Mountain
  3. 3. Keep On Reaching
  4. 4. It's A Beautiful World
  5. 5. She Taught Me How To Fly
  6. 6. Be Careful What You Wish For
  7. 7. Black & White Sunshine
  8. 8. Interlude(Wednesday Part 1)
  9. 9. If Love Is The Law
  10. 10. The Man Who Built The Moon
  11. 11. End Credits(Wednesday Part 2)
  12. 12. Dead In The Water(Live at RTE 2FM Studios,Dublin)
  13. 13. God Help Us All

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15 Kommentare mit 4 Antworten

  • Vor 6 Jahren

    You know we can't go back ist anders als in der Rezension behauptet nicht aufm Debüt von Noel erschienen...

  • Vor 6 Jahren

    tja,die brüder sind beides musiker,letztendlich ist es aber nur der eine,nämlich noel,der die kjünstleriche begabung komplett besitzt!womit noel im album ja fast schon sensationell überrascht hat,gelingt nur den wenigsten,eben denen die musik aus 100% reiner kunst entstehen lassen! wem das mit 50 einfach so gelingt, ohne aus der not oder zwang oder aus einem trend heraus dann dann ersteht da ein stil der nicht durch plötzlich entstandenen glücklichen zufallen einem glücklichen in den schoß fällt.ist auch otmals ein erklärbarer grund warum hass unter brüdern manchmal immer extremer wird...aus sozialneid wenn ein bruder eine gabe des bruders erkennt welche man verzweifelt an sich selbst nicht entdecken kann...das noel natürlich nicht damit rechnen kann bei all seinen fans ausschließlich 10 von 10 punkten erreicht,sondern womöglich auch sehr viele auch jahrelang treue anhänger zutiefst enttäucht vom album sind oder in direkter familien konkurenz stehn,hab ich schon sowas für kompletten schrott hält...genau solche seit tag 1 von oasis fans die komblett anspruchslos einfach auf eine art kopie aus den letzten 20 jahren gehofft hatten oder gar nicht´s anderes musikalich für möglich halten weil sie nicht wissen was den unterschied ausmacht,wie ein musikalischer künster ein album produziert worauf er achtet und was einem musiker dem künstleriche gestalltung komplett fehlt wie da produziert wird,was ja nicht zwingend weniger sonder eher in heutigen Zeiten mehr erfolg beinahe schon quarantiert??? die musik von heute muss einfach nur ähnlich klingen wie die von vor 20 jahren!!!das ist,wenn man von anspruch sprechen will das wirklich einzige was wertschätzung angeht! in deutschland auf alle fälle noch um einiges extremer als wohl fast überall sonst auf der welt!!! nicht nur in europa!!!

  • Vor 6 Jahren

    noel trumps liam . Sorry sein album ist besser - liam kling so als wäre es immer noch 1995 und oasis hätte sich nie aufgelöst - der hat ausser das lied - Death in Las vegas mit Scorpio Risisng nichts besonders mehr zu bieten