Der Brite Genesis P-Orridge gilt als eine der exzentrischsten Persönlichkeiten in der Popkultur der letzten dreißig Jahre. Der soeben erschienene Band "Painful But Fabulous" zollt dem Wirken des Künstlers Tribut.

New York (das) - Provokativer Performance-Künstler, revolutionärer Musiker, inspirierter Schriftsteller, selbst ernannter Sektenguru sind nur einige der Begrifflichkeiten, mit denen seine umfangreiche künstlerische Arbeit beschrieben werden kann. Die Londoner Gallerie A22 widmete dem umstrittenen Briten im Juni eine Ausstellung. Im New Yorker Musikverlag Soft Skull Press erscheint mit "Painful But Fabulous" der dazugehörige Katalog, der erstmals einen reich illustrierten und kenntnisreich verfassten Einblick in das künstlerische Schaffen von P-Orridge bietet.

Groß geworden in der Tradition der künstlerischen Avantgarden des 20. Jahrhunderts erregte GPO erstmals Ende der 60er Jahre mit seiner Extrem-Performance-Gruppe Coum Transmissions Aufsehen. In dadaistischer Manier lotete P-Orridge mit Cosey Fanni Tutti die Grenzen des guten Geschmacks aus; wühlte in Exkrementen, aß Erbrochenes oder sezierte sich mit Rasierklingen selbst. Vom Band kam der passende Soundtrack zum apokalyptischen Happening, womit der Grundstein für die Soundexperimente der Industrial-Legende Throbbing Gristle gelegt war.

Der Werdegang von P-Orridge als Frontmann von Psychic TV wird genauso detailliert dargestellt wie sein aktuelles Spoken-Word-Projekt Thee Majesty mit Bryan Dall und Larry Thrasher. Neuland betreten die Autoren und Herausgeber von "Painful But Fabulous" hingegen mit der umfangreichen Dokumentation der bis in die frühen 70er Jahre zurückreichenden Arbeiten von P-Orridge im Bereich der darstellenden Kunst. "Mailart" nannte er seine privaten Collagen, die er per Post an Freunde in aller Welt versendete. Zu den Empfängern zählte beispielsweise der Beat-Schriftsteller William S. Burroughs, der sich bis zu seinem Tod immer wieder mit P-Orridge künstlerisch austauschte.

Für "Painful But Fabulous" öffneten viele dieser Mailart-Empfänger ihre Archive und gewähren damit einen interessanten Einblick in bisher vernachlässigte Aspekte der Künstlerpersönlichkeit Genesis P-Orridge. Es ist die virtuose Wanderung auf dem schmalen Grat zwischen Kunst und Leben, die ihm einen Ausnahmestatus unter den Popmusikern zuweist. Wie David Bowie erfindet sich auch das Pop-Chamäleon P-Orridge bis heute ständig neu, verweilt nirgends lange, sondern ist ein Suchender, der den Weg zum Ziel erhebt.

Sein neuestes Projekt versucht die Geschlechterdifferenzen aufzuheben. Zusammen mit seiner Lebensgefährtin Jackie Breyer konzipierte er das multigeschlechtliche Wesen Breyer-P-Orridge, in welcher beide Persönlichkeiten verschmelzen sollen. So ließ Breyer ihr Kinn dem von P-Orridge angleichen. Er wiederum legte sich unters Messer, um sich Brustimplantate einsetzen zu lassen, die sich in Größe und Form am Busen von Breyer orientieren. Musikalisch meldet sich P-Orridge Anfang 2004 mit einem Throbbing Gristle-Reunion-Konzert in England zurück.

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laut.de-Porträt Thee Majesty

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laut.de-Porträt Coil

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