Bei der Deutschlandpremiere des Soundclash-Konzeptes in Köln hatte das Publikum viel Spaß. Auch auf Kosten der armen Ochsenknechts.
Köln (loc) - EIN Sieger des erstmalig in Deutschland stattfindenden "Red Bull Soundclash" zwischen K.I.Z. und Kraftklub stand schon in der Bahn fest: die Jungs, die von zwanzig Zentimeter Neuschnee völlig unbeeindruckt für eine gefühlte halbe Stunde "K.I.Z.! K.I.Z.!" mit einer Vehemenz durch die Waggons skandierten, die Kölner sonst nur von Lokalderbys an Fußballsamstagen kennen. Besoffen waren sie nicht, nur heiß auf den Abend. Jacken, Pullis und T-Shirts hatten sie praktischerweise gleich zuhause gelassen - man war hier echt nicht zum Rumstehen gekommen.
Die Aktion stellte später als cleverer Schachzug heraus, denn was man nicht dabei hat, kann man auch nicht verlieren. Das Publikum auf beiden Seiten war nämlich: völlig wahnsinnig.
Begrüßungsgeld für die Ossis
Großzügig verteilten K.I.Z. zu Beginn per Konfettikanone Spielgeld mit dem schnörresbestückten DJ Craft als Konterfei – Begrüßungsgeld für die Chemnitzer Rivalen. Die konterten mit einer fetten, wenn auch kaum wiedererkennbaren Pogo-Version von "Die da", gegen die die recht werktreue Variante von K.I.Z. ziemlich abstank.
Obwohl das Palladium zum Platzen voll war, bildeten sich mittig und vor den gegenüber aufgebauten Bühnen immer wieder riesige Moshpits, Gassen und Freiflächen, in denen sich dann Sekunden später alle wieder begeistert aufeinanderstürzten. Durch die ständige Abwechslung zwischen den Bands, die die ausverkaufte Halle hochpeitschten und in ständiger Bewegung hielten, bekam das Konzert etwas von einem archaischen Tennismatch mit viel Bass und Chaos.
"Klopapier" auf dem REWE-Parkplatz
Beim "Takeover" sollte eine Band einen Song der jeweils anderen zuende spielen und durfte sich dabei Improvisations- und Textfreiheit erlauben. Kraftklub verlegten das Setting des eh schon albernen "Klopapier" von K.I.Z. auf einen REWE-Parkplatz in die Gesellschaft von hirnlosen Autoprolls, und die Rapper schossen mit Hipster- und Ossiwitzen bei "Ihr dürft nicht nach Berlin" zurück: "Ich hab da gerade so'n Projekt – ne Indieband mit Rap! Ab in den Westen, raus aus unserem kleinen Dorf – komm, wir machen einfach einen Song, der klingt wie 'Tainted Love'!"
Überraschend bis mutig war die Wahl der Gastmusiker für die vorletzte Runde. Casper auf der Bühne sorgte schon für, nun ja, geteiltes Echo. Aber als dann noch die beiden Ochsenknechtbrüder K.I.Z. unterstützten, flogen die ersten Becher. Endlich hatte das Publikum jemanden, auf den es leidenschaftlich Abneigung lenken konnte, wo doch beide rivalisierenden Bands eigentlich verdammt gute Unterhaltung boten.
Schneebälle für die Ochsenknechts
Dabei war die Performance herrlich und folgte dem Motto "Keep your friends close and your enemies closer": Erst durfte Casper seinen Track "Wilson Gonzalez" mit eben diesem zum Besten geben, dann wurde sein Bruder K.I.Z.-typisch auseinandergenommen: "Guck, wie ich die Cops bestech, in den Socken Crack. Drogenbaron, ich bin Jimi Blue Ochsenknecht!"
Was war noch? Ausdauerndes Durchdrehen, Pyro-Action und Gaspatronen bei K.I.Z., tighter, trockener Beinahe-Punkrock und Sido als Gast bei Kraftklub, über all dem flog die Spidercam und fing die schwitzigen Menschen in der Mitte ein, die mit Konzentration, Körpereinsatz und Hingabe am Start waren. Auf der umlaufenden Galerie ein Stockwerk höher fantasierten Gäste über zukünftige Traumpaarungen, während sie dem moshenden Mob wie in einer römischen Arena beim fröhlichen Selbstzerfleischen zusahen.
Vielversprechendes "Riesenglied"
Zur letzten Runde ließen sich K.I.Z. auf Händen auf die andere Seite tragen, wo beide Bands zusammen mit eigenen und fremden Stücken den Abend abschlossen: "Du willst ein Liebeslied, du kriegst mein Riesenglied" klang dank jazziger Liveinstrumentierung von Kraftklub nie vielversprechender.
Am Ende feierten alle alles, und das war gut so. Wer gewonnen hatte - letztlich schwer zu sagen und auch völlig wurscht. Nur die Ochsenknechts, die sogar vor dem Aftershowclub noch von Anrainern aus dem Nachbarhaus mit Schneebällen abgeworfen wurden (Wilson Gonzalez zum Türsteher: "Können Sie das nicht mal regeln!?") hat vielleicht nicht jeder kapiert.
12 Kommentare
Hab gestern auf YouTube die "Ich will nicht nach Berlin" Version gesehen: http://www.youtube.com/watch?v=Q1YVb7KCvHg
Den KIZ-Part find ich schon ziemlich geil
Da wurde der übermäßige Schnee aber mal sinnvoll genutzt.
Ähm, warum war ich noch nicht da?
Das nennst du "Support"?
Wenn die da auf der Bühne ne Plattform bekommen ist das schon ne Art Support, der kleine JimiBlue hatte ja auch schon ein HDF usw, frage mich was das soll..
"Ihr lacht verächtlich, aber vergesst nicht, dass ihr genauso über Jesus von Nazareth, Adolf Hitler und Robert Geissen gelacht habt. Ihr jämmerlichen Verlierer der Geschichte!!"
So viel zum Thema.. die haben einfach die Absurdität ausgenutzt und die Tatsache, dass die beiden, insbesondere Jimi Blue, niemand ernst nimmt. Ob die die jetzt mögen oder nicht ist da erstmal nebensächlich, obwohl die doch eigentlich schon immer recht vorurteilsfrei sind.