Im beeindruckendsten Haufen mächtiger MCs war er die schillerndste Figur: Ol' Dirty Bastard hinterlässt auch vier Jahre nach seinem Tod eine klaffende Lücke in den Reihen des Wu-Tang Clan. Jamie Lowe machte sich auf die Suche nach dem Mann hinter dem Mythos.
Brooklyn (dani) - Er gab den Narr am Hofe Wu: Komplett durchgeknallt und entsprechend unvorhersehbar regierte Ol' Dirty Bastard Bühne und Publikum. Er zog alle Blicke auf sich, war der unbestrittene Chef-Entertainer, der Hype-Man des Wu-Tang Clan. Am 13. November 2004 starb er, der einst den bürgerlichen Namen Russell Jones trug, an einer Überdosis, einer Mixtur aus Kokain und einem Schmerzmittel. Er wurde 35 Jahre alt.
"Memories may be beautiful and yet / What's too painful to remember / We simply choose to forget / So it's the laughter we'll remember", zitiert Autorin Jamie Lowe einen Song von Gladys Knight, der den üblichen Umgang mit verstorbenen Legenden nur zu gut charakterisiert. Lowe selbst trieb der nahezu verzweifelte Versuch, ihre eigene Obsession für Ol' Dirty besser zu verstehen: Ein Buch über die Jagd nach dem Mann hinter der Bühnenperson.
Obsession für ODB
Offen eingestandenes Fantum und journalistische Distanz gehen Hand in Hand. Lowe gelingt mit ihrer Biografie "Digging For Dirt - The Life And Death Of ODB" (Faber and Faber, 288 Seiten, gebunden) ein beeindruckendes, berührendes Porträt des Rappers. Gerade weil sie, statt lediglich seine Sternstunden zu feiern, den in den letzten Jahren offensichtlichen Niedergang ODBs nicht ausklammert, zeichnet sie ein scharfes Bild eines ebenso begnadeten wie gebeutelten Charakters.
Zahllose Interviews führen sie auf ODBs Spuren. Lowe sprach mit seiner Mutter, seiner Witwe, seinem Anwalt, seinem ewigen Sidekick Buddha Monk, mit Kollegen, Idolen und Knastbrüdern, nicht zuletzt zweimal - mehr oder weniger - mit Ol' Dirty Bastard selbst. Packende Schilderungen von Auftritten, ODB solo oder mit dem Clan, Berichte von Tribute-Konzerten und Backstage-Reportagen runden das hervorragend recherchierte Bild ab.
Realitätsverlust und Drogensucht
Geisteskrankheit und Drogensucht vereinen sich im Fall ODB zu einem Henne-oder-Ei-Problem. Was letztlich den Ausschlag für den Selbstmord gab - nach nichts anderem sieht sein Tod rückblickend aus, welchen Einfluss das ohnehin schwierige Dasein als Person öffentlichen Interesses nahm: Jamie Lowe maßt sich keineswegs an, derartige Fragen zu beantworten. Sie schildert lediglich einen zunehmend den Realitätsbezug verlierenden, von Schlaflosigkeit, Paranoia, Verfolgungswahn und diffusen Ängsten getriebenen Menschen.
Möglicherweise ist es die Schonungslosigkeit, die einen, ohne ihn zu dementieren oder ihm die Würde zu rauben, näher als alles andere an das bringt, das Ason Unique aka Ol' Dirty Bastard aka Big Baby Jesus aka Dirt McGirt ausmachte. Jamie Lowe bietet pures Entertainment und steckt dennoch voller Mitgefühl, erzwingt schallendes Gelächter und rührt im nächsten Moment zu Tränen. Besser hätte man es nicht machen können. "Digging For Dirt" wird Ol' Dirty Bastard voll gerecht.
30 Kommentare
Rest in Peace Big Baby Jesus
Einer der ganz Großen den man nicht vergessen wird. Shimmy Shimmy Ya
absolutes idol! unvergessene auftritte...
http://www.youtube.com/watch?v=zm84W2YrWuc
@Anonymous (« Oh ja, nur weil er abgenippelt is wird er jetzt gleich wieder als Gott behandelt. »):
er war vorher schon (zu recht) hochgelobt und der Tod eines solchen menschen ist nun mal ein grund dass er wieder in den medien erscheint, wobei dass wie oben schon erwähnt nun auch schon ne zeit her is...
Das Buch ist gestern angekommen, ich werde berichten.
Habe immernoch nicht angefangen, Mr. Nice ist einfach zu dick.