Heute beginnt die Gerichtsverhandlung gegen die Putin-kritische Band Pussy Riot. Das Verfahren wird live im Internet übertragen.

Moskau (hf) - Seit März sitzen die drei angeklagten Mitglieder des russischen Riot-Grrrl-Kollektivs Pussy Riot schon in Untersuchungshaft. Nachdem am Freitag vor zwei Wochen lediglich die Untersuchungshaft der Regimekritikerinnen verlängert wurde, beginnt heute endlich das eigentliche Gerichtsverfahren.

Jekaterina Samuzewitsch (29), Maria Aljochina (24) und Nadeschda Tolokonnikowa (22) wird von der Anklage "Rowdytum" vorgeworfen, Amnesty International hingegen erkennt sie als politische Gefangene an. Aufgrund des großen öffentlichen Interesses wird der Prozess live im Internet übertragen.

Die drei Frauen hatten im Februar mit einem "Punk Gebet" in Moskaus orthodoxer Christ-Erlöser-Kathedrale gegen Putin und gegen die Verbindungen von Kirche und Staat protestiert. Die wenige Minuten dauernde Aktion hatte ihre Verhaftung zwei Wochen später zur Folge. Ihnen droht nun bis zu sieben Jahre Haft.

Pussy Riot in der Christ-Erlöser-Kathedrale

Mit der Kritik an den gemeinsamen Machenschaften von Staatsführung und Kirchenleitung haben sich Pussy Riot die zwei mächtigsten Institutionen Russlands zu Feinden gemacht. Kirche und Staat tragen sich gegenseitig, der Patriarch der Orthodoxen Kirche, Kyrill I., zeigte sich vor der Präsidentschaftswahl im Februar voll des Lobes über Putin.

System im Innersten getroffen.

Sowohl Putin als auch Kyrill I. äußerten ihre Abscheu gegenüber der Aktion von Pussy Riot und fordern ein hartes Vorgehen. Obwohl Gotteslästerung seit 1917 in Russland kein Strafbestand mehr ist, wird den Frauen von der Staatsanwaltschaft auch vorgeworfen "auf blasphemische Weise die jahrhundertealten Grundfesten der russisch-orthodoxen Kirche erniedrigt" zu haben.

Die Tatsache, dass der Prozess live übertragen wird, zeigt nicht nur, welches große öffentliche Interesse an dem Gerichtsverfahren besteht. Es beweist auch, dass Putin sich von den drei Frauen ernsthaft angegriffen fühlt. Während die einen begrüßen, dass der Prozess nicht hinter verschlossenen Türen stattfindet, befürchten andere jedoch einen Schauprozess, der abschreckend auf andere Regimekritiker wirken soll.

Transparentes Verfahren oder Schauprozess?

In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung äußerte Mark Fejgin, der Anwalt der drei Frauen, Bedenken, dass es einen fairen Prozess und eine unparteiische Übertragung geben werde: "Das Gericht organisiert die Übertragung. Ich kann deshalb nicht dafür garantieren, dass es tatsächlich ein komplett offener, transparenter Prozess wird."

Fejgin sieht den Prozess jedoch auch als Chance, die Öffentlichkeit über die wahren Absichten hinter der Aktion von Pussy Riot aufzuklären: Während die Opposition und Regimekritiker ihre Solidarität mit der Band erklären, sprechen sich laut einer Umfrage des unabhängigen Lewada-Zentrums vom April immerhin 47% der Bevölkerung für eine harte Bestrafung aus, nur 10% sind gegen den Prozess. 46% sehen den Tatbestand des Rowdytums erfüllt, 21% den der Kirchenschändung.

Öffentlichkeit gespalten.

Diese Stimmung scheint allerdings gerade zu kippen. In einer Umfrage vom Juli sprachen sich schon 50% gegen eine strafrechtliche Verfolgung der Frauen aus. Auch die Kritik am Patriarchen nimmt zu. So wird zum Beispiel von der Presse sein luxuriöser Lebensstandard angeprangert. Ein Foto zeigte ihn mit einer 30.000 Euro teuren Uhr, die auf den offiziellen Bildern wegretuschiert worden war.

Wie der Prozess ausgehen wird, ist angesichts dieser Entwicklungen unklar. Die Live-Übertragung wird sicher aufmerksam verfolgt werden. Leider gibt es keine deutsche oder englische Synchronisation, so dass sich des Russischen nicht mächtige Zuschauer mit den Bildern begnügen müssen.

Der Prozess

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laut.de-Porträt Pussy Riot

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