Da trafen Welten aufeinander: Die Bravo brachte Aggro Berlins Asirapper Sido und die Vorsitzende des Kulturauschusses Monika Griefahn zwecks Meinungsaustausch an einen Tisch.
Berlin (mma) - Ob Sido wohl Terroralarm ausgelöst hat? Schließlich leben wir in paranoiden Zeiten, und wenn der Berliner in voller Maskenmontur ins hohe Haus der Politik marschiert, dürfte er das Sicherheitspersonal doch mächtig nervös machen. Wahrscheinlich verzichtete Sido aber beim Treffen mit Monika Griefahn, der Vorsitzenden des Ausschusses für Kultur und Medien, gänzlich auf den Mummenschanz. Es galt schließlich, über so gewichtige Themen wie Zensur, Gewaltverherrlichung und Rechtsradikalismus im deutschen Sprechgesang Meinungen auszutauschen.
Die Jugendzeitschrift Bravo initiierte das Treffen, nachdem Griefahn Anfang Juni öffentlichkeitswirksam mit einem Videoverbot von diskutablen Hip Hop-Clips gedroht hatte. Davon wäre insbesondere Aggro Berlin betroffen, namentlich Fler und Sido, aber auch Ex-Signing Bushido. So trafen die beiden Seiten also am Arbeitsplatz der Politikerin aufeinander. Sido brachte noch Aggro-Mitboss R. Specter mit, Griefahn nahm mit Niels Annen das jüngste SPD-Parteivorstandsmitglied ins Schlepptau.
Die Antwort des Asirappers auf die Gewaltvorwürfe kommt ebenso platt wie altbekannt. "Keiner von uns ist rechtsradikal", versicherte er. "Ich sauge mir meine Texte und meine Sprache ja nicht aus den Fingern. Ich erzähl' nur das, was ich aus dem Märkischen Viertel kenne." Mag sein, dass sein Block als größte "Inspiration" für die Verbalattacken funktioniert. Sich aber jeder Reflexion der Verhältnisse und des eigenen Einflusses auf die Anhängerschaft konsequent zu verweigern, zeugt nicht gerade von persönlicher Reife.
Die Ausschussvorsitzende entgegnete, deutsche "Ghettos" seien im Vergleich mit tatsächlichen Armenvierteln wie der New Yorker Bronx "Luxus-Ghettos. Dort haben ein Drittel der Leute keine Kranken- und Sozialversicherung. Wer bei uns zum Sozialamt geht, bekommt mindestens Unterkunft und Essen." Außerdem appellierte sie an Sido als Stellvertreter aller Hip Hopper, die Vorbildfunktion nicht zu vergessen: "Mach' was draus und trag' dazu bei, dass unsere Gesellschaft und unsere Sprache besser wird."
Ob der Arschfickmann da tatsächlich der richtige Ansprechpartner ist? Für Weltverbesserungsbestrebungen und gewählten sprachlichen Ausdruck ist er kaum bekannt. Gewalt sei ein Stilmittel ihrer Subkultur, erwiderte Specter auf die Forderung. Sido ergänzte: "Wir Rapper stehen auf der Bühne und versuchen, uns zu beleidigen. Das ist seit 20 Jahren Teil der Kunst."
Zum Abschluss beschrieb Sido noch einmal sein Unverständnis für den Angriff aus der Politik. "Wir sollten Kumpels sein. Wenn ich meinen Fans sage, wählt die SPD, dann machen die das", ergibt er sich in Allmachtsfantasien und vergisst, dass ein Großteil seiner so leicht beeinflussbaren Folgschaft im Herbst noch gar nicht wählen darf. Weiter erklärte er in Hinblick auf den bevorstehenden Machtwechsel: "Ihr seid meine einzige Alternative. Und jetzt greift ihr mich an!"
Das vollständige Gespräch ist in der aktuellen Bravoausgabe nachzulesen.
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