20 Jahre Summer Breeze! Vor Ort gratulierten Korn, Heaven Shall Burn, Kreator, Megadeth und mehr.
Dinkelsbühl (kluk) - "Seid ihr müde? Nee? Dann haut rein!" Born From Pain-Sänger Rob Franssen bringt auf den Punkt, was am Mittwoch noch vielen Summer Breeze-Besuchern in den Knochen steckt. Aber aller Müdigkeit zum Trotz: Die Surprise-Acts zum 20. Jubiläum lassen manchen Adrenalinspiegel in die Höhe schnellen.
Neben der holländischen Hardcore-Fraktion gibt es unter anderem Powerwolf, Destruction und eine unverhoffte Reunion der schwedischen Kult-Deather Vomitory zu bestaunen. Zum Glück hat der nächtliche Dauerregen den Erdboden vor der mittlerweile ins Freie verlagerten T-Stage schon mal ordentlich aufgelockert, sodass die ersten Circlepits auch gleich ihre ersten Matschflecken auf den frisch in Festivalshirts eingekleideten Besuchern hinterlassen.
Amon Amarth und In Extremo mit Special-Doppelshows.
Wie auch die an diesem Wochenende gleich zweifach aufspielenden Amon Amarth stellen die heutigen Truppen ihre Auftritte unter einen ganz besonderen Scheffel: Sie alle huldigen Michael 'T' Trengert, ihrem einstigen Wegbereiter und bis zu seinem frühen Tod im Jahr 2013 Mitveranstalter des Summer Breeze.
Ebenfalls dabei: In Extremo, die in Gedenken an den Gründer des europäischen Metal-Blade-Labels auch gerne noch im Hellen auf die Bühne schreiten. Old-School-Sets haben beide Bands angekündigt, was für Amon Amarth aber offenbar auch schon Tracks aus 2008 einschließt. Trotzdem ein feines Special, sieht man nicht alle Tage.
Essenspreise steigen weiter.
Genauso wenig wie Preisschilder, die eine Bratwurst für vier oder Döner für sechs Euro anpreisen. Kein Scheiß, die Wirtschaftskrise für Festivals spiegelt sich in diesem Jahr nicht nur in den gestiegenen Ticketkosten wieder. Wenigstens die Kugel Eis gibt es noch für einen Euro, fast wie früher bei Omma am Kiosk. Mit einer solchen im Bäuchlein geht es dann rüber zu den Agalloch-Schwippschwagern Uada, die im vergangenen Jahr mit einem recht ansehnlichen Melo-Black-Metal-Debüt zu begeistern wussten. Ein schlechteres Setting als unter blauem Himmel könnte es hierfür aber kaum geben.
Sicher, die Abschaffung der Zeltbühne ermöglicht es jetzt auch den Powerwölfen der Nation auf Nebenbühnen zu spielen, gleichzeitig nimmt sie aber kleineren Bands die Möglichkeit, die Intimität ihrer Musik im Dunkeln zu entfalten. Generell gilt: Wer genießen will, muss pünktlich sein. Zweit- und Drittbühne flachen hinter dem ersten Wellenbrecher zu sehr ab, um den in diesem Jahr wirklich sehr, sehr gehobenen Sound gänzlich aufzunehmen.
Sehr stabiler Open Air-Sound.
Wie gut der wirklich funktioniert, beweisen dann am Donnerstag hintereinander die Instrumental-Poser Long Distance Calling wie auch die Groove-Deather Decapitated. Mögen einem über die aktuelle Platte "Anticult" auch noch so sehr die Füße beim Headbangen einschlafen, live gehören die Polen immer noch zu den Besten ihres Fachs. Wie eben auch Devin Townsend, der auf der großen Wendebühne (!) sein Stelldichein mit der ehemaligen The Gathering-Sängerin Anneke van Giersbergen gibt. Echtes Schwergewicht-Gebolze dann nebenan bei Nile. Hobby-Ägyptologe Karl Sanders hat mittlerweile zwei äußerst junge Mitstreiter in seine Reihen berufen, die die Show beinahe im Alleingang durchziehen. Ein Hoffnungsschimmer.
Wo man keine allzu großen Hoffnungen mehr hineinstecken sollte, sind motivierte Megadeth-Auftritte. Sicher, die Thrash-Premiere in Dinkelsbühl lockt viele Schaulustige vor die Bühne und bis auf Mustaines Genuschel liefert die Gruppe auch eine mehr als grundsolide Show mit reichlich Klassikern ab. 15 Minuten zu früh aufhören ist dabei natürlich Ehrensache. Dave sells.. but who's buying?
Wikinger-Schaukämpfe und mehr.
Wilder Ritt dann wieder bei Amon Amarth, die am gestrigen Abend nicht nur ihr bühnenschmückendes Wikingerschiff, sondern auch schon vor Jahren jeglichen musikalischen Abwechslungsreichtum beerdigt haben. "This is headbanging music!", erklärt Johan Hegg, bevor auf der Bühne ein Wikinger-Zweikampf losbricht, der auf ungesunde Art und Weise an 90er-Trash-TV-Produktionen erinnert. Aber Recht hat der Mann ja. Auch wenn man sich kaum durch die Menge bewegen kann, ohne dass einem ein Wochenend-Wikinger seinen Plastikhelm ins Auge bohrt.
Architects-Fronter Sam Carter bleibt daraufhin die unangenehme Aufgabe, vom Anschlag in Barcelona zu berichten. Dabei wissen die Brightoner tragischerweise spätestens seit dem frühen Tod ihres Gitarristen Tom Searle, wie sie schmerzlichen Verluste zu verarbeiten haben: Mit einer ganzen Menge Breakdowns.
Einfach mal saufen.
"Habt ihr kurz mal Zeit die Arbeit zu unterbrechen und euch so richtig wegzusaufen?" Man erhält schon wahrlich verführerische Offerten, wenn man am hellichten Tage mit einer Spiegelreflex über den Zeltplatz läuft. Wir lehnen dankend ab, bereuen die Entscheidung angesichts der darauffolgenden Primaten-Beschallung durch Betontod aber umso schneller. Lieber Dicke-Eier-Party bei Crowbar, deren Auftritt sogleich monsunartige Regenfälle heraufbeschwört. Berufsgrummelbärchen Kirk Windstein bleibt gewohnt wortkarg, auch angesichts der durchnässt grölenden Fans, denen der Gig durchaus eine zünftige Erkältung in der darauffolgenden Woche wert ist.
Hatebreed drehen ebenfalls den Swag auf und kredenzen dem Summer Breeze zum zwanzigsten Jubiläum eine Full-length-Performance ihres Debütalbums – samt Widmung für Chris Cornell und Chester Bennington. Children Of Bodom müssen sich anschließend ein Weilchen gedulden, lässt der Veranstalter den vorderen Bühnenbereich angesichts einer Sturmwarnung doch spontan räumen. Nach zehn Minuten ist der Spuk vorbei und Alex Laiho revanchiert sich gebührend für die wahrlich unterirdisch unmotivierte 2014er-Show. Stilecht im ABBA-Darkthrone-Gedächtnis-Shirt, versteht sich.
Kreator liefern Headliner-Show der Königsklasse.
Klare Fronten dann bei Kreator: Thrash in Reinform, dicke Feuershow, totale Zerstörung. "Gods Of Violence" reiht sich nahtlos in die letzten vier Meisterwerke ein und trägt zur vielleicht besten Headliner-Show der letzten Breeze-Jahre bei. 17 Tracks, all killer, no filler. Selbst von Doro-Features, wie am Vortag bei Amon Amarth zu beklagen, bleiben die rund 40.000 Festivalgäste verschont. Satan is real – und scheiße, er ist immer noch in Topform.
Summer Breeze-Ticket: 100 Euro. XXL-Cocktails: 19 Euro. Sich zu Belphegor um ein Uhr morgens einen Liter Caipirinha in die Birne schrauben: Unbezahlbar. Tja, der Freitagabend hat gezeigt: Es geht immer noch eine Stufe geiler. Denken sich auch die Leute vom Jamaika-Catering, die dem Geballer der Mainstage 24/7 feinste Reggae-Mixes entgegensetzen. Was dem samstäglichen Frühsport-Programm der Excrementory Grindfuckers ja auch wirklich keinen Abbruch tut. "Habt ihr auch alle gut gekackt heute Morgen?" Alles fluffig, danke der Nachfrage.
DWEF feiern Album-Release.
Niemand leidet mehr unter der fehlenden Verdunklung der T-Stage als die hiesigen Schwarzmetall-Kapellen. Die deutschen Vorzeige-Raser Der Weg Einer Freiheit machen aus der Not eine Tugend, und zelebrieren ihre Release-Show am Samstagnachmittag in der strahlenden Sonne. Auf der Zeltbühne des Campsite-Circus gibt es derweil intime Unplugged-Shows zu bestaunen, die allerdings exklusiven Verlosungsgewinnern vorbehalten bleiben. Aber wer beschließt ein Festival auch schon gerne eingepfercht zwischen bierseligen Knorkator-Fans?
Nach Kreator beweisen auch Heaven Shall Burn, wie mühelos es nationale Headliner mit Szenegrößen aus Übersee aufnehmen können. Neben gewohnter Wall Of Death- und Crowdsurf-Action – bei denen die festivaleigenen 'Grabenschlampen' ihre auf Muskelkraft basierende Hilfsbereitschaft unter Beweis stellen, leisten die Thüringer zugleich ein bisschen metallische Aufklärungsarbeit: Zum "Black Tears"-Cover bittet man Edge Of Sanity-Kopf Dan Swanö auf die Bühne – der wohl so manchem Metalcore-Kid bis heute fremd war. Such a shame.
Korn und die Breeze-Premiere.
Können Korn das toppen? Jein, denn die Live-Arbeitsroutine, die die Nu-Metal-Urväter im Laufe der letzten Dekade entwickelt haben, eilt ihrem Ruf voraus. Aber diese steht eben nicht nur für mangelnde Motivation und ausgelutschte Konzertarrangements: Manchmal steht Routine auch einfach nur für eine durchprofessionalisierte und fette Live-Show. "Germany, you wanna go crazy with me?" Immer gerne, Mr. Davis. Da hat sich der Mann sogar tatsächlich mal aus dem Adidas-Joggingoutfit in einen Kilt hineingezwängt und haut zumindest zu Beginn des Abends euphorischere Aussagen denn je raus. Korn im 24. Bandjahr: Noch immer here to stay.
Tiamat sagen gute Nacht.
Bevor dann das große Jubiläumsfeuerwerk einsetzt, gibt es auf der T-Stage noch einen ganz besonderen Geist der Vergangenheit zu bestaunen: Tiamat sind gekommen. Nicht nur um zu bleiben, sondern auch um ihren karrierebefeuernden Gothic-Klassiker "Wildhoney" in voller Länge zu zelebrieren. Der gewohnt besonnene Johan Edlund ist angesichts der hohen Zahl der Korn-Verschmäher, die sich vor der T-Stage sammeln, sichtlich gerührt und konstatiert: "Thank you so much. Honestly, what a wonderful festival. So many great bands, so many nice people." Angesichts derartig intimer Momente, die einen kurz vergessen lassen, dass wir uns hier auf einem 40.000-Personen-Festival befinden, kann man ihm einfach nur zustimmen.
6 Kommentare mit 10 Antworten
"Wenigstens die Kugel Eis gibt es noch für einen Euro, fast wie früher bei Omma am Kiosk."
Also bei meiner Oma kostete die Kugel Eis am Kiosk damals noch 30 Pfennig. Und ich bin mit 32 jetzt sicherlich nicht der Älteste.
deine oma hat bestimmt hitler gewählt
Als Jahrgang 1926? Wohl kaum.
ich weiß gar nicht, was ihr habt. Crowbar haben 2015 im Backstage beim Free&Easy gespielt. in der kleinen Halle. Kirk war mega sympathisch und echt chillig und entspannt.. Gerüchten zu folge würde nachher sogar noch mit den fans und der vorband, die alle Inmate-ink hatten, die ein oder andere ehmjay-kippe geraucht. Da war nichts zu spühren von dem hohen Roß, auf dem er durchaus sitzen dürfte aufgrund seines musikalischen schaffens...
War der Lerd eig dabei?
Nee, er muss doch die Schanze renovieren. Wobei er Ammonn Amars sicherlich gern gesehen hätte.
Die 2014er Show von Children of Bodom war doch erstklassig. Grundsätzlich kann man sich die Herren nun endlich auch live geben, weil sie die exzessive Sauferei mittlerweile abgestellt haben. Das Oldschool-Set am Freitag hat aber definitiv einiges hergemacht, wobei mir "Silent Night, Bodom Night" schon etwas gefehlt hat.
Jetzt??
Auf den Bildern sind so unendlich viele hässliche Menschen zu sehen, das ist wirklich unglaublich.
Och.. auch aus, in deinen Augen, hässlichen Menschen lässt sich was rausholen.
Nur bei deinen angeborenen geistigen Behinderungen lässt sich wohl leider nichts machen.
Was ist los? Will keiner mehr mit dir spielen? Bist du so einsam und verzweifelt das du jetzt im Rocksegment deine "Liebe" suchst?
Ein Zottelfestivalfaden ohne Kommentar von Craze wäre undenkbar. Solche Äußerungen gehören hier zum guten Ton.
http://www.laut.de/Blind-Guardian/Alben/Ni…
Wie gesagt, einsam und verzweifelt
Scientologe ist vmtl molti's Versuch mich unauffällig zu storken!
Ich bin sancho
es wird gemutmaßt, Hmm:D sei nur deshalb nicht auf den Fotos, weil er, überwiegend vor Löchern in der Wand der Herrentoilette kniend, sich über den CoB "old school" gig mit Songs von 2000 gefreut hat. Quasi vintage und Antiquariat pur!!!!!
Davis trägt schon seit mindestens 15 Jahren kein Adidas mehr auf der Bühne ...