laut.de-Biographie
Nicola Conte
"Natürlich liebe ich brasilianische Musik. Aber warum immer zuerst einmal Bossa Nova fällt, wenn man meinen Namen erwähnt, ist mir ein Rätsel" (Nicola Conte).
Bossa Nova ist es also nicht! "Im Altertum haben die Menschen in Bari gegen die Araber und gegen das türkische Imperium gekämpft. Dann kamen die Normannen, die Franzosen und Friedrich II. Dadurch ist Bari im Lauf der Jahrhunderte ein echter kultureller Schmelztiegel geworden", schildert Conte die historischen Einflüsse auf sich und seine Heimat. Damit erklärt er gleichzeitig die ihm eigene Musikstilistik, die nicht nur auf "Rituals" (2008) in einem "Zusammenkommen der Kulturen" mündet.
Contes künstlerische Autonomie fußt ihn einer tiefen Verehrung für die Musik der 50er und 60er Jahre. Denn seine Leidenschaft, die er seit frühester Jugend auslebt, ist das Plattensammeln. Die Vinyl-Affinität spiegelt sich Jahrzehnte später in seinem Studio wider, das fast ausschließlich auf analoges Equipment zurückgreift, "mit echten Bandmaschinen und alten Verstärkern und Mikrophonen. Das ist sehr wichtig für den Sound, den ich erzielen will", erklärt der Eigenwill.
Seit den frühen 90ern mischt der italienische Gitarrist, Songwriter, Produzent, Remixer (u.a. Trüby Trio) und DJ die Szene auf. Daran ist das Fez-Kollektiv nicht unschuldig, das Conte mit einigen Mitstreitern Anfang der 90er in Bari mitbegründet. Das Fez-Kollektiv versteht sich als Schmelztiegel befreundeter Kreativlinge, die auf einen ähnlichen kulturellen, intellektuellen, politischen und musikalischen Background zurück greifen. "Sie waren kulturelle Unruhestifter, emotionale Träumer, kompulsive Vinyl-Sammler, Leute, die nach einem kultivierten Beat und Büchern von Revolutionären wie Jean-Paul Sartre und Boris Vian verrückt waren", heißt es über die bunte Truppe.
Auch der Acid-Jazz, der in London seine Blütezeit erreicht, hat es den Schwärmern und Denkern angetan. Besonders Nicola Conte macht sich für den neuen Sound stark und importiert ihn in die heimatlichen Clubs. Für einiges Aufsehen in der Szene sorgen seine damaligen DJ-Sets, die u.a. Bossa Nova, Italo-Western (Filmmusik), Jazz und Psychedelic zu einem individuellen Stil verknüpfen.
Beflügelt von seinem kreativen Geist, beschließt er Ende der Dekade, sich ganz auf die Musikproduktion zu konzentrieren. Er arbeitet als Remixer, produziert für Schema Records und verpasst einigen wichtigen Releases den richtigen, 'seinen' Sound. Es verwundert kaum, dass er sich 1999 an die Aufnahmen eines eigenen Longplayers macht: "Jet Sounds" erscheint 2000. Es beschert ihm begeisterte Kritiken und volle Clubs. 2002 erscheint sein Debütalbum in der Remixversion. Mit von der Partie sind u.a. Koop, Thievery Corporation und Kyoto Jazz Massive.
2004 erscheint der Lohn seiner bisherigen Mühe in Form des regulären "Jet Sounds"-Nachfolger. Denn für das akustische "Other Directions" steht der Italiener bereits unter der Schirmherrschaft des legendären Blue Note-Labels! Erstmals haben auch Till Brönner und Lisa Bassenge ihre Finger im Conte-Spiel. Im Anschluss daran optimiert er erst mal seine Fähig- und Fertigkeiten auf der Gitarre. 2008 meldet er sich mit dem multikulturellen "Rituals" zurück: "Ich kann nicht glauben, dass immer noch im Namen von Religion getötet und im Namen von Demokratie ausgebeutet wird. Man kann nicht Jazz lieben und nicht von diesen Dingen betroffen sein. Das ist für mich ein großer Widerspruch".
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