laut.de-Kritik

Trouble Makes Good Songs? Dann sind Northern Lite super glücklich.

Review von

"Sänger und Songwriter Andreas Kubat beschreibt das Auf und Ab eines Künstlers, eines Musikers, der seine Passion und seine Kraft verliert, um sie dann wieder zu finden. Vielleicht spricht er aber auch aus der Seele eines Liebenden, der sich auf die Berg- und Talfahrt des Lebens einrichtet und den bequemen Sitz gegen einen kantigen und neuen tauscht", fabuliert der Pressezettel über das neue Northern Lite-Album "Shuffle Play". Vielleicht erzählt er aber auch von einem Krapfen, dem auf einer Seite die Marmelade heraus quillt. Oder von einem schielenden Nilpferd mit einer kunterbunten Windradmütze, das auf der Suche nach dem großen Murks den Mars umkreist. Wer weiß das schon.

Eines können wir an dieser Stelle schon ziemlich sicher ausschließen: Ein Elektropop-Album, das mit gelungenem Songwriting überzeugt, ist "Shuffle Play" nicht. Moment, es hat Längen und Schwächen, aber mit "Staring At The Sun" und "I See A Darkness" auch zwei wirkliche gute Stücke zu bieten. Nicht umsonst lesen sich die Facebook-Kommentare unter dem letztgenannten wie folgt: "Wow. Wieder ein super klasse Lied von euch", "Kurzfassung: ein Brett. Einfach nur ein Brett. Danke!", "Hammmmmmmmeeeerrrrrrr........"

Aufgeschlossene Musikhörer dürften das Problem an der Sache bereits erkannt haben: Die beiden Nummern sind genauso wenig von Kubat wie das abschließende "Clocks". Die Highlights auf "Shuffle Play" gehen auf das Konto von TV On The Radio, Will Oldham und den überaus ärgerlichen Coldplay. "I See A Darkness" funktioniert in den Händen von Johnny Cash, Der Nino aus Wien, Acid Pauli - und selbst Northern Lite bekommen den Track nicht klein.

"Clocks" wäre in dieser Version ein Jahr nach "A Rush Of Blood To The Head" noch ein wohlwollendes Lächeln wert gewesen. Auf einem Sampler, Seite an Seite mit Mathias Schaffhäusers Icehouse-Cover "Hey Little Girl". Nun kommt die Umsetzung zehn Jahre zu spät. Kubat fällt nichts anderes ein, als das Stück mit einem Bummsbeat zu unterlegen, das Klavier durch elektronisches Geplucker zu ersetzen und sich ansonsten komplett an die vorgegebene Dramaturgie zu halten. Anders ausgedrückt: Das Lied würde fantastisch auf die neue Coldplay "A Head Full Of Dreams" passen.

Natürlich stellt ein Cover keinen schwerwiegenden Verstoß gegen die Rechtsordnung einer Gesellschaft dar. Ganz im Gegenteil. Denn all diese Tracks lassen sich in jedes Genre verpflanzen. Ganz einfach weil ihre DNA stimmt. Weil ihnen eine Idee zu Grunde liegt, die über das Arrangement und das Genre hinausgeht. Aber im direkten Vergleich wird schnell klar, dass man all dies über die eindimensionalen Songs von Nothern Lite eben nicht behaupten kann. Im Country bliebe von einem Nullstück wie "Everyone" nur trockener Würfelhusten übrig.

Der künstlerische Stillstand hat sich auf dem elften Northern Lite-Album nicht eingeschlichen, er trampelte bereits durch die letzten Longplayer "Memory Leaks" und "Ten". Befreit man "Wonder Why" und "Who You Are" erst von ihrer gestrigen Klangsoße, bleibt nur noch triste Langweile übrig. "Get myself in trouble, trouble makes good songs", singt Kubat in "Trouble Makes Good Songs". Entweder hat der Kerl ein wirklich bombastisch schönes Leben, was wünschenswert wäre, oder er widerlegt seine eigene These, noch während er die Worte singt.

Wenn also auf einer Depeche Mode-Party die frühen Camouflage-Hits durchgespielt wurden, De/Vision bereits den Rest der Crazy Party People vor die Tür gekehrt haben und es dem harten Kern, der partout nicht nach Hause möchte, immer noch nach einer Kopie der großen Helden verlangt, dann greift der DJ in Verzweiflung zu Northern Lite. Irgendwo da draußen ist immer 1997. It's No Good.

Trackliste

  1. 1. Staring At The Sun
  2. 2. Who You Are
  3. 3. Leave
  4. 4. You Are Not Alone
  5. 5. Trouble Makes Good Songs
  6. 6. Hey My Friend
  7. 7. I See A Darkness
  8. 8. Wonder Why
  9. 9. Everyone
  10. 10. Clocks
  11. 11. London (Luis Kolben Remix)
  12. 12. Reach The Sun (Westbam Remix)
  13. 13. My Pain (The Hacker Remix)

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1 Kommentar

  • Vor 8 Jahren

    Die Welt dreht sich rechtsherum. Marmelade ist süß. Und ich höre was mir gefällt. Wie käme ich dazu mein Urteil über anderer Fleiß auszugießen?! Lecken,schmecken... Mondgesicht verstecken. Und mir noch einen schönen Abend.