laut.de-Kritik
Ohne Nora Tschirner, dafür mit Melancholie und Leichtigkeit.
Review von Markus BrandstetterIhre Bekanntheit bei einem breiteren Publikum verdanken PRAG weniger ihrem imposant arrangierten cineastischen Chanson-Pop, sondern in erster Linie Schauspielerin Nora Tschirner. Die war nämlich für einige Zeit Frontfrau der Berliner Band, stieg allerdings nach dem Longplayer "Kein Abschied" aus der Gruppe aus. Man hatte unterschiedliche Vorstellungen, so die offizielle Begründung. Zwei Jahre später geht es also tschirnerlos in die Zukunft – mit dem neuen Longplayer "Es War Nicht So Gemeint".
Weil eine weibliche Stimme mancherorts aber doch fehlte, holten sich die verbliebenen Bandmitglieder Erik Lautenschläger und Tom Krimi Josephin Busch an Bord, ebenfalls eine Schauspielerin und Sängerin. Die duettiert mit Lautenschläger auf drei Stücken, "Der Moment", "Der Mond" und "Es Scheint".
Stimmlich und stimmungstechnisch passt das gut. Es regiert immer noch die Vorliebe zum ganz großen Arrangement, zu Orchestern und Imposanz, zu Pathos und Drama. Nur, dass PRAG diesmal noch doppelt und dreifach so stark auf die Tube drücken, noch größere Dynamiken und dichte Klangbilder schaffen.
Dabei verkommt das Orchester allerdings nie zum Selbstzweck. "Es War Nicht So Gemeint" besteht erneut aus substanziellen Popsongs, die auch reduziert auf das Grundgerüst großteils bestens bestehen könnten. Müssen sie aber nicht: PRAG betten ihre Stücke aber in orchestrale Watte. An allen Ecken und Enden gibt es etwas zu entdecken, hier den Klang eines Cembalos, dort einen Bläsersatz oder großflächige Streicherbögen.
Dabei zeichnen sie Stimmungsbilder rund um die immerwährenden Sehnsüchte und witzige Alltagsbeobachtungen, zum Beispiel bei "Der Moment", bei dem sich großer Streicherpathos mit Spoken Word-Befindlichkeiten des Zusammenlebens treffen. Ihr Handwerk, die Kombination von vermeintlichem leichtfüßigen, aber immer etwas melancholischem Pop, Hymnenhaftigkeit und Hörspielcharakter haben Lautenschläger und Krimi (das wäre im übrigen auch ein perfekter Team-Name für TV-Kommissare!) perfektioniert.
"Die Wehmut und die Sehnsucht, die kennen sich schon lang / in hellen, klaren Nächten, da treffen sie sich dann / Sie sitzen dicht beisammen, bis der Mond vom Himmel fällt / Und streiten unermüdlich über den Titel 'Das schönste Wort der Welt", heißt es in "Das Schönste Wort Der Welt", und dramatische Pizzicato-Streicher treffen auf schwere Bläsersätze. "Die Wehmut blickt ins Dunkel, was auch immer sie dort sieht / Füllt sie mit tiefer Trauer, doch finster wird sie nie / Das ist nicht zu begreifen, nein, auch Logik hilft hier nicht / Es bringt sie fast zum Leuchten / Wenn das Sehnlichste unerreichbar ist."
Melancholie und Leichtigkeit, Cineasmus und Sehnsüchte: "Es Ist Nicht So Gemeint" ist eine durch und durch geglückte Platte, bei der sich alleine wegen der durchdachten und imposanten Orchestrierung mehrere Hördurchgänge mehr als lohnen.
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