laut.de-Kritik

"When you're dead, life is just a bitch."

Review von

Die Musik des begnadeten Geschichtenerzählers und Postpunk Pioniers Paul Roland war schon immer eine eigentümliche Mischung aus Vergangenheit und Gegenwart. "Bates Motel" setzt noch einen drauf. Die Story zur Platte wirkt selbst wie eine seiner phantastischen Erzählungen. Sie reicht weit zurück. Als Roland 1985 im Rahmen seiner Nebentätigkeit als Musikjournalist Nico, Moe Tucker und Sterling Morrison im Rahmen eines Velvet Underground-Interviews kennen lernte, versäumt der smarte Brite es nicht, beiden gegenüber klarzustellen, von wem sie hier eigentlich befragt werden.

Der Funke springt sofort über und man verabredet ein gemeinsames Musikprojekt samt zugehöriger LP. Euphorisch komponiert Roland sich die Finger wund. Doch die Lieder stehen unter keinem guten Stern. Technische Inkompatibilität ihrer Bandmaschinen und die große Distanz verhindern die geplante Zusammenarbeit. Es soll fast 30 Jahre dauern, bis der Mann aus Kent die Perlen ordentlich einspielt und sie endlich das Licht der Welt erblicken lässt.

Erwartungsgemäß sind die schönen Lieder ein echtes Spektakel für Fans und Novizen. Der versponnene Genius war Mitte der 80er ohnehin so richtig in Fahrt. Und die Freude, mit eigenen Idolen zu arbeiten, scheint ihn komplett entfesselt zu haben. Mumien, Monstren, Mutationen im maßgeschneiderten Mantel aus Rock, Psychedelia und mystischen Folk. Alles garniert mit einem ordentlichen Schuss liebenswerter B-Movie Ästhetik von den Hammer Studios bis hin zu Grindhouse. Das Artwork wirkt ein wenig als hätten sich Edgar Allen Poe und die Cramps zum Dinner versammelt.

Mit unschlagbarem English Humour geht es auf "I Was A Teenage Zombie" gleich los. Der Zombie bekommt wegen seines rottigen Äußeren kein Date, seine Freundin liegt in den Armen eines anderen und der schöne Schlitten ist auch futsch. "When you're dead, life is just a bitch." Wurde Zeit, hier mal den faulenden Finger auf den wunden Punkt zu legen.

Danach kurzes Einchecken in "Bates Motel". Schöne "Psycho"-Varioation zu passend psychedelischen Popklängen. Selbst für erfahrene Roland-Fans ein echter Höhepunkt und definitiver Anspieltipp für Einsteiger. Sehr schönes Detail, wenn Norman zum Hotelgast sagt: "Meine Mutter ist schon seit einiger Zeit nicht mehr sie selbst!" Ähnlich hypnotisch gerät die Melodie von "Wailing Well".

Dem Einfallsreichtum sind keine Grenzen gesetzt. Hier und da noch ein paar folkende Streicher zur Abrundung. Alles perfekt songdienlich pointiert und nicht eine Sekunde eklektisch oder gar überladen.

So geht das in einer Tour weiter. Gern lässt man sich von Fu Manchus Tochter foltern ("Tortured By The Daughter Of Fu Manchu"), gibt sich dem suggestiven Sog großartiger Rockmomente hin ("The Light Of Life Drains Out Of Me") oder verliert sich in den musikalischen Gruselkabinettstückchen des exotischen "Katmandu". Für Eingeweihte: Letzteres ist eine Art Bastard seiner Klassiker "Buccaneers" und "Cairo".

Nahezu jeder einzelne Text strotzt vor Details, die den historisch, mythisch und (pop)kulturell hochgebildeten Paul Roland als echten Kenner und brillanten Entertainer ausweisen. Bereits nach dem ersten Durchlauf hängt man an der Plattennadel. Ein großes Spätwerk und hoffentlich nicht das letzte.

Trackliste

  1. 1. I Was A Teenage Zombie
  2. 2. Kali
  3. 3. Bates Motel
  4. 4. How I Escaped From Devil's Island
  5. 5. The Wailing Well
  6. 6. Tortured By The Daughter Of Fu Manchu
  7. 7. The Light Of Life Drains Out Of Me
  8. 8. Katmandu
  9. 9. Promised Land
  10. 10. Crazy
  11. 11. Cain
  12. 12. I'm In Love With Myself (Bonus Track)

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