laut.de-Kritik
Die jungen Wiener nehmen gerade erst Fahrt auf.
Review von Amelie KöpplSagen wir es so, Ja, Panik wären schon ein ganz passender Vergleich für dieses unverbrauchte Trio aus Wien. Aber wenn Pauls Jets es jemandem einfach machen wollen würden, wären wir nicht hier. Nein, nicht mit ihnen. Pauls Jets, benannt nach dem Leadsänger, wollen größeres, gieriges, allgegenwärtiges. Auf einfache Vergleiche sind sie gar nicht erst angewiesen.
Zwischen die Welten von österreichischen Musiklieblingen unterschiedlichster Ausprägung wie Mavi Phoenix, Wanda, MoneyBoy oder Bilderbuch packen Paul Hochhaus, Xavier Plus und Romy Park ihr eigens gekochtes Süppchen. Ihre dreiste Experimentierfreudigkeit breiten sie auf ihrem Debüt "Alle Songs Bisher" spielerisch aus und bleiben von vorne bis hinten ihrem ersten Hit treu: "Üben Üben Üben".
Knackig geht es mit einer Handvoll Songs los, die wie für die Nacht auf der Tanzfläche gemacht sind. Mal wild ("Ich Will Dich Lieben, Baby"), mal eng umschlungen ("22703"), mal kurz vor dem heimlichen Abschied ("Sollen Wir Tschüss Sagen Und Gehen?"). In Song Nummer sechs gibt's mit "Du Wirst Schauen Was Noch Alles Rap Sein Wird" feat. R€ktor Bu$t eine 180-Grad-Wende in Form eines kurz verschnaufenden Interludes.
Ganz im Feeling der zutiefst hoffnungsvollen Einsamkeit einer späten Nacht am Wiener Gürtel präsentiert sich "Die Häuser Schauen Schief Aus". Man kann den Mond und die Sterne am Firmament spüren, während sich Pauls Jets schon in der Mitte ihres Albums einen hoffnungslosen Rausschmeißer gönnen, der mit dem Booklet im Einklang steht.
"Wo Stehst Du Mit Deiner Kunst, Baby?" maßt sich anschließend eine tatsächlich punkige Kunststudenten-Attitüde an. Ob der Songtext zwischen unverhältnismäßig schnellen Riffs wirklich so spöttisch gemeint ist, wie er daherkommt, lässt sich nur erahnen. Einen kleinen Trip nach Indien gibt's in "Art Brut". Flirrende Sitar- und E-Gitarrenklänge ziehen uns hierbei weiter hinab in das musikalische Tohuwabohu der Band.
Animalisch vorwärts trabt "Ich Will Nie Wieder Weg" verträumt hingegen folgt die jüngste Singleauskopplung "Diese Villa Ist Verlassen". Nach der kantigen Synthie-Tradition der 80er läuft "Fresha Fruscianteya", lässiger Indie fließt durch "Ich Komme In Den Park".
Gegen Ende versuchen Pauls Jets sich auch noch an Lo-Fi-Sounds ("Alles Gute Zum Geburtstag") und dem surfigen Titeltrack "Alle Songs Bisher". Kein Wunder, denn die Jungs und das Mädel haben keine Lust auf vorschnelle Kritikerurteile. Man muss sie sich erhören, erspüren, sie Song für Song entdecken. Die Wiener haben ein schier unerschöpfliches Sammelsurium an musikalischen Interessen und mindestens genauso viel Neugierde, die gerade erst an Fahrt aufnimmt.
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