laut.de-Kritik
Solide zwischen Portishead und The Knife - mehr nicht.
Review von Sven KabelitzWas erwartet man, wenn eine Band aus Finnland kommt, Phantom heißt und ihr Debüt "MMXXII" nennt? Pandaschminke! Böse dreinblickende Metal-Jungs in Kutten und Lederoutfits. Aber unser unglaubliches Leben steckt immer wieder voller Überraschungen.
Den Longplayer umgibt eine andere Art der Düsternis. Knarzender Elektro-Pop und nervösen Beats mit deutlicher Portishead- und The Knife-Schlagseite, zu dem auf dem Backcover eine Frau gedankenverloren mit einem Skelett tanzt. Der Duft der Nacht und Melancholie verbinden die einzelnen Songs.
Der Titel "MMXXII" steht für das Jahr, in dem Jazz-Sängerin und Dichterin Hanna Toivonnen und der für das Soundgerüst verantwortliche Tommi Koskinen zusammenfanden. Man kann ihnen nicht vorwerfen, dass sie das Album übers Knie gebrochen hätten. In der Zeit traten sie mit Bonobo und SOHN auf und spielten sich in die Herzen von The XX.
Das über die ganze Spieldauer grundsolide und niemals schlechte Songwriting und die ausgereifte Produktion täuschen jedoch nicht darüber hinweg, dass Phantom die entscheidende Eigensinnigkeit fehlt, um sich von anderen, ähnlichen Bands deutlich abzugrenzen.
Fein gesetzte Nuancen halten die Spannung auf "MMXII" am Leben. Die von einem schweren Rythmusgebilde unterlegte Tristesse im Opener "Intro + Lost". Die Dramaturgie von "Smoke", und die glasklare, variantenreichen Beats in "Kisses". Toivonnen verfügt über eine angenehme, warme Stimme, der aber das Unverwechselbare abgeht.
Phantoms Debüt "MMXII" fehlt zwischen den durch das Dunkle strahlenden Synthesizern, den vibrierenden Bässen und Hannas Gesang noch die eine, entscheidende Idee. Jener Funke, der sie aus dem Schatten ihrer Vorbilder heraustreten lässt. Die Überraschung, die unser Leben unglaublich macht.
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