laut.de-Kritik
Keine Hooks, kein Schema F: 35 MCs geben 41 Tracks eine Stimme.
Review von Alexander AustelDas Label Stones Throw ist so etwas wie der musikalische TÜV für Hip Hop und seine geheimnisvollen Nebenstraßen. Was durch die strengen Qualitätskontrollen kommt, das hat es in sich. Dem Stammesführer Peanut Butter Wolf kann man vertrauen wie einem Blindenhund. Was er dem alternativen Rap-Fan zum Fraß vorwirft, enthält im Falle von "Quakers" eine Menge Ballaststoffe: Das schwerverdauliche Material öffnet sich dem Hörer erst nach einer gewissen Zeit und mehreren Durchläufen. Dafür führt es aber zu lang anhaltendem Hörspaß par excellence.
Portisheads Geoff Barrow krallt sich mit Katalyst einen Produzenten mit Gespür für feinste Chill Out-Samples und komplettiert das Produzenten-Trio mit 7Stu7, der ebenfalls aus dem Dunstkreis des Trip Hop-Quartetts aus Bristol stammt. Über die unergründlichen Wege des weltweiten Webs gelangen 35 MCs aus allen Herren Länder auf die Platte und verpassen den 41 Tracks eine Stimme.
Trennt man sich erst einmal von dem Schema F einer Hip Hop-Scheibe, erschließt sich einem der Zugang zu diesem wahllos wirkenden Einfluss-Durcheinander von oft elektronischen, teils dröhnenden oder fiepsenden, nicht zuzuordnenden Allerweltsgeräuschen. In einer furchterregenden Synthie-Gegend, in der tiefe Bässe röhren ("Big Cat"), rumpelt ein zu Bestform auflaufender Guilty Simpson gegen einen vor Wut schäumenden Beat ("Fitta Happier"). Rap-Neuling Coin Locker Kid stolpert in diesem knarzenden Dickicht über ein russisches Sample ("Russia With Love"), ehe auf der Lichtung "Sidewinder" Zeit zum Luftholen bleibt.
"Wir wollten kein Neuland erschließen, sondern einfach ein aufregendes Hip-Hop-Album machen, denn wir sind von dem anderen Stuff gelangweilt", gibt Mastermind Barrow alias Fuzzface gegenüber Backspin zu Protokoll. "Wir wollten Dinge zerhacken und es knallen lassen." Und das gelang dem Produzenten-Trio auch hervorragend.
Wer jetzt meint, sich diese querstellenden Beatkonstrukte mal eben kurz an der Strandbar mit einem Caipi runterspülen zu können, irrt gewaltig. Was beim ersten Antesten klingt wie eine vollgestopfte Besenkammer, in der dominoartig sämtliche Regale herunterprasseln ("Dark City Lights") oder die im Instrumental "Kreem" eingestreuten Dschungel-Rufe für Verwirrung sorgen.
Obwohl auch mal auf "The Beginning" ruhige, melancholische Bläser und Rasseln auftauchen, kurzzeitig für einen höheren Wellengang sorgen und alsbald wieder in der Versenkung verschwinden, haben die Quakers hier kein Easy Listening am Start. Wie auf dem Cover dargestellt, reißen sie tatsächlich tiefe Furchen auf und ziehen den roten Faden gleich hinter sich her.
Hier biedern sich weder Hooks noch abwechselnde Reimparts den radioverseuchten und Mainstream gewohnten Lauschern an. Kaum ein Track knackt die Drei-Minuten-Marke, was einem einlullenden Kettenkarussell-Effekt entgegenwirkt. Durch die kurzen Parts kommen die Protagonisten hinter den Mics prägnant auf den Punkt, vermeiden unnützes Gesabbel und gestalten so ein kurzweiliges Hörerlebnis.
Neben bekannten Gesichtern à la Aloe Blacc (er stellt auf "Sign Language" seine Rapkünste unter Beweis), MED oder General Steele tummeln sich auch Newcomer wie Jonwayne oder der drei mal gefeaturte Coin Locker Kid herum. Eine tolle Auswahl ohne Ausfälle, die einen transkontinentalen Zusammenschluss zwischen Sydney, London, New York, Detroit und Los Angeles herstellt.
4 Kommentare
Rein von den Features her klingts wie ein feuchter Traum (no homo)
Wow das Ding macht spass, allerdings fällts bei der Flut an Tracks und MCs schwer zu erkennen wer gerad am Mic ist. Allzu leicht verliert man die Konzentration bei dem Wust, aber trotzdem den Kauf wert, für jeden der auf Stones Throw Sound steht. 4/5 vom mobeat!
Schon bezeichnend, das keiner von den selbsernannten Hop Hop Heads hier keiner ne Meinung zu den Quakers hat.
heftig vordernde scheibe wenn man immer wissen will, wer gerad am kicken ist. und was für monsterbeats da-yamn!