laut.de-Kritik
Achtbares Debüt der neuen deutschen Soul-Hoffnung.
Review von Sven KabelitzDie neueste deutsche Soul-Hoffnung hört auf den Namen Rhonda. Rhonda was, Rhonda wo, Rhonda wer? Wer ist diese Dame, die mit ihrem Debüt zu "Raw Love" aufruft? Wir wissen es nicht, denn wie so oft handelt es sich dabei nicht etwa um die Sängerin.
Die Frontfrau mit der versierten Stimme nennt sich nämlich Milo Milone. Ihr zur Seite stehen eine Schar alter Bekannter, unter denen die umtriebige Seele Ben Schadow (Gitarre) besonders hervor ragt. Bei Bernd Begemann und die Befreiung spielt er Bass, arbeitete aber ebenso bereits mit Kettcar, Olli Schulz & der Hund Marie, Dirk Darmstaedter und vielen anderen zusammen. Offer Stock (Orgel) und Gunnar Riedel (Schlagzeug) spielten bis zum bitteren Ende bei den Trashmonkeys zusammen. Nur Bassist Jan Fabricius verdiente sich seine Stahlsaiten bisher als Studiomusiker im Dienste von Gunter Gabriel, Right Said Fred aber auch Adam Holzman.
Gemeinsam gelingt den fünf Soul-Freunden einiges. Die elf Songs vereint ein Gespür für vollmundiges Songwriting, mal fröhlich, mal melancholisch, mit ausgefeilten Arrangements ohne jeglicher Piefigkeit. Sie wissen, wie man eine fesselnde Melodie einsetzt, nutzen diese Kenntnis jedoch nicht immer effektiv. Mit dem übertriebenen Refrain in "Sound Of Soda" schießen sie beispielsweise über das Ziel hinaus.
Stets im Mittelpunkt steht Milone, deren Stimme geschickt mit sämtlichen möglichen Emotionen spielt. Eben noch klar, warm und deutlich, kann sie im nächsten Moment schon über das Leid des Lebens stolpern und zerbrechen. Verspielt sucht sie jemanden zum Ankuscheln, nur um ihn im nächsten Moment anzukrächzen und zu kratzen. Sicher sollte man sich bei ihr nie fühlen. All dies setzt Milone bewusst, makellos aber niemals überkandidelt ein und hebt sich so von vielen ihrer Kolleginnen ab.
Rhondas Problem? Ecken und Kanten haben die Musiker in ihren anderen Bands zurück gelassen. Sie bedienen sich in einem wohl sortierten Supermarkt, in dem jedes Produkt an seiner gut sichtbaren Stelle steht. Ein bisschen Motown, ein Pfund rauchige Orgel, eine Flasche Dusty, ein Päckchen scheppernde Percussion, ein Laib Film Noir und der Einkaufswagen ist noch lange nicht voll. In diesem Laden, einem einstigen Geheimtipp, trampeln sich spätestens seit "Back To Black" die Musiker auf den Füßen herum. Um hier noch aus der Masse heraus zu stechen, muss man im Jahr 3 n. Win. schon etwas besonderes finden. Eben dieses ganz Besondere fehlt Rhonda. Raw ist hier gar nichts.
"Terrible Lie", "Camera" und "Come With Me" verfügen über einen nahezu euphorisierenden Ohrwurmfaktor, wobei mir "That's How I Roll", das dunklere verzogene Geschwisterchen dieser drei Tracks, mit seiner "Keep Me Hangin' On"-Gitarre mehr zusagt. Sobald Rhonda leicht von ihrem schnell ins berechnende und klischeehafte abdriftende Klangbild abweichen, entstehen auf "Raw Love" die spannendsten Momente.
"Here Lies" bietet zumindest in den Strophen Anlehnungen an Latin und Jazz-Rock, während eine hasserfüllte E-Gitarre das wütende "I Need No Help" durchtrennt, das Highlight auf "Raw Love". "Bruno" versucht sich im Ska-Bereich, endet aber trotz seiner beschwingten Melodie als einfache Reproduktion.
Mit "Raw Love" modellieren Rhonda ein beachtenswertes Debüt. Einzelne Momente zeigen deutlich, dass in dieser Band mit etwas mehr Mut zum Abseitigen viel mehr stecken könnte. Momentan fehlt ihnen noch ein wenig der eigene Charakter um musikalisch, nicht etwa kommerziell, aus der Masse herauszustechen. So bleibt erst einmal nur gut produzierter Blue Eyed Soul, bei dem die ganz große Begeisterung aus bleibt.
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