laut.de-Kritik

Das erste Metal-Highlight 2024 - auf zu den Sternen!

Review von

1988 veröffentlichten Scanner mit "Hypertrace" ein Kleinod des melodischen Speed Metals. Sie waren die erste Band, die ein reines Sci-Fi-Konzeptalbum droppte und mussten sich mit ihren schnellen Nackenbrechern wie "Warp 7" oder großartigen Hymnen wie "Across The Universe" nicht hinter dem helloween'schen Klassenprimus verstecken. Leider hoben die Gelsenkirchener niemals ab. Die Welt war damals noch nicht bereit für die fantastischen Stories, der Power Metal-Hype der 2010er noch Grunge- und Nu Metal-Lichtjahre entfernt - und so musizierten die Jungs um Gitarrist und Gründer Axel Julius in wechselnder Besetzung stur und stoisch im Untergrund, ohne jemals die Klasse des Debüts zu erreichen. Bis heute. Bis zu "Cosmic Race".

Vom ersten "The Earth Song" an spürt man den Fokus und die Spielfreude der Band. Auch wenn die Drums von Patrick Klose etwas hölzern und flach klingen, entwickelt sich der Opener mit seinen harten und präzisen Gitarrenriffs, dem spannungsgeladenen Pre-Chorus und dem wunderbar pathetischen Refrain schnell zum garantierten Faustschüttler. Damit hätten Scanner eh bereits einen Strich auf der Habenseite, doch im Laufe des Stücks fügen sie mit Breaks, Soli, deutschsprachigen, an Sodom erinnernden Parts und einer Art Stammesgesang als Bridge eine Tiefe hinzu, die in einer Zeit des flachen (Pop) Power-Metals extrem positiv überrascht. Hier ist eine echte Metal-Band am Werk, die weiß, was sie tut.

"Face The Fight" pumpt als Bass getriebener Midtempo-Mosher. Sänger Efthimios Ioannidis - immerhin auch schon über zwanzig Jahre dabei - klingt hier wie eine bessere Version von Dave Mustaine, auch die Gitarrenarbeit erinnert zuweilen an Megadeth. Der Refrain jedoch strahlt heller als eine Discokugel in den 80ern - doch ohne aufgesetzt zu klingen. "Warriors Of The Light" pendelt zwischen Maiden und Manowar. Storytelling, Chöre, Tempi-Wechsel - nur Visigoth haben dies in jüngster Vergangenheit so gut durch die Boxen geblasen wie Scanner. "Dance Of The Dead" drosselt mit schwerem Doom Rock dann das Tempo, überzeugt aber auch hier wieder mit spannenden Harmonien und bekannter Catchiness.

Natürlich ist auch "The Cosmic Race" ein Sci-Fi-Konzeptalbum, jedoch mit aktuellem Bezug und verwurzelt in der Gegenwart. Die Erde ist unbewohnbar und die Menschheit sucht in der zweiten Albumhälfte ihr Heil in den Sternen. Bei der powerballadesken Hymne "A New Horizon" stehen die Synthies im Vordergrund, während der Aufbruch zu den Sternen beginnt. Bei "Farewell To The Sun" symbolisiert der galoppierende Rhythmus jenen Start ins Ungewisse, man schwoft förmlich Richtung Sonne. Die Riffs erreichen erneut Tipton-Downing-Niveau, während der Pre-Chorus den Refrain wunderbar vorbereitet wie Nikola Jokic die Körbe der Denver Nuggets.

Dass es jedoch auch im Weltall nicht immer friedlich zu geht, beschreiben Scanner in "Space Battalion". Für den Song klauen sie Mustaines mächtiges "Countdown To Extinction"-Riff, ergänzen es aber mit dem bewährten Melodic Bombast und von Minute vier bis fünf, dann gar mit Accept-Styles inklusive "Balls To Wall"-Gang-Shouts. Was für eine Spielfreude! Nur "The Last And First In Line" fällt zum Schluss etwas ab. Trotzdem: Scanners "The Cosmic Race" ist ein Highlight des noch jungen Metal-Jahres 2024. Auf zu den Sternen!

Trackliste

  1. 1. The Earth Song
  2. 2. Face The Fight
  3. 3. Warriors Of The Light
  4. 4. Dance Of The Dead
  5. 5. Scanner's Law
  6. 6. A New Horizon
  7. 7. Farewell To The Sun
  8. 8. Space Battalion
  9. 9. The Last And First In Line

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