laut.de-Kritik
Von Paris nach Rio und zurück.
Review von Dominik KrausUm die ständig wechselnden Befindlichkeiten, Hypes und Moden im und rund um's Popbusiness hat sich Sebastian Tellier nie ernsthaft geschert. Mit sympatischer Beharrlichkeit zieht er sein leicht verschrobenes Franzosen-Pop-Ding durch, in dem es viel um die Liebe, das damit verbundene Leiden und das bitter-süße Leben an sich geht.
Dabei ist sich der Ex-Grand Prix Eurovision Starter zwar in seinem Grundkonzept sets treu geblieben, hat jedoch durchaus verschiedene Ecken seines musikalischen Kosmos ausgeleuchtet. Auf seinem sechsten Album "L'Aventura" begibt sich Tellier mit seinem Franko-Pop-Ansatz in die tropische Hitze Brasiliens und zitiert den Bossa.
Produziert wurde das Album unter anderem in den Studios von in den Studios von Jean-Michel Jarre, Bernard Estardy und Philippe Zdar, was die geschickt und dezent eingewobenen Elektronik-Sprengsel, die immer wieder zwischen den lateinammerikanischen Rhytmen hervorblitzen, erklärt. Ansonsten ist die Produktion schlicht perfekt, die Songs pendeln in ihrem Charakter zwischen extrem laid back und leicht beschwingt.
Erstmals veröffentlicht Tellier ein ganzes Album mit ausschließlich französischem Gesang, wobei er sich vom Gesang in einigen der gehauchten bzw. gesprochenen Passagen ganz offensichtlich an Serge Gainsbourgh orientiert, dem Übervater des 70er und 80er Franzosenpop. Überhaupt lassen sich im ganzen Auftreten mit dem leicht nachlässgem Kleidungsstil sowie in der Leichtigkeit, mit der Tellier seine musikalischen Ideen vorbringt, Parallelen zu Gainsbourgh erkennen.
Doch auch wenn "L'Aventura" ein rundes, in sich stimmiges, höchst professionell produziertes Album ist, so wirkt es doch auf Dauer ein wenig einschläfernd, kreist allzu selbstreferentiell um die wie immer leicht melancholischen Vokaleinlagen von Tellier und lässt bei aller Schönheit ein wenig die Spannung, die Finesse vermissen. Das gilt nicht für die einzelnen Songs, die eigentlich jeder für sich ganz gut funktionieren. Doch auf Albumlänge fehlt der Spanungsbogen, klingt das allzu routiniert.
Eine Ausnahme ist das herrlich seltsame und auf interessante Weise elektrofunkig vorgetragene "Ambiance Rio", bei dem Tellier zeigt, wie es funktionieren kann und auf welchem musikalischen Niveau er sich eigentlich bewegt. Hier tritt er wirklich das Erbe von Gainsbourgh an, verbindet Verwunderliches mit Eingängigem, verlässt das manchmal allzu seichte Wasser der Pop-Produktion. Ebenfalls erwähnenswert ist die gut 14 Minuten lange, leicht bizarre Reise, auf die uns der Meister in "Comment Revoir Oursinet?" mitnimmt.
Hier mischt sich vieles, was sich ansonsten nicht immer mischen lässt, und lässt ebenfalls erahnen, dass bei Tellier mit "L'Aventura" noch lange nicht das Ende der kreativen Fahnenstange erreicht ist. Das eigentliche musikalische Abenteuer des Sebastian Tellier könnte noch in der Zukunft, dem unbekannten Land, zu finden sein.
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