laut.de-Kritik

Vom Hippie zum Hardrocker, aus der Hängematte vor die Bühne.

Review von

Wer den Rock der Sechziger und Siebziger Jahre liebt und/oder in dieser Zeit musikalisch geprägt wurde, hat es derzeit ziemlich gut. Die schon seit einer geraumen Weile anhaltende Retro- und Revival-Welle spült nicht nur antike Tonträger-Formate wie die Vinyl-Schallplatte wieder nach oben. Obendrein gibt es eine Menge junger Bands aus allen Kontinenten, die dem Feeling und den Sounds dieser eigentlich längst vergessenen Tage nachspüren und dies alles oft sehr beseelt und kompetent in die Gegenwart transponieren.

In Skandinavien wimmelt es vor solchen musikalischen Vergangenheitsforschern. Mit Shaman Elephant aus dem norwegischen Bergen gesellt sich ihnen nun ein neues Prachtexemplar dazu. Schon das Cover ihres Debüt-Album "Crystals" verweist farbenfroh, unruhig bunt und fantasievoll, dazu mit einem schwungvollen Schriftzug versehen, auf alte Hippie-Zeiten.

Was in dieser psychedelischen Hülle steckt, kommt ihr an Vielfalt und Bewegung gleich und lässt den einen oder anderen Nostalgiker unwillkürlich an Tage denken, in denen man sich während des Genusses allerlei rauchbarer Heilkräuter die Platten von Gong, King Crimson, Procol Harum, Moody Blues und anderen reingezogen hat. Sechs teils recht umfangreiche Stücke lang zelebrieren Shaman Elephant diese alten Zeiten, zum Teil versponnen, zum Teil aber auch bluesrockig hart.

Am Anfang steht das entspannte, federnde Titelstück mit seinen treibenden und wirbelnden Drums, dem vielstimmigen Gesang und seinen forschen, hart rockenden Einschüben, das einen sofort in seinen Bann zieht. Es beeindruckt außerdem mit perlendem E-Piano und kraftvoller Gitarre, die ein paar coole Soli abliefert.

Noch lockerer präsentiert sich das folgende "Shaman In The Woods", das sogar entfernt an Klangfarben des legendären Mahavishnu Orchestra erinnert und mit allerlei psychedelischen Gimmicks, Mellotron-Klängen und einer absolut positiven Stimmung glänzt.

Ein mächtiger Bass leitet "I.A.B." ein und zieht das Tempo und die Härte an. Die Gitarre fängt an zu braten und der Gesang bekommt mehr Biss und mehr Aggression. Die Hippie-Band mutiert hier zu einem echten Hardrock-Act, der dich aus der Hängematte zum Rocken vor die Bühne holt.

Nachdenkliche Klaviertupfer holen dich zurück in mehr nach innen gerichtete Jazz-Rock-Welten. "Tusco", ein wunderschöner, versonnener Nachmittags-Trip, lässt alte Semester beispielsweise an die Hochzeiten von Chick Corea und seiner Band Return To Forever denken. Lustigerweise hat das darauf folgende "The Jazz" mit dieser Art Musik gar nichts zu tun, sondern tummelt sich nach einem harschen Einstieg zwischen der Härte mancher King Crimson-Titel und Keyboard- und Mellotron-Labyrinthen, um am Ende auf eine stampfende Klimax hinzuwalzen.

Das alles erscheint schon proggig genug, aber es kommt noch besser: "Stoned Conceptions" bietet in zwölfeinhalb Minuten noch einmal alles auf, was diese talentierte, einfallsreiche und technisch versierte Kapelle aufzuweisen hat. Es beginnt langsam und dezent, aber man spürt schon im Gesang eine gewisse Anspannung im Hintergrund. Die bricht sich immer wieder Bahn in harten Einschüben wie von Led Zeppelin inklusive einiger Screams à la Robert Plant und fällt zwischenzeitlich in psychedelischem Gewabere zusammen, nur um einen neuen Anlauf zu nehmen und auf einen hymnischen, majestätischen Schluss zuzutreiben.

Wer nicht weiß, dass die Band neu ist, könnte Gefahr laufen, in alten Ton-Archiven nach dieser verschollenen Seventies-Combo zu suchen. Wenngleich der absolute Über-Track noch fehlt, ist dieses Debüt ist ein wirklich starkes Retro-Album mit durchaus eigener Identität.

Trackliste

  1. 1. Crystals
  2. 2. Shaman In The Woods
  3. 3. I.A.B.
  4. 4. Tusco
  5. 5. The Jazz
  6. 6. Stoned Conceptions

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