Shinichi Atobe

Bei kaum einem Producer klafft die Lücke zwischen Starpersona und der Qualität der veröffentlichten Musik derart weit auseinander wie bei Shinichi Atobe. Der Japaner agiert nicht mal anonym, sondern scheint schlicht auch desinteressiert am Gig-Zirkus und sämtlichen damit einhergehenden Business-Techno-Erscheinungen zu sein. Konsequent verweigert er jeden noch so kleinen Schimmer Rampenlicht, in das er zweifelsohne jederzeit treten könnte.

Aktuelles Album

Shinichi Atobe Yes

Vom Zeitgeist entkoppelt: einer der besten House-Producer unserer Zeit.

Erstmals 2001 mit der EP "Ship-Scope" auf dem legendären Basic-Channel-Sub- bzw. -Folgelabel Chain Reaction in Erscheinung getreten, dauert es anschließend satte 13 Jahre bis zu Atobes nächstem Release. "Butterfly Effect"(2014) markiert dabei das erste von fünf Alben, die in der Folge erscheinen. Allesamt veröffentlicht auf DDS, dem Label des britischen Experimental-Duos Demdike Stare, allesamt riesige Erfolge bei Plattensammler*innen und in der gesamten Szene.

Sean Canty und Miles Whittaker, so die Namen der beiden, kommen nicht umhin, so lange nach dem mysteriösen Producer zu suchen, bis die Kontaktaufnahme schließlich gelingt. Seither läuft es so, dass sich Atobe in unregelmäßigen Abständen zum Postamt in Saitama begibt, um sein Material für ein neues Album mit kleinem Beipackzettel aufzugeben. Die CD kommt in Lancaster an, wo Demdike Stare sie ohne große Nachbearbeitung auf Vinyl übersetzen lassen. Liebenswertes wie ulkiges Eigenbrötlertum, das selbst in der elektronischen Musik seinesgleichen sucht.

Die Geschichte verlöre allerdings drastisch an Wert, wären Atobes Produktionen, oft in schrulliger Düsentrieb-Manier mit Zahlen versehen, nicht so genial. Die Tracks vereinen Dub, Deep House, Ambient und zarten Techno in sich, wenden sich in der Regel entschieden von der Peaktime, eventuell auch vom Dancefloor ab und funktionieren über unheimlich effektive Loops, die einfach nicht langweilig werden wollen.

Die bereits genannten Basic Channel dienen als Referenz, Detroit Techno und Electro ebenso. Atobes Tracks sind Home-Listening-Erfahrungen, die die innere Einkehr fokussieren. Selbst akustische Störsignale fügen sich nach wenigen Takten sinnstiftend ins Klangkorsett, eingehegt von einer federleichten, ausstaffierten Produktion, die keine Komponente übervorteilt.

Vielmehr als diese eine Anekdote und seine Musik selbst gibt es über Shinichi Atobe nicht zu erzählen. Keine Auftritte, keine Touren, keine PR. Wenn Künstler*innen davon fabulieren, dass sie am liebsten ihre Musik für sich sprechen lassen wollen, finden sie in ihm ein ideales Vorbild.