laut.de-Kritik
Evolution erfolgreich abgeschlossen.
Review von Manuel BergerWenn ihr wissen wollt, wie man aus einem Sängerwechsel eine Tugend macht, fragt künftig einfach Skeletonwitch. Während andere Bands an einem solchen Einschnitt zerbrechen, nahmen die Amerikaner ihn zum Anlass ihr Sound-Konstrukt komplett zu überdenken und rundum zu erneuern. Mit der EP "The Apothic Gloom" verpuppten sie 2016 ihren Black/Thrash/Death-Mix. Aus diesem Kokon, in dem die Band der bis dato gespielten Raserei mehr Progressivität denn je verlieh, schlüpft nun "Devouring Radiant Light" – ein Ungetüm, das zwar noch aus den Kernelementen des Skeletonwitch-Sounds besteht, strukturell und musikalisch aber auf völlig neuem Level agiert.
Pendelten sich die Songs auf Skeletonwitch-Alben bisher in der Regel bei einer Lauflänge zwischen zwei und maximal vier Minuten ein, durchbrechen nun sogar vier die Sechsminuten-Grenze bei weitem. Entsprechend spielt Atmosphäre eine wesentlich größere Rolle. Skeletonwitch orientieren sich weiter in Richtung Black Metal und nehmen sich Zeit für lange, melodische Instrumentalzwischenspiele. Emperor und frühe Opeth kommen mehr als einmal in den Sinn, teilweise auch Moonsorrow und Ulver. Wie sich ätherische Leads über verwaschen-geschwärzte Riffs legen, erinnert zum Beispiel in "Fen Of Shadows" auch entfernt an die Blackgazer Deafheaven.
Den Höhepunkt der neuen Ausrichtung erreichen Skeletonwitch im neunminütigen "The Vault". Lange bauen sie den Song durch Clean-Gitarren auf, münden schließlich in einen Doom-Part, dessen sehnsüchtige Harmonien auch von Pallbearer stammen könnten. Das Quintett übertreibt es aber nicht mit filigraner Struktur, sondern beglückt im Mittelteil mit räudigem Witchery-Thrash – aus dem sich ein melodisches Akerfeldt-Gitarrensolo schält.
Knackig auf den Punkt gebrachte Abrisse können Skeletonwitch trotzdem noch. Für "Carnarium Eternal" verzichten sie komplett auf Sperenzchen, hier regieren Riff und stimmliche Gewalt. In "When Paradise Fades" kommen Punk-Einflüsse durch und der schwarze Anteil rutscht wieder mehr gen lockeren Black'n'Roll, statt wie in den meisten anderen Songs gen ernster Epik. Bei "Sacred Soil" zum Beispiel dominiert zappendusteres Black Metal-Flirren – in der ersten Songhälfte humorlos, ohne Anflug von Genre-Mischmasch.
Dass die Neuausrichtung gelingt, verdanken wir neben dem entwickelten Songwriting auch wesentlich Neusänger Adam Clemans. Über den Wiedererkennungswert des ehemaligen Veil Of Maya-Fronters lässt sich im weiten Pool des Extremen zwar streiten. In punkto Variabilität schlägt er seinen Vorgänger Chance Garnette aber deutlich. Monotone Black-Salven und langgezogene Screams beherrscht Clemans aus dem Effeff. Braucht es besonderen Nachdruck, um etwa an bombastischen Stellen nicht unterzugehen, gehts mit tiefen Growls auch mal Richtung Behemoth ("Devouring Radiant Light", "Temple Of The Sun"). "Temple Of The Sun" würzt er zudem mit subtiler Klargesangs-Dopplung.
Den Vorwurf, sie würden zu wenig abwechslungsreich agieren, merzen Skeletonwitch mit "Devouring Radiant Light" erfolgreich aus. Wenn man ihnen etwas ankreiden mag, dann dass das Überbleibsel früherer Zeit. "Carnarium Eternal" geht inmitten der vor Ideenreichtum überquellenden, aber nie ausufernden längeren Tracks etwas unter. Dann wiederum bildet vielleicht ebendieser schnörkellose Song für manche Höhepunkt und Herzstück des Albums. Wie man es dreht und wendet: Die Platte killt, Skeletonwitch sind ihr bis dato bestes Selbst.
3 Kommentare
nie der größte fan gewesen, aber die früheren werke fand ich doch zumindest in teilen recht unterhaltsam.
neue album ist mir allerdings zu kopflastig ausgefallen, kann auch mit prog im allgemeinen nicht viel anfangen, dafür bin ich einfach zu ungeduldig.
Year. Fand schon "Fen of Shadows" im Pre-Listening sehr geil und auch z.B. "Temple of the Sun". Kannte Skeletonwitch früher auch nicht wirklich, habe sie erst zu spät entdeckt.
Sehr geile Scheibe!