laut.de-Kritik
Akustische Keuschheitsringe für Identitätssuchende.
Review von Dominik LippeDie Identitätssuche setzt sich fort. Schon auf "Niemals Allein" streckte Sophia jenen Anhängern die Hand entgegen, die sich bei ihrer Suche nach ihrem wahren Ich fortlaufend um die eigene Achse drehen. Ihr Zweitling "Wenn Es Sich Gut Anfühlt" adressiert gleich zum Einstieg juvenile Selbstzweifel. "Stehst vor dem Spiegel und du fragst dich: 'Bin ich schön genug?' Sag' mir, wem willst du gefallen? Gibt doch kein' Grund dazu", wispert sie in "So Viel Schöner" ihrem strauchelnden Publikum zu, während Produzent und Multiinstrumentalist Philipp Evers so sanft wie möglich über die Klaviertasten streichelt.
Es mag bieder inszeniert sein, aber Sophia wirkt in ihrer Fürsorge durchaus glaubwürdig, wenn sie in "So Viel Schöner" ihrer Hörerschaft Motivation mitgeben will und an deren Selbstliebe appelliert. In "An Alle Da Draußen" überzieht sie hingegen mit salbungsvoller Erbauungslyrik: "Das geht an alle da draußen, die sich ständig verlaufen, an alle Kämpfer, Versager und Denker, an alle Helden, die zu gut für die Welt sind, an alle, die zweifeln, die, die allein sind." Wenn sie den vermeintlichen Outcasts dann noch das Versprechen abringt, stets ihren Träumen zu folgen, stürzt der Song in den Kitsch ab.
Mit jedem weiteren Durchlauf erhärtet sich der Verdacht, Sophia könnte "An Alle Da Draußen" für ein kirchliches Setting geschrieben haben. Spätestens mit dem einsetzenden Begleitchor wähnt sich der Rezipient in einem feierlichen Gottesdienst. Unbeirrt setzt sich die Aura christlicher Musik in "Märchen" fort, das einem akustischen Keuschheitsring gleicht: "Du musst mir kein' Wunsch von den Lippen ablesen. Ich mag's doch viel mehr, wenn wir stundenlang reden." Erneut mit Schützenhilfe des Sängerkreises stimmt sie den Abgesang auf die große Leidenschaft an, fernab von "Wolke sieben".
Doch Sophia kann auch frech. Schmissiger Teenie-Rock durchzieht die Liebeserklärung "Du Bist". Ein wenig rotznäsig, aber brav genug, um bei Giovanni Zarrella vorstellig zu werden. Der allseits beliebte Oh-oh-Chorus dürfte dann noch die Türen zu den Romantic Comedys Matthias Schweighöfers öffnen. Um sich selbst dem Verdacht der Massentauglichkeit zu entziehen, mimt sie in "Ich Sein" die Nonkonformistin, die völlig unangepasst auftritt und sich nur wünscht, einfach sie selbst zu sein. "Ich sitz' im Glashaus und werf' trotzdem mit Stein'. Und selbst im Sommer lauf' ich auf dünnem Eis."
Der einzig brauchbare Themensong dürfte "Soziale Batterie" sein, der den Unterschied zwischen intro- und extrovertierten Menschen nachzeichnet: "Wir haben alle 'ne soziale Batterie. Den einen lädt sie auf, dem anderen raubt sie Energie." In einer Gesellschaft, die beständig die 'Me-Time' predigt und für sich einfordert, rennt sie natürlich auch damit offene Scheunentore ein. Und dennoch klingt Sophia mit der Schilderung ihrer überreizten Sinne in sozialen Situationen zum zweiten Mal auf dem Album authentisch: "Ich verlier' mich in mir selbst und bin dann völlig isoliert."
In Gedanken versunken spielt auch die Akustikgitarre im Titelsong "Wenn Es Sich Gut Anfühlt". Eine Lagerfeuer-Hymne, die als umständlich getexteter Appell daherkommt, unterschiedliche Lebenskonzepte zu akzeptieren und sich selbst bei der Lebensplanung nicht allzu viel Druck zu machen. "Welcher Mensch darf welchen küssen? Und wie lang darf man jemanden vermissen? Und wie groß dürfen Träume eigentlich sein?", fragt sie umherirrend, "Darf man sich mal selber nicht verstehen?" Vor ihrem dritten Album möge sie bitte Antworten auf all diese Fragestellungen gefunden haben.
4 Kommentare mit 7 Antworten
Musik für alle Lauras und Lenas die auf einem Road Trip mit ihren Besties mal aus voller Kehle die Grütze mitsingen wollen die aus dem Autoradio schallt.
Im Sommer 2023 war ich für ein Paar Tage beruflich in Tübingen und hab mittags was falsches gegessen, was in brutalem Durchfall resultierte. Als sich mein nächster Arschtsunami ankündigte ging ich schnell ins erstbeste Cafe, offensichtlich ein Lokal bei den sich sämtliche Studentinnen und Studenten der Erziehungswissenschaft und Kunstpädagogik trafen. Ein halbes Dutzend Mittezwanzigjährige Schwäbinnen mit frisch geschnittenem Keta Pony schauten mich verdutzt und sehr judgend an, als ich zur Unisex-Toilette rannte und dabei schwitzend versuchte meinen Schließmuskel noch so gut es geht zusammenzuhalten. Auf dem Pott angekommen machte ich schnell die Tür zu und konnte mich noch so gerade auf die Schüssel setzen bevor mein Darmventil Vollgas gab. In den fünf Minuten in der ich dort das Porzellan malträtierte konnte ich die reichhaltig mit Sprüchen beschriftete Toilettentür betrachten.
Als ich dann heute besagte Musikerin hörte, habe ich locker 85% der Texte von dort wiedererkannt.
Dayum, so einen schweren Fall von Analschnupfen wünscht man freilich niemandem!
Ich glaub, der Dude ist ziemlich korrekt!
flatulenzia brachialis im endstadium! fäkaldetonation auf der hipstertoilette
Klassischer Tübingen-Besuch.
Eine nette Minute Lesevergnügen wars.
*gnihihi
Zu dieser Geschichte passt ihr Familienname natürlich auch wie Arsch auf Eimer.
Würde mich nicht wundern, wenn ihre Freunde sie Dixi nennen.
Heilerde kann ich bei solchen Problemen nur empfehlen!
Wer "Das Beste" von Silbermond für einen super gefühlvollen Song hält, der sollte sich dieses Album mal in seinen CD Player legen.
Entweder ist die Melodievon "Ich sein" größtenteils übernommen oder basiert auf KI Bums.