laut.de-Kritik
Ein zerbrechliches Objekt im Pop-Kontext.
Review von Tobias FörsterNachdem Tahiti 80 erst im letzten Jahr verschiedenste Versatzstücke der Popmusik aus vergangenen Dekaden zu einem frischen, eigenständigen Debüt zusammen gepuzzelt hatten, packen die vier Franzosen nun ihre Latzhosen aus dem Kleiderschrank und legen sich Tapezierschere und Zollstock zu Recht. Das Ziel von Projekt Nr. zwei ist hehr: Eine musikalische "Wallpaper For The Soul" soll kreiert werden.
Dass dieses zerbrechliche Objekt nicht mit Raufaser tapeziert werden darf, ist für Frontmann Xaver Boyer so klar wie frisch angerührter Kleister: "Stell dir dein Herz als ein Haus vor. Musik ist ein Weg, es zu dekorieren; Farbe in dein Leben zu bringen.". Wenn's nach Tahiti 80 geht, vor allem orangegelb. Darum gilt: Erlaubt ist, was dem Ohr schmeichelt.
Deshalb werden stapeln Tahiti 80 Streicherarrangements, Trompetenensembles, Flötenmelodien und "Dabadabadambam"-Chöre auf Beatles, Kinks und Beach Boys-Platten und garnieren sie mit Lyrics der Machart "Happy End". Und damit auch alles schön weich und flauschig klingt, bleibt das Tempo der Songs beständig auf mittlerem Niveau oder langsamer. Damit man der Seele nicht nur eine neue Verpackung spendieren, sondern sie auch richtig baumeln lassen kann. Sie haben es sich verdient.
Doch nicht nur Schönheit, auch Abwechslung ist mit Tahiti 80 garantiert. Zumindest innerhalb des Popkontextes. So basiert beispielsweise der Opener "Wallpaper For The Soul" anfangs lediglich auf einem einzigen Beat und der glockenhellen Stimme Xaver Boyers. Bis im weiteren Verlauf immer mehr Instrumente in die Melodie einstimmen bevor der Song auf seinem Höhepunkt plötzlich wieder auf Beat und Gesang reduziert wird und so ruhig ausklingt, wie er angefangen hat. "1000 Times" ist wiederum ein Popsong, wie man ihn mindestens ebenso oft im Radio hören könnte, während "The Train" im Refrain dank der verzerrten Gitarre fast schon rockig wirkt.
Auf diese Art und Weise ist Tahiti 80 ein passender Soundtrack für jene Tage im Leben gelungen, an denen die faule Haut Druckstellen vom Liegen bekommt. Jedoch sind die mehr als eingängigen Melodien leider mit komplett fehlendem Tiefgang und einer schwindend geringen Halbwertzeit teuer erkauft. Zudem grenzt die allerorts anzutreffende Fröhlichkeit manchmal schon an Penetranz. Wer sich daran nicht stören lässt, kann sich diesen Tapetenwechsel trotzdem ruhig gönnen.
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