laut.de-Kritik
Herzblütige Indie-Pop-Balladen mit berührender Stimme.
Review von Artur Schulz"This Hungry Life" ist die verspätete Veröffentlichung einer Reihe von Songs, die Tanya Donelly bereits 2004 live vor kleinem Studio-Publikum einspielte. Doch als von gestern präsentieren sich die Titel indes in keinster Weise: Tanya und ihre Musiker überzeugen mit einer großen Handvoll warmherzig eingespielter Titel zwischen luftigem, balladeskem Indie-Pop samt punktgenauer Gitarren-Verzierung und wachem Auge für musikalische Details.
Der Opener "New England" gibt den Grundtenor der Songs gleich vor: Im Midtempo gehalten interpretiert sie, von vielerlei Sound- und Melodie-Details ummalt, ihre Song-Story. "Kundalini Slide" begeistert als melancholische Ballade mit wunderschön ausgearbeiteten Gitarren-Harmonien. Hier klappt der Spagat zwischen angenehmem Pop-Appeal und dennoch tiefergehendem Songwriting beispielhaft. Dieser Titel funktioniert prächtig und bleibt als einer der stärksten Tracks auf dem Album freundlich in Ohr und Gedächtnis.
Auf "Invisible One" geht die Sängerin stimmlich mit mehr Drive und Druck zur Sache als auf dem Großteil des Albums und spielt gekonnt mit folkigen Elementen. Songs über Kinder – gerade die eigenen – sind oft genug zu stark verklärende, verkitschte Nummern der Marke 'überflüssig'. Nicht so bei Tanya Donelly: Ihr "Littlewing" geht einfach ans Herz mit seiner wispernden, verträumten und intimen Ausführung über dem leise federnden Gitarrenspiel. Tanyas hauchende Stimme interpretiert ihre Gedanken über Tochter Gracie hingebungsvoll-glaubwürdig.
"Days Of Grace" bietet einige Uptempo-Passagen mit Country-Rock-Anstrich. Trotz des eher zurück genommenen Anstrichs passiert arrangementtechnisch eine Menge auf "This Hungry Life". Die Grundhaltung ist melancholisch-sehnsüchtig, aber nie weinerlich. Gut gesetzte Rock-Passagen lockern die Songs stets gelungen auf. Mancher Titel geht nicht unbedingt sofort ins Ohr, gewinnt dafür mit häufigerem Hören jedoch immer mehr an individueller Klasse. So ist "This Hungry Life" keines dieser aalglatten Alben, die bereits nach kurzer Zeit kaum erneut hervorgeholt im heimischen Regal verstauben: Dafür bleibt so manch Song als zu hörenswert – und aufrichtig berührend – im Gedächtnis.
Die hochklassige musikalische Besetzung setzt sich zum Teil aus den Mitstreitern des letzten Albums "Whiskey Tango Ghosts" zusammen. Natürlich fehlen nicht Ehemann Dean Fisher und Rich Gilbert an Gitarre und Pedal Steel. Hinzu gesellen sich Bassist Joe MacMahon, Drummer Arthur Johnson, Violinistin Joan Wasser und für die ergänzenden Vocals Bill Janovitz. Die Feinabstimmung zwischen den einzelnen Künstlern funktioniert hörbar prächtig und inspiriert. Produzent Brian Brown belässt Songs wie Musiker in hautnaher Authentizität und führt behutsam Sound-Regie.
"This Hungry Life" dokumentiert auf zehn Songs den besonderen künstlerischen Stellenwert der Ex-Throwing Muses- und Belly-Sängerin. Hauchzart, verletzbar, aber stets selbstbewusst tanzt ihre Stimme über die im besten Sinne altmodisch-handgemachten, doch stets frischen und beseelten Aufnahmen. Gerade die Entscheidung für Live-Cuts kommt den Titeln besser entgegen als womöglich zu stark nachpolierte Studio-Arbeit. Herz und Seele in mal angerockter, mal einschmeichelnder Ausführung: Tanya Donellys gegen den Mainstream gesetzten Einspielungen auf diesem Album überzeugen auf ganzer Linie.
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