laut.de-Kritik
Der schnelle Trost im Hier und Jetzt.
Review von Jan HassenpflugDie Zeit heilt alle Wunden, heißt es so schön. Auch wenn die Floskel im Kern eine Wahrheit beschreibt, so können und wollen The Ghost Inside dem noch längst nicht zustimmen. Verständlich: Auch neun Jahre nach dem tragischen Busunglück, den damit verbundenen Schicksalsschlägen und dem viel umjubelnden Comeback 2022 bleibt der Schmerz treibende Kraft. Ohne eine geballte Ladung Emotion haben die Jungs aus Los Angeles eh noch nie funktioniert.
Mit dem Herz auf der Zunge, begeben sie sich mit "Searching For Solace" also wieder auf kathartische Mission. Dabei freut sich das neuentdeckte Faible für Klargesang über noch mehr Raum zur Entfaltung. Brachiale Wucht auf der einen, Sanftmut und Verletzlichkeit auf der anderen Seite: Erstmals in der bisherigen Bandgeschichte erhalten beide Facetten über die Vocals ähnlich viel Aufmerksamkeit. Trauer lässt sich eben sehr unterschiedlich ausdrücken.
Nun ließe sich diese Entwicklung leicht unter "vom Metal zum Mainstream" verbuchen. Doch die hymnenhaften Auswüchse in "Wash It Away", "Light Years" oder "Secret" ergänzen die ungebrochene Vehemenz der harten Töne einfach zu mitreißend. Über melodische Gitarren lösten The Ghost Inside schon immer tief verborgene Emotionen. Es folgt also einer gewissen Konsequenz, dass man sich dem weichen Kern nun von allen Seiten nähert, so, als wolle man auf der Suche nach Trost nichts unversucht lassen.
Leider geht im Überfluss an einladenden Hooks ein Stück Wiedererkennungswert flöten. So überzeugend sich "Going Under" in eingängige Singalongs hüllt, so sehr fühlt man sich rein stimmlich an A Day To Remember erinnert. "Secret" geht noch einen Schritt weiter und kokettiert mit einem Alternative-Sound à la Three Days Grace. Keine Sorge: Damit diese Tendenz nicht überhand nimmt, servieren die Kalifornier verlässlich geradlinigen Hardcore und verteilen Breakdown-Schellen, bis das Genick steif wird. Gespickt mit Death Core-Elementen, macht "Wrath" seinem Namen alle Ehre. Im Kampf mit dem dunklen Zwilling geht auch "Split" voll auf Attacke.
In anderen Phasen lassen sie wiederum den Vibe längst vergangener Tage aufflammen. "Death Grip" startet zwar getarnt als generischer Metalcore-Song, schlägt aber im weiteren Verlauf in eine minimalistische Hommage an die Wurzeln im Melodic-Hardcore um. Schnell, wütend, melancholisch: Mit diesen Attributen versetzt es uns zurück ins Jahr 2010 zum wegweisenden "Returners". Deutlich schleppender, mit mehr Pathos, dafür ebenso vehement, greift "Cityscapes" jenes Gefühl noch einmal auf, bevor "Earn It" wieder den neuen Hang zum umarmenden Chorus in den Mittelpunkt rückt.
Mehrstimmige Chöre wie etwa in "Breathless" bieten jeder noch so verzweifelten Seele eine Schulter zum Anlehnen. Im Zusammenspiel mit Jonathan Vigils sehnsüchtigen Shouts baut sich so ein Sog aus Emotionen auf. Das lässt nicht kalt, egal wie plump einem die immer gleichen Strukturen entgegenspringen. Die Inbrunst in jedem Schrei, die tiefe Verbundenheit zu jeder einzelnen Zeile packt und lässt nicht los. Daran ändert auch ein Mehr an massentauglicher Note nichts.
"This is a struggle, this is my storm", brennt sich der befreiende Ruf in "Cityscapes" besonders tief ein. Ein solcher Moment sticht heraus unter vielen kurzlebigen Umarmungen. Meistens geht es einzig um den schnellen Trost im Hier und Jetzt. Es geht darum, die Oberfläche aufzubrechen, den Schmerz rauszubrüllen oder ihn gesanglich einfach nur zuzulassen. All das erscheint wie ein erster Schritt zur Trauerbewältigung. Die Zeit übernimmt den Rest.
1 Kommentar
Peinlichst. Strunzdummes Geshoute für 15jährige und alle die, die emotional 15 geblieben sind.