laut.de-Kritik

Beim ersten Mal kickt es halt mehr.

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Die Vorfreude auf eine Fortsetzung des Wahnsinns von "Mondo Cherry" ist riesig, und das Cover lässt nur das Beste vermuten: "Fettuccini", die zweite Platte der Kings Of Dubrock, kommt wie ein italienischer Obstkarton aus den 70ern daher, in zweifarbigem Siebdruck, übersät mit schlechtem Italienisch.

Wie es sich für den Dub gehört, hat sich "produttionisti Vittorio Marese" ein Mischpult, also ein ganzes Studio, unter den Arm geklemmt. Jacques Palminger, der für die "voice parole" verantwortlich zeichnet, und Rica Blunck, deren "bellezza canto" beworben wird, stützen sich auf jenem Viktor Marek ab. Ein eingeschworenes Team, elegant, bewaffnet mit coolem Wissen und trotzdem Hungerleider. Das ist Selbstironie vom Feinsten.

Und zunächst klappt auch alles ganz gut: Palminger sprechsingt mit der ihm eigenen, provokativ-arroganten Intonierung, Rica Blunck hilft vor allem in den Strophen aus und Viktor Marek sorgt für einen so amtlichen wie verspielten, überaus tanzbaren Klangteppich. Dicke Bläser, fette Bässe und dazwischen allerlei Raum für elektronische Spielereien und Jacques surrealistische, Studio Braun-geschulte Geschichten.

Im ersten Song "Dubstop" wird erstmal Ansage gemacht und klargestellt, wo der Hammer im Dubrock hängt: "Wir reiten mit den Besten/ Fasten your Beat-Belts, Jesaja!". "Kinder der Sonne" wagt sich auf für die Kings neues Terrain und dreht richtig ab, mit "Lalala"-Schlümpfe-Chören und manischem Gesang. "Calimero" wäre auch auf einer Wu-Tang-Platte gut aufgehoben, selbst ein RZA hätte bei einer derartigen Production nichts zu meckern gehabt. In der kleinen Sommer-Hymne "MDMA" übernimmt Signora Blunck das Mikro, um den Sommer und das Feiern zu besingen.

Und die Kings of Dubrock stecken weiter ihr Gebiet ab: Nachdem sie schon im "Tüdeldub" vom letzten Album dem Dub-Vater King Tubby gehuldigt hatten, ehren sie diesmal den anderen Dub-Vater Lee 'Scratch' Perry und den Afrobeat-Begründer Fela Kuti mit einem Namedropping. Reggae-Legende Pablo Augustus bekommt mit dem Melodica-Spiel im "Scatman Dub" seine Hommage. Hm, und wer war dieser Scatman gleich noch mal? Ach ja, Scatman John nannte sich der Stotterer mit dem Eurodance-Hit sinnigerweise.

Ein entsprechend bunter Mix aus Dub, Reggae, House und afrikanischer Percussion ist "Fettuccini" auch geworden. Aber wenn Palminger in "Dubstop" sein gedehntes "Jesaja" und "Wow" bringt, befällt einen ein bitterer Beigeschmack, der Beigeschmack der Wiederholung. Was beim letzten Mal noch neu, unglaublich witzig und wahnsinnig verspult war, wirkt diesmal bemüht und zaubert oft nicht mehr als ein müdes Lächeln aufs Gesicht.

Das gilt für den Sprachwitz allgemein, bei den surrealen Szenen in "Beachbuggy" etwa ist man sofort an "Playboy" erinnert, bei "Das Gesetz Der Stille" an "Tüdeldub". Und, sorry Herr Oberlippenbart, beim ersten Mal kickt es halt mehr, ja?!

Andererseits: Wie hätte der Wahnwitz des Debüts auch getoppt werden sollen? Da störte ja nicht einmal, dass der Insider-Hit "Die Henry Maske" fehlte. Mit "Tüdeldub", "Playboy", oder "Worte Nur Worte" waren mindestens drei andere Kracher auf dem Album, mit "Marianna", "Mondo Cherry" oder "Kolany" mindestens drei Grower. Im Gegensatz dazu geht "Fettuccini" spätestens nach den ersten fünf Songs die Puste aus. Zu viel Platz lässt Marek da mitunter, zu wenig Überraschendes kommt von Palminger.

"Der Weg ins Glück ist lang und dünn wie ein Moustache" stellt der Moustache-Träger Palminger in "Viaggo Alla Fortuna" fest. Der Weg zum zweiten Album ist ein gleichsam schmaler Grat. Schade, dass die Kings of Dubrock ihn nicht überzeugender zurückgelegt haben.

Trackliste

  1. 1. Dubstop
  2. 2. Kinder der Sonne
  3. 3. Calimero
  4. 4. Beachbuggy
  5. 5. MDMA
  6. 6. Uhren befummeln die Zeit
  7. 7. Scatman Dub
  8. 8. Red, Yellow & Black
  9. 9. Honk if you
  10. 10. Russkerzenparty
  11. 11. Das Gesetz der Stille
  12. 12. Viaggio alla Fortuna
  13. 13. Unter den Rolltreppen von Paris

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