laut.de-Kritik

Mit Soundgarden und Bowie ans Lagerfeuer.

Review von

Eine nicht allzu spektakuläre Rockband, die mit einer freizügigen Ex-Schauspielerin als Aushängeschild die Symbiose aus Sex und Rock'n'Roll auf die Spitze treibt: So oder so ähnlich zeigte die Musikpolizei im Jahr 2009 nahezu geschlossen mit den Daumen nach unten, als es um die Band The Pretty Reckless ging. Knapp 15 Jahre später hat sich das Blatt längst gewendet. Aus The Pretty Reckless ist ein international erfolgreicher Rock-Act geworden, der sich schon lange nicht mehr nur auf die aufreizende Präsenz und den glänzenden Hollywood-Briefkopf seiner extrovertierten Frontfrau reduzieren lässt.

Nach vier Studioalben und zwei EPs präsentieren Taylor Momsen und Co. nun mit "Other Worlds" eine von vergangenen Helden und Ikonen inspirierte Laid-back-Version ihrer selbst. Acht von zehn Songs kommen ohne klassisches Rock-Set-up aus. Lediglich das live bereits oftmals dargebotene Soundgarden-Cover "Loud Love" sowie die halbakustische Interpretation der atmosphärischen "Death By Rock And Roll"-Ballade "Got So High" haben Drumsounds und im Fall von "Loud Love" auch verzerrte Gitarren mit an Bord. Der Rest des Albums kommt ohne Schlagwerk daher.

Lagerfeuerfreunde springen bei solchen News zuerst aus ihren Zelten, und das auch völlig zu Recht. Beim einst von Chris Cornell für den Film "Machine Gun Preacher" geschriebene Song "The Keeper" ändert sich nur die Stimmfarbe. Taylor Momsen seufzt etwas tiefer als der Urheber. Soundgarden spielen eine große Rolle, wenn es um die musikalischen Einflüsse von Taylor Momsen geht. Neben "The Keeper" und dem rauchig rockenden "Loud Love" geben The Pretty Reckless auch noch die "King Animal"-Perle "Halfway There" zum Besten. Hier gesellt sich im Refrain der schüchterne Gesang von Ex-Soundgarden-Drummer Matt Cameron dazu.

Neben Letztgenanntem sind auch noch weitere Gäste involviert. So steuert Multi-Instrumentalist Alain Johannes (PJ Harvey, Queens Of The Stone Age, Eagles Of Death Metal) zartes Gitarrenpicking ("The Keeper") bei, während der enge Bowie-Vertraute Mike Garson mit dynamischen Pianoläufen brilliert ("Quicksand"). Die atmosphärische Ballade gehört auch zu den Highlights des Albums. Stimmungstechnisch auf den Spuren des Cash/Nine Inch Nails-Klassikers "Hurt" wandelnd, beeindruckt hier vor allem das zwischen Blues und Rock pendelnde Organ von Taylor Momsen.

Entblättert, bis nur noch die Strukturen der Songs und die markante Stimme der Bandleaderin übrig sind, präsentiert sich das große Ganze in einer intimen Pracht, die man vorab gar nicht für möglich gehalten hätte. Spätestens nach diesem Album sollten auch die letzten Kritikerstimmen verstummen. The Pretty Reckless ohne Kajal, durchsichtiges Top und rockiges Getöse: Das geht richtig tief und hört sich verdammt gut an.

Trackliste

  1. 1. Got So High (Remix)
  2. 2. Loud Love
  3. 3. The Keeper
  4. 4. Quicksand
  5. 5. 25
  6. 6. Only Love Can Save Me Now
  7. 7. Death By Rock And Roll
  8. 8. Halfway There
  9. 9. (What's So Funny 'Bout) Peace, Love And Understanding
  10. 10. Harley Darlin
  11. 11. Got So High

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