laut.de-Kritik
Augen auf bei der Berufswahl.
Review von Josephine Maria BayerThe Strumbellas haben einen neuen Frontmann. Nach 14 Jahren als Lead-Sänger trat Simon Ward im Frühjahr 2022 zurück. Danach stieß Jimmy Chauveau zur Band. Ward blieb jedoch als Songwriter im Hintergrund aktiv, so dass sich der Folk-Pop-Sound der Strumbellas kaum verändert hat, wie "Part Time Believer" belegt.
Der kraftvolle Opener "Hold Me" schwankt zwischen Liebeserklärung und Gebet: "So hold me / I don't want to be lonely / Wishing somebody told me / Things are not as they seem / Guide us from the shadows that hide us". Der Albumtitel findet sich in "Steal My Soul" wieder: "Drowning, digging deeper, following the leader / Everyday dreamer, part-time believer". "Holster" handelt von dem Gefühl, wenn man sich ständig selbst im Weg steht. In dieselbe Kerbe schlägt der Midlife-Crisis-Song "Running Out Of Time", der sich bestens als Mitsing-Nummer bei Live-Konzerten eignet.
Und so geht es auch auf dem Rest der Platte weiter: Die Songs wirken alle, als seien sie vor allem fürs Gute-Laune-Feeling bei Live-Shows geschrieben worden. Die musikalischen Verwandten von Mumford & Sons machen eben das, was sie immer schon gemacht haben: Stimmung. Gitarrenlastige Songs reichern sie mit einem wuchtigen Beat an, ab und zu vermischt mit einem Violinenpart.
Den euphorischen Melodien stehen die Texte zum Teil diametral gegenüber: "Sometimes, it's all that I can do to get up out of bed / Talking to the angels, fighting demons in my head / Coffee and a cigarette, and I don't even smoke / Sometimes, you gotta laugh when you're the butt of every joke" Die Zeilen klingen desillusioniert und depressiv. Im Refrain bemüht sich Chauveau um einen optimistischen Ausblick. Für mehr als die freudige Erkenntnis, dass er noch am Leben ist, reicht es allerdings nicht.
Die Liebe spielt im Vergleich zu früheren Alben eine größere Rolle: "Florence" unterbricht die oft um sich selbst kreisende Sinnsuche mit einem romantischen Exkurs nach Florenz: "I just can't forget what we had that summer". Aber auch hier schwingt die unweigerliche Melancholie mit, denn die Sommerliebe ist - wie zu erwarten - verflossen. Auch "My Home Is You", das von der Liebe zur Familie handelt, kommt wehmütig daher. Wenn man so viel auf Tour ist wie The Strumbellas, vermisst man seine Familie ständig. Fazit: Augen auf bei der Berufswahl.
"Part Time Believer" ist wie Mischbrot: Keine schlechte Wahl, man weiß, was man bekommt, aber es birgt auch keine Überraschungen. Wer auf ein musikalisches Dessert gehofft hat, wird hier leider enttäuscht.
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