laut.de-Kritik
Lyrisches Bodenturnen für frühreife Drittklässler.
Review von David Hutzel"Mein Name ist Fuckface – ihr seht aus, wie ich heiße." Ganz recht, Luise Fuckface, Kristeenager, Dr. Lynn Love und Konsorten melden sich zurück, eine neue Portion trashigen, infantil-subversiven Elektropop im Gepäck. Auf "Mama Ich Blute" haben die Crackhuren sogar ganz namhaftes Personal um sich geschart. Tarek droppt im Hidden-Track "Papa" ein paar Lines. Bela B. schaut vorbei ("Du Fehlst Mir"). An den Reglern soll unter anderem Jakob Häglsperger gedreht haben. Klingt vielversprechend.
Doch damit ist eigentlich schon das Interessante über das zweite Album der Berliner Band gesagt. 45 Minuten voller Fäkalsprache und einer Mischung aus schlechtem Humor und nichtssagender Ironie hinterlassen keinerlei Spuren, trotz massiver akustischer Müllproduktion. Schon die Single "Klaus" klopft flache Wortspiele durchs Megafon: "Unsere Liebe rosa-süß, so wie ein Kaugummi / Ich blase und du klebst an mir, so wie ein Kaugummi." Statt hübscher Prostituierten-Poesie nur Halbsatzlyrik, die höchstens frühreife Drittklässler in Wallung bringt. Prädikat "stets bemüht".
The T.C.H.I.K. besingen "Geniale Asoziale", ein Statement hin zum breitbeinigen Nachmittags-Voyeurismus, den uns das Privatfernsehen seit Jahren in Form von Scripted Reality auftischt. "Wir haben keine Riesterrente und keinen richtigen Job / Schuften nicht von neun bis fünf und trotzdem geht's uns top." Texte, eben mitten aus dem Leben. Am besten Ohren zu und "Füße hoch, Frau Kallwass gucken."
Spätestens nach der Hälfte des Albums geht einem die beiläufige Anarcho-Proleten-Riot-Grrrl-Nummer von The T.C.H.I.K. vollends auf den Sack. "Ich renne mit dem Cock durch die Wand / Ins Mädchenklosett", prollt Gast-Rapper Hyde in "Verrückt Bleiben, Bitte". Als ob das noch nicht Zumutung genug wäre, müssen hier und da geschundene Silben dicht gedrängt in viel zu kleine Metren schlüpfen. Sprachliches Bodenturnen à la Grup Tekkan, in deren Nähe sich die Ballade "Du Fehlst Mir" mit Ärzte-Drummer Bela B. nur zu leicht stellt.
Musikalisch beschränkt sich die Bandbreite ansonsten auf kreischend-punkige Elektro-Sounds, mal willkürlich gepitcht, im Hirnfick-Sumpf zwischen Deichkind, HGich.T, Tic Tac Toe und Bierbong-Olympiade in der Hinterhof-Disco. "Mama Ich Blute" bohrt sich seinen Weg in die Ekel-Kerbe der Unterhaltung. Würde man damit nicht seit Jahren medial überschüttet, man könnte es glatt für interessant halten.
Doch wir schreiben das Jahr 2013. Da funktionieren selbst die größten Marketingmaschinerien nach diesem Fremdscham-Prinzip. Yeah, Carmen Geiss. Olé, Ole ohne Kohle. Also, meine Damen, meinetwegen blutet, suhlt euch in Körperflüssigkeiten und tanzt koksend durch die Stadt. Solange lege ich mich hinter die Müllsäcke in eurer musikalischen Messie-Bude und schlafe. Ihr weckt mich eh nicht, wetten!?
18 Kommentare
Ist das ne Mischung aus H.GichT und Lady Bitch Ray?
"Für mich ist ne Bitch was Postitives, für mich ist das ne Frau, die weiß, was sie will. Ich steh auf jeden Fall für Fo***npower!"
Ich find' das Album klasse,
Morgen ist in der Nachbarstadt von mir (Dortmund) Juicy Beats. Eine Karte kostet über 30 Euro. Und eins kann ich euch sagen: TCHIK sind um Welten besser als das was DA auftritt!
Boah, ist das eine Grütze. Nicht lustig sondern nur dumm und primitiv.
@Jana bockt (« @Blade: Toll sind TCHIK nun wirklich nicht, aber sie noch schlechter als die (UNTERIRDISCHEN) Deichkind zu machen......? »):
Stimmt auch wieder..Allerdings musste ich bei "Bück dich hoch" teilweise echt lachen. In jedem Büro gibt es Angestellte die wirklich so abgehen...Trink ein großen Schluck Leistungsdruck!
Teile nicht die Meinung dass das Album ein blutleerer Tampon ist, im Gegenteil, hatte viel Spaß mit den Gören