laut.de-Kritik
Rohdiamanten der Singer/Songwriter-Kunst.
Review von Simon LangemannMit dem Re-Release seines ersten Soloalbums geht Tim Neuhaus auf einen immer wiederkehrenden Wunsch seiner stetig wachsenden Anhängerschaft ein. Bislang habe er "Yindi" immer nur selbst gebrannt und bei Livekonzerten verkauft, so der gebürtige Hagener. "Aber das ändert sich jetzt."
300 LPs und eine digitale Variante bringt Grand Hotel van Cleef jetzt auf den Markt, ein umgestaltetes Cover und zwei unveröffentlichte Tracks gibts oben drauf. Doch allein das musikalische Material von 2005 rechtfertigte schon die Neuveröffentlichung.
Obwohl zwischen der Entstehung der Songs und dem gefühlten Neuanfang "The Cabinet" von 2011 mehrere Jahre liegen, zeigt "Yindi" schon zahlreiche der Markenzeichen, mit denen Tim Neuhaus später eine exzellente Band, einen Plattenvertrag und irgendwann auch Ansätze der verdienten Aufmerksamkeit für sich gewinnen soll.
Die unverwechselbar einfühlsame Kopfstimme etwa, oder die rhythmische Vielfalt, die noch eindeutiger als heutzutage auf Tim Neuhaus' Hauptinstrument, das Schlagzeug, schließen lässt. Gleich der Opener "Playing Bill's Drums" baut auf ein unkonventionelles Offbeat-Fundament, zu dem der Wahlberliner so jazzig-smooth trommelt, wie man es im Pop nur selten hört.
Bei den vereinzelten Hörern, die auf der jüngsten Platte "Now" den handgemachten Charme ihres Vorgängers vermissten, rennt Neuhaus mit seinem überwiegend alleine eingespielten Frühwerk "Yindi" ohnehin offene Türen ein. "It Won't Last Long" begleiten mannigfaltige Klapper-Percussions. Generell dient die Akustikgitarre als omnipräsenter Begleiter.
Bei "I Like To Cause Confusion" liegt vom ersten Takt an diese unvergleichbare Rastlosigkeit in der Luft, die seinen Vortrag auf Platte wie auf der Bühne durchzieht: wohl der Höhepunkt des ursprünglichen "Yindi"-Repertoires. Das bezaubernde "On Hold" entstand dagegen erst 2009, gemeinsam mit seinen heutigen Bandkollegen Andi Fins (Piano) und Florian Holoubek (Backing Vocals, Percussion).
Die Nummer wirkt nicht nur hinsichtlich ihrer Besetzung wie eine Brücke zur "The Cabinet"-Zeit: Hier finden sich trübe Major-Akkorde, eine deutlich präsenter abgemischte Gesangsstimme und nicht zuletzt die charakteristischen Background-Chöre, deren Melodie die Band später in der "Headdown"-Liveversion wieder aufgriff. Aus derselben Zeit stammt auch "Tapes", das ganz zum Schluss ohne Text auskommt und zum Tagträumen einlädt.
Tim Neuhaus holt mit der Neuauflage ungeschliffene Diamanten der Singer/Songwriter-Kunst wieder ans Tageslicht, ohne Zweifel daran zu lassen, dass man es schon damals mit einem überaus versierten Musiker zu tun hatte.
Das findet auch Nils Frahm, Berliner Pianist und ausgewiesener Experte dafür, große Gefühle mit kleinen Mitteln zu entfachen: "Ob 2005 oder heute: 'Yindi' ist eine Platte, die ich genieße. Sie enthält alles, das mir an Musik gefällt."
1 Kommentar
Hab's mir erst jetzt angehört, aber ja, das ist wirklich toll. "The Cabinet" fand ich persönlich noch 'ne Ecke ansprechender, aber das hier hat auch schon verdammt viel Schönes.