26. April 2006

"Wir rutschen nicht auf den Knien vor unseren Fans herum"

Interview geführt von

Die Alternative/Metal-Band Tool ist nicht irgendeine Band. Sie ist etwas Außergewöhnliches, und zum Leidwesen des Labels ist sich das US-amerikanische Quartett dessen auch bewusst. Kein Wunder also, dass sich die Plattenfirma SonyBMG zur Feier des ersten Studioalbums in fünf Jahren etwas ganz Besonderes ausgedacht hat.Zunächst wird die interessierte deutsche Musikjournaille an einem Donnerstag Abend im Februar zu einer Listening Session nach München geladen. Erst am nächsten Tag, wenn der Verdauungsvorgang bei jedem Schreiber abgeschlossen ist, sollen Sänger und Exzentriker Maynard James Keenan, Bassist Justin Chancellor und Drummer Danny Carey einen ganzen Tag lang Rede und Antwort stehen. So zumindest der Plan. Bassist Chancellor wird am Folgetag allerdings überraschend über Unwohlsein klagen und sich nur für ein Fernseh-Interview aus dem Hotelbett quälen. Und Adam Jones, der zu dem Zeitpunkt das neue Video realisiert, ist gleich ganz in Kalifornien geblieben. Aber der Reihe nach.

Der Ort, an dem die Listening Session stattfindet, ist spektakulär. Ganz so, als fürchtete man bei SonyBMG die immer wieder kolportierten Stimmungsschwankungen von Mastermind Keenan, mietete man sich im Tennengewölbe des Nockherberges ein, einem unterirdischen Schützenstand nahe des durch alljährliche Politprominenz landesweit bekannten Münchner Starkbierolymps. Von außen ruft die in eine breite Steinmauer eingefasste, massive Holztür einen mittelalterlichen Kerker ins Gedächtnis, was ja hervorragend zu Tool passt. Motto: Wer nicht spurt bzw. wer während der Songs spricht, den sperrt Maynard eigenhändig ins Verlies und schluckt anschließend den Schlüssel. Oder so. Auch klar: Die Band spricht am nächsten Tag nur mit Menschen, die der Listening Session beiwohnen. Könnte ja jeder kommen.

Drinnen dunkle, enge Gänge, spooky beleuchtet mit am Boden aufgereihten Teelichtern, die schmale Schatten an die groben Steinwände werfen. Auf dem langen und labyrinthischen Weg hin zum Tennengewölbe mache ich mich schon mal auf die vom Label prophezeiten Security-Maßnahmen gefasst, die vermutlich jedes Anti-Terror-Konzept von Otto Schily der Lächerlichkeit preisgeben. Vorbei am Raum mit dem Schießstand gelange ich zur Garderobe, wo dann erfreulicherweise ganz unbürokratisch abgelegt und auf höfliche Anfrage hin dem Personal das Handy übergeben wird.

Nach und nach trudelt die gesamte Journalistenmannschaft ein, die meisten Vertreter ausgestattet mit entweder beeindruckenden Frisur- oder zumindest Bartmodellen. Vielleicht hätte doch Kollege Edele kommen sollen oder Tool-Fachmann Cordas, der aber bedauerlicherweise auch keine Zeit hatte. Schließlich eine kurze Ansprache seitens des SonyBMG-Chefs, und schon betritt Seine Majestät M.J. Keenan samt Vasallen den Raum, der Bandleader übrigens in bester Schützenmanier mit weißem Cowboyhut.

Als ich ihn während der anschließenden Listening Session nach einem eiligen Toilettengang tatsächlich in diesem Aufzug sitzend im Schießstand nebenan erblicke, von Ferne dem selbst komponierten Rhythmus-Donnergrollen lauschend, hätte man ihm am liebsten den Arm um den Hals gelegt und gesagt: "Hey Maynard, sei unbesorgt, euer neues Album ist jetzt schon das herbei geträumte Monster an vertrackten Rhythmen und unvergleichlicher Riffmanie. Die Fans werden es lieben. Also komm doch auch mit rüber." Doch statt dessen steuere ich alleine meinen Platz an und sehe, wie die Tool-Männer Chancellor und Carey mit Genugtuung die bevorzugt physischen Reaktionen der Journalisten auf das neue Material verfolgen. Erst eine Minute vor Ende des Metal-Tsunamis betritt Maynard wieder den Raum, um den CD-Rohling nach einem geflüsterten "Thank You" flugs dort zu verstauen, wo er seiner Meinung nach am sichersten ist: in der eigenen Jackentasche. Keine Frage, Tool-Listening Sessions sind Chefsache.

"Ist diese Stelle laut genug? Hört man die Snare Drum überhaupt?"

Der Tag danach: In einem Hotel nahe des Münchner Hauptbahnhofs soll uns Drummer Danny Carey ein bisschen was über "10.000 Days" erzählen. Es ist zwar schon später Nachmittag, aber die Band sei gut drauf, bekomme ich versichert. In der Mitte eines mächtig schicken, quadratischen Businessrooms steht ein blaues Sofa, ein grauer Sessel und ein niedriger Designertisch in silber. Mit der Ankunft des Herrn Carey ist das Stilchaos dann perfekt. Der Tool-Drummer trägt ein schwarzes King Crimson-Langarmshirt über einer blau-violett schillernden Nylon-Jogginghose und warme Wollsocken. Mit wachen Augen kommt er auf mich zu und begrüßt mich einnehmend freundlich. Auch im Gespräch keine Spur von dem befürchteten Mitglied einer Egomanen-Truppe.

Also zunächst mal Kompliment, Danny. Was ich gestern eine Stunde lang zu Ohren bekam, war eine emotionale wie riffgewaltige Rock-Orgie, die keinen Freund von kompositorischen Details enttäuschen wird. Würdest du mir zustimmen, dass ihr in dieser Hinsicht ein neues Level erreicht habt?

Danny: Ich stecke ehrlich gesagt immer noch zu tief in den Aufnahmen, als dass ich sie schon einordnen könnte. Seit der letzten Platte sind wir sicher alle einen Schritt weiter gekommen, sowohl als Musiker, als auch im Bereich des Songwritings. Die Arrangements sind diesmal vielleicht noch etwas präziser geworden und erzielen dadurch eine größere Schlagkraft. Was wir uns wünschen, ist, dass die Musik den Hörer emotional fesselt und ihn vielleicht an einen fernen Ort mitnimmt. Was ich dagegen sicher sagen kann, ist, dass wir mit dieser Platte klanglich einen großen Schritt getan haben. Alles zusammen hat größere Auswirkungen auf das Hörerlebnis, die Drums, die Gitarren, der Bass und auch die wunderbaren Effekte, die Joe (Barresi, Produzent von u.a. Melvins, QOTSA, Tomahawk) über Maynards Stimme gelegt hat.

Du scheinst gestern bei der Listening Session zusammen mit Justin auch mächtig Spaß daran gehabt zu haben, die Reaktionen der Journalisten mitzuverfolgen.

Also, ein bisschen seltsam fühlt man sich schon dabei. Versteh' mich nicht falsch: es macht mir großen Spaß, die neue Platte anzuhören. Insgesamt habe ich sie jetzt wohl erst dreimal von Anfang bis Ende gehört. Für mich ist es aber immer noch so was wie eine unbeendete Arbeit. Es gibt Parts, die ich gut hören kann und bei denen ich mich freue, wenn die Leute um mich herum abgehen. Im nächsten Moment frage ich mich dann aber: "Hey, ist diese Stelle auch laut genug? Und hört man die Snare Drum überhaupt?" Solche Sachen. Ich bin insgesamt gesehen natürlich zufrieden, aber ich werde wohl schon noch ein paar Monate brauchen, bis ich die Platte einfach ganz normal anhören kann.

Maynard scheint da noch größere Probleme zu haben. Er saß scheinbar die ganze Zeit über nebenan in der Schießanlage.

Yeah, für ihn ist das eine gute Ablenkung, auch im Gegensatz zu uns, die wir quasi Auge in Auge mit allen Leuten im Raum sitzen und auch mal gerne abgehen. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass es gestern Leute gab, die das Album lieber für sich alleine gehört hätten. Aus Respekt ihnen gegenüber ist Maynard eben rausgegangen (grinst).

Verstehe. Aber noch mal zurück zur neuen Platte: Was macht dieses Tool-Album besonders?

Ich glaube nicht, dass sie wertiger als unsere letzte Platte ist. Es ist einfach eine logische Fortsetzung, nicht anders wie einst von "Opiate" zu "Undertow", von "Undertow" zu "Aenima" (sprich: "Anima") oder eben von "Aenima" zu "Lateralus". Ich bin auch sehr froh darüber, dass uns die Leute immer noch hören wollen. Alleine wenn man betrachtet, wie gering die Aufnahmekapazität des Einzelnen über die Jahre geworden ist, kann man es schon mit der Angst bekommen. Nimm nur die Werbung, ich meine, unzählige Menschen schauen sich heute lieber Werbespots an als Filme. Und die Musik geht in dieselbe Richtung. Ich kann mich also sehr glücklich schätzen, dass wir in diesen Zeiten mit unserer Musik auf große Sommerfestivals in Europa eingeladen werden. Und dass es Leute gibt, die fünf Jahre auf neues Material von uns warten und dann die Geduld aufbringen, einen 15-Minuten-Song von uns anzuhören. Gut, letzteres gilt es erst noch herauszufinden (lacht). Doch der momentane Stand der Dinge ist, dass wir hier bei euch große Shows spielen dürfen, was wunderbar ist.

Das klingt aber sehr bescheiden. Immerhin habt ihr hier doch eine bekanntermaßen riesige Fanbase.

Ja, sieht so aus. Ich bin mir aber auch ziemlich sicher, dass eine Menge Leute mit dem ganzen neuen Punkpop-Müll oder wie auch immer es heißt, Emo-Punkrock, ... ach, erst kürzlich sah ich auf einem MTV-ähnlichen Kanal ... MTV America spielt meines Wissens ja keine Musik mehr, aber egal. Jedenfalls zappe ich so durchs Programm und erwische plötzlich fünf Bands am Stück, die alle wirklich exakt gleich klingen. Gut, ich gebe zu bedenken, dass das auch an meinem Alter liegen kann (lacht). Gleichwohl hoffe ich es nicht. Ich hätte dir wirklich keine Unterschiede zwischen diesen fünf Bands nennen können. Früher zählte man uns zur Rubrik Alternative, heute sind es solche Bands. Dabei denke ich bis heute, dass eigentlich wir Alternative sind (lacht).

"Maynards Texte kommen zum Schluss"

Danny hat es sich mittlerweile längst auf der Drei-Mann-Couch bequem gemacht und sich längs gelegt. Das Mikrofon lässt er eher desinteressiert über seinem Oberschenkel baumeln und spricht auch recht leise, so dass ich mir ab und an Sorgen über die Tonlautstärke der Aufnahme mache. Mit seiner schlaksigen Haltung und den flinken, interessierten Augen wirkt er wie ein Kind, das in einem viel zu großen Körper gefangen gehalten wird (und deren Mutter ihm die falschen Klamotten rauslegt).

Du erwähntest vorhin die lange Zeitspanne zwischen euren Alben. Wie fühlt man sich denn, nach Jahren wieder zusammen im Studio zu stehen?

Nun, nach "Lateralus" waren wir etwa zwei Jahre auf Tournee und dann brauchten alle erst mal eine Pause. Ein klar terminiertes Urlaubsjahr, wenn du so willst. Maynard arbeitete mit A Perfect Circle, ich beschäftigte mich mit dem Pigmy Love Circus und anderen Dingen. Als wir uns wieder trafen, schrieben wir ein ganzes Jahr an neuen Songs. Unser Songwriting-Prozess ist ziemlich intensiv: wir sind alle in einem Raum und jammen. Und ehe wir groß schalten können, sind wir meist mittendrin in einem Freak Out-Endlos-Jam, aus dem wir dann einzelne Teile, von denen wir glauben, dass sie gut kombinierbar sind, zusammen setzen. So entstehen Songs und letztlich auch ein Album.

Ihr seid also die ganze Zeit gemeinsam in einem Raum?

Ja, denn so macht es am meisten Sinn. Das ist die Chemie, aus der magische Momente entstehen können. So lief das ein ganzes Jahr lang und als dann alles geschrieben war, dauerte es noch sechs Monate, die Platte zu beenden.

Bringt Maynard während des Aufnahmeprozesses nach und nach Text-Manuskripte mit ins Studio?

Nein, die Worte kommen ganz am Schluss. Maynard singt zwar, aber er sucht vor allem nach den richtigen Klängen oder Silben. Er benutzt seine Stimme also eher wie ein Instrument. Je weiter ein Song voran schreitet, desto mehr ruft er unserem Gefühl nach einen Titel oder auch ein Thema hervor, für das er dann einen Text verfasst.

Ich finde, dass die Gesangs-Interludes diesmal sehr experimentell ausgefallen sind, sogar für Maynards Verhältnisse. Ein Song zum Beispiel entwickelt sich etwas in Richtung eines David Lynch-mäßigen Spoken Word-Teils. Sind solche Zwischenspiele schwieriger zu erschaffen als die Songs an sich?

Das kann man so sehen, denn unser Produzent Joe Barresi hat sich einfach selbst übertroffen. All die Energie und die Gedanken, die wir in die Platte investiert haben, scheinen irgendwie durch. Gerade im Hinblick auf Maynards Stimme kam Joe mit Effekten an, die wir vorher nie benutzt hatten, wodurch wiederum unser Sound vielfältiger wurde.

Dauert die Arbeit an einem Interlude übermäßig lange?

Was meinst du jetzt genau? Die Passagen zwischen den ganzen Songs?

Genau.

Okay. Eine meiner Lieblingsstellen lieferte mein Kumpel Bill, und zwar meine ich dieses indianische Zwischenspiel mit dem Apachen-ähnlichen Gesang. Das stammt von ihm, nicht von Maynard. Er ist eigentlich unser einziger Gast auf dem Album. Aber ich kann die Frage trotzdem schwer beantworten. Vieles passiert einfach sofort und dann verwendet man es.

Also, wir haben ja gestern Abend keine Songtitel ausgegeben bekommen, was es für mich nun schwierig macht, einzelne Songs zu benennen. Was ich mir auf meinem Schmierzettel bei Song Nummer drei behelfsmäßig notiert habe, liest sich so: "sphärischer Beginn, entwickelt sich hin zu dramatischem Höhepunkt, massiv Hall, Epos, Meisterwerk."

Ahh, du meinst den richtig langen Song?

Äh, der erste epische halt, da waren auch jede Menge Delays und Echos auf den Sounds ... ich glaube er geht bestimmt acht Minuten lang.

Ah, verstehe. Moment, Song Nummer drei? Nee, der ist gute siebzehn Minuten lang. Ach, den meintest du? Yeah, das ist alles ein einziger Song! Der wurde auch wirklich von Beginn an als ein langer Song konzipiert. Ich glaube aber, er ist auf der CD mit zwei Indexen versehen worden. Für mich ist das unser Pink Floyd "Echoes"-Stück. Ich liebe halt diese Platten von damals, bei denen ein Song eine ganze Albumseite einnimmt. Das ist mein Faible (lacht).

Eben wie King Crimson, was? (Blick auf sein Langarmshirt)

Wobei gerade die auch viele kürzere Stücke drin hatten. Aber ja, Gruppen wie Yes, Emerson Lake And Palmer ... "The Lamb Lies Down On Broadway" von Genesis, Jethro Tulls "Thick As A Brick", auf so was stand ich schon immer. Damals wurde eben noch richtig Wert auf ein ordentliches Arrangement gelegt, nicht so wie heute. (lacht)

Dein Schlagzeugspiel ist erneut ein solides Fundament für die unterschiedlich gearteten Songs. Dennoch sehe ich den perkussiven Teil diesmal deutlich hervor gehoben.

Stimmt. Ich habe jetzt ein neues Instrument, das mir mehr Freiheiten erlaubt. Früher hatte ich ein Simmons für mein Electronic Pad. Um mein Kit hatte ich ja immer jede Menge Pads versammelt. Aber da das einfach ein Uralt-Teil aus den 80ern war, und ich mich schon nicht mehr recht an die Funktionsweise erinnern konnte, besorgte ich mir eine upgedatete Version mit Anschlussmöglichkeit an einen Mac-G5 mit endlos Speicherplatz, auf den ich hunderte Instrumente oder Synthesizer-Samples draufpacken kann. Es ist ein großartiges Instrument (sagt tatsächlich: "It's a great tool to have"). Von nun an brauche ich also nicht mehr Unmengen kleiner Trommeln durch die Gegend schleppen. (lacht) Stattdessen lade ich sie einfach und schon liegen sie willig zu meinen Fingerspitzen.

Es gibt da noch diesen sehr Mantra-mäßigen Song auf dem Album, wo ihr sogar elektronische Hi-Hats integriert habt. Wer kam auf die Idee?

Oh nein, die sind nicht programmiert. Ich habe einfach Samples geladen und es dann auf meinen Pads eingespielt. Es ist eine verrückte Sache, ich kann wirklich alle erdenklichen Sounds da draufspielen.

Ich fasse es nicht. Ich hätte schwören können, es wurde am PC programmiert.

Ja, es ist auch dieser elektronische Stil. Ich habe halt versucht, so gut es geht nach Aphex Twin zu klingen. Das war eigentlich mein Ziel.

Aphex Twin? Du hast dich von einem Hardcore Electro-Act inspirieren lassen?

Ja, ich bin ein großer Fan von ihm, wobei ich zugeben muss, dass sein Name nun schon eine verdammt lange Zeit nicht mehr an mein Ohr vorgedrungen ist, keine Ahnung, was macht der Typ denn zur Zeit?

Auch keine Ahnung leider. Es ist schon länger ruhig um ihn.

Naja, jedenfalls liebe ich solch experimentelle Bands wie Aphex Twin oder auch Autechre und Squarepusher. Auf elektronische Musik stehe ich sowieso schon sehr lange, wahrscheinlich seit Kraftwerks "Autobahn". Damals war ich noch ein kleines Kind. Dieser Sound, den die machten ... wow! Sie waren die Pioniere.

Ich möchte jetzt noch auf eure berüchtigten Sicherheitsmaßnahmen rund um Tool-Veröffentlichungen zu sprechen kommen. Wie alle Journalisten musste ich einen dreiseitigen Vertrag unterschreiben, bei der Listening Session gestern erfuhr man weder den Album- noch die einzelnen Songtitel. Was aber noch gar nichts ist gegen den britischen Kollegen, der nach der Listening Session in London eine Kurzreview über euer neues Album auf einer Homepage gepostet hat, praktisch von Fan zu Fan, und dann von eurem Management am Tag darauf Interview-Verbot erteilt bekam.

Oh, du meinst den Typen von einem Magazin, der verbotenerweise irgendwas vorab veröffentlicht hat? Nun gut, es wird natürlich nichts an den Verkaufszahlen ändern, aber es ist nun mal so, dass sich der Typ wie jeder andere auch darin verpflichtet hat, Geduld zu üben. Gings da nicht sogar um eine Radioshow? Du siehst, ich kriege nicht mal mehr zusammen, wofür zur Hölle er das Interview bewilligt bekam. Wir geben einfach zu viele (lacht). Aber egal, der Kerl erklärte sich einverstanden zu warten und dann postete er doch etwas, und das finde ich uncool. Ich weiß nicht, wo da seine Motivation liegt, wahrscheinlich geht es um die Zugriffszahlen für die Website.

Aber glaubst du nicht, dass gerade solche rar gesäten Infos über brandneue Songs aus Prelistening-Sessions ohnehin nur in Foren oder eben auf Seiten zirkulieren, die nur Hardcore-Fans besuchen, so dass es nichts weiter als ein Service am Fan ist?

Ich verstehe das bis zu einem gewissen Punkt, aber es geht uns als Band eben auch darum, wieviel Kontrolle du aus der Hand geben willst. Wir verfolgen einfach gerne unseren eigenen Plan, weswegen wir Leute wie dich darum bitten, ihn einzuhalten. Weil wir glauben, dass es so mehr Sinn macht. Da ist natürlich eine Menge Vertrauen im Spiel. Und dieser besagte Typ scheint davon nicht sehr viel über gehabt zu haben, wenn er Dinge machte, die er zuvor versprach, nicht zu tun. (lacht) Aber ich möchte hier nicht groß drumrum reden, wir gehen schon auf sehr eigenwillige Art mit solchen Dingen um. So veröffentlichen wir beispielsweise die Single erst ganz kurz vor dem Album, solche Sachen dienen einzig und allein dazu, die größtmögliche Wirkung zu erzielen.

Trotzdem gibt es aufgrund eurer Sicherheitspolitik bis heute Stimmen, die behaupten, Tool seien eine Horde egomanischer Kontrollfreaks, die sich mehr um ihre Musik, als um ihre Fans kümmern. Was denkst du darüber?

Ich denke, die Fans lieben uns, gerade weil wir uns mehr um die Musik kümmern, als um sie (lacht). Würden wir die ganze Zeit vor unseren Fans auf den Knien herum rutschen, würden wir nicht die Musik machen, die wir machen. Unser Sound entsteht dann, wenn wir vier zusammen in einem Raum sind. Es hat etwas Heiliges, und es wäre töricht, davon abzurücken, und auf außenstehende Stimmen zu hören.

Gut, dann lass uns zu einem versöhnlichen Ende finden. Wenn du die heutige Musikszene anschaust, gibt es da irgendeine Band, bei der du verdammt gerne mitspielen würdest?

Puh, es sind eigentlich eher individuelle Musiker, mit denen ich gerne kollaborieren würde. So ging es mir beispielweise, als ich mit den Crimson-Jungs jammen und sogar touren durfte. Adam hat sogar eine Platte mit Robert (Fripp, King Crimson-Gitarrist) aufgenommen, obwohl ich nicht weiß, ob sie jemals erscheint. Naja, zumindest waren es Aufnahmen, vielleicht auch weniger als ein Album. Auf der letzten Skinny Puppy-Platte durfte ich auf einem Song mitspielen, was sehr lustig war. Ich kann dir jetzt aber keine Band nennen, bei der ich unbedingt Schlagzeug spielen wollte, obwohl ich großen Respekt vor einigen Bands habe, die eigenständig klingen.

Fantômas?

Yeah, egal ob Fantômas, Radiohead oder System Of A Down, wenn ich einen Song von diesen Bands höre, weiß ich sofort, wer da gerade spielt. Sie sind einzigartig. Und genau das hat Klasse. Zur Zeit stehe ich übrigens total auf Mastodon. Kennst du die?

Nein.

Die kommen aus Atlanta/Georgia und naja, sie klingen ziemlich hart. Macht sehr viel Spaß anzuhören (lacht)

Muss ich mal im Internet nach suchen.

Yeah, check 'em out, man. Die haben schon ein paar Platten draußen und außerdem einen Wahnsinns-Drummer. Wicked! Wir sind eng befreundet.

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Tool

Was ist eigentlich so mysteriös an der L.A.-Band Tool? Schon in der Frühzeit des Internets um 1999 (also noch vor der Veröffentlichung von "Salival") …

Noch keine Kommentare