laut.de-Kritik
Zwischen Hooks, intimen Momenten und Gewaltausbrüchen.
Review von Toni HennigTouché Amoré haben vom chaotischen Sound ihrer Anfangstage bis hin zu den ausladenderen Kompositionen der letzten Studioalben "Stage Four" und "Lament" eine bemerkenswerte Entwicklung hingelegt. "Spiral In A Straight Line" knüpft nun an diese Entwicklung an, ohne die Wut früherer Tage aus den Augen zu verlieren.
Für die Scheibe haben die US-Amerikaner um Sänger Jeremy Bolm wieder einmal Ross Robinson (Korn, Slipknot) als Produzenten gewinnen können, so dass erneut ein gewisses authentisches Live-Feeling aufkommt. Textlich geht es um die emotionalen Trümmer, die zurückbleiben, nachdem das Leben auf den Kopf gestellt worden ist und wie man weitermacht. Dementsprechend persönlich gestalten sich die Lyrics.
Musikalisch präsentiert sich das Quintett wieder etwas zugänglicher, wie schon der straighte, melodische Opener "Nobody's" verdeutlicht. "Disasters" zieht mit wuchtigen Schlagzeugklängen und Shouts sowie lauten Riffs die Aggressionsschraube weiter an, während das hymnenhafte "Hal Ashby" beweist, dass die US-Amerikaner die entschleunigten Töne genauso beherrschen. "Force Of Habit" beginnt mit tiefen Saitensounds, trippigen Drums und intimem Gesang, steigert sich jedoch nach und nach in einem wahren Gefühlssturm hinein.
"Mezzanine" erinnert mit seinen wilden Doublebassattacken an die Ursprünge der Band, verfügt aber gleichzeitig auch über eine griffige Hook. Das von postpunkigen Sounds und ätherischen Chorpassagen durchzogene und in einem Mitsing-Refrain mündende "Altitude" zeigt, wie sehr sich Touché Amoré über die Jahre weiterentwickelt haben. Die Alternative-Nummer "This Routine" und das wütende "Finalist" fallen dagegen wieder deutlich geradliniger aus. Das zusammen mit Lou Barlow gesungene "Subversion (Brand New Love)" pendelt zwischen ruhigen, von cleanen Vocals geprägten Momenten und Gewaltausbrüchen hin und her und könnte in ähnlicher Form auch so auf den früheren Dinosaur Jr.-Alben stehen.
"The Glue" lässt in den Strophen erneut postpunkiges Flair aufkommen, während der wuchtige Refrain geradezu erschlagend anmutet. In "Goodbye For Now" fungiert der folkige Gesang Julien Bakers als Ruhepol inmitten der energischen Ausbrüche. Vor allem das Ende, wenn die Vocals der US-Amerikanerin und die Shouts Jeremy Bolms zusammentreffen, brennt sich förmlich im Kopf ein.
Wer also das Melodische auf den letzten Scheiben etwas vermisst hat, dürfte mit der Platte wieder mehr auf seine Kosten kommen. Ansonsten konzentrieren sich Touché Amoré darauf, ihren eigenen Sound, den sie innerhalb des Post-Hardcore-Genres gefunden haben, weiter zu perfektionieren.
1 Kommentar
habe ich nie vertieft gehört. danke für die rezi