laut.de-Kritik

Eine musikalische Reise nach Belfast, Tennessee.

Review von

Die Leichtigkeit, mit der Van Morrison neue Platten herausbringt, hat schon fast etwas Unverschämtes. OK, er bedient sich vieler Fremdkompositionen und erfindet seine Musik jenseits der 60 auch nicht mehr neu, aber immerhin schafft er es, jährlich mit einem Stapel an Stücken ins Studio zu gehen und sie aufzunehmen.

2006 wendet er sich von seinem gewohnten Rhythm And Blues meets Jazz-Schema etwas ab. "Pay The Devil" ist in erster Linie eine Hommage an Country-Sänger, die in ihren Stücken existentialistische Themen aufgreifen. Hier geht es nicht um Mord oder schöne Frauen, sondern um die Liebe, Sucht, Verzweiflung und die allgemeinen Tücken des Lebens. Interpretiert mit einer Verspieltheit, die den ernsten Inhalt unterstreicht.

Die meisten Musiker wären für solch ein Album in die USA an einen historisch belegten Schauplatz gereist. Nicht Morrison, der nach Angaben seines Labels noch nie in der Country-Hauptstadt Nashville war. Irland ist für ihn gut genug. Das Material hat er verinnerlicht, Slide-Gitarre und Fiddles sorgen für eine wirkungsvolle Tennessee-Stimmung.

"Hier steht das Glas, das mich von all meinen Schmerzen erlösen wird", verkündet der Sänger aus Belfast mit gewohnt brummiger Stimme. Webb Pierce anno 1953 ist einer von vielen Oldies in der Sammlung. "You're Cheating Heart" ist eines der berühmtesten Stücke von Hank Williams, der auch "Half As Much" zu Ruhm verhalf. Später gehörte das Lied auch zum Repertoire von Patsy Cline und Emmylou Harris.

"What Am I Living For?" stammt von Chuck Willis ("C.C. Rider") und bildet einen der Höhepunkte des Albums, wie auch Clarence Williams' fröhliches "My Bucket's Got A Hole In It" (mit der erwähnenswerten Folge, dass er sich kein Bier kaufen kann) und das gospelige "Once A Day". Wie sehr sich Morrison in die Stimmung hinein versetzt hat, zeigt sich daran, dass sich seine drei Eigenkompositionen "Playhouse", "Pay The Devil" und "This Has Got To Stop" nahtlos in die Sammlung einfügen.

Ein Stapel Platten durchforsten, ein paar Stücke schreiben, mit seiner Begleitband ins Studio gehen - mehr braucht Morrison nicht, um ein neues Album aufzunehmen. Dabei bliebe die Hälfte des Materials auf der Strecke, weil er viel weniger veröffentlichen könne, als er wolle, beschwerte er sich 2005 in einem Interview.

Bei der Fülle an Platten, die er auf den Markt bringt, ist das höchstens für den eingefleischten Fan tragisch. Auch ist nicht jede Veröffentlichung unbedingt empfehlenswert. "Pay The Devil" gehört allerdings zu jenen, die immer wieder gerne ins Abspielgerät wandern.

Trackliste

  1. 1. There Stands The Glass
  2. 2. Half As Much
  3. 3. Things Have Gone To Pieces
  4. 4. Big Blue Diamonds
  5. 5. Playhouse
  6. 6. Your Cheatin Heart
  7. 7. My Bucket's Got A Hole In It
  8. 8. Back Street Affair
  9. 9. Pay The Devil
  10. 10. What Am I Living For
  11. 11. This Has Got To Stop
  12. 12. Once A Day
  13. 13. More And More
  14. 14. Till I Gain Control Again

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