laut.de-Kritik
Lies nie ein Buch, wenn du es auch hören kannst!
Review von Martin MengeleBei Hörbüchern geht es wie bei deren lesbaren Papier-Kollegen um gute Geschichten. Hank Williams hatte genug Drive in seinem kurzen Leben, um drei CDs mit amüsanten und spannenden Anekdoten zu füllen. Dabei handelt es sich um die viel gerühmte Biografie von Colin Escott, die jetzt Schauspieler und Tatort-Kommissar Dominic Raacke erzählt. Auf den drei CDs eröffnen sich dem Hörer sehr tiefe und detaillierte Einblicke in das Privatleben des tragischen Helden mit dem Cowboyhut, der einmal als Nashvilles Antwort auf Elvis Presley galt.
Der Mann, der nur 66 Songs schrieb, wovon aber 37 Hits wurden. Anhand von Williams' Vita erhält man auch einen ausführlichen Eindruck von der Genre-Entwicklung des Hillbilly zum Country und von der Mythoswerdung des bodenständigen Hinterwäldlers zum Country-Prediger "Luke The Drifter" im jungen Medium Radio. Eine Art "Countrymusic für Dummies", streng nach der alten MAD-Regel: "Lies nie ein Buch, wenn es auch ein Hörbuch dazu gibt!".
Was er aber wirklich auf dem Kasten hatte, zeigt der Meister eigenhändig auf CD 4 des Box-Sets. Leider sind dort nur acht Originalaufnahmen zu finden. Dies ist der Schwachpunkt des Box-Sets, denn der Hörbuchteil spricht so viele wichtige Songs an, die als Meilensteine in Williams' Leben galten und macht Appetit auf eine Hörprobe. Die Songs tauchen aber weder im Musik- noch im Hörbuchteil auf, oder werden dort nur ganz kurz angespielt.
Auch seine "Followers" kommen hier zu Wort und interpretieren die Songs, die er einst zu Standards machte. Wenn Legenden wie Johnny Cash oder Townes Van Zandt ihre eigenen Vorbilder spielen, ist das schon was Besonderes. Und wenn die Residents "Six More Miles (To The Graveyard)" jaulen, ist das schön bizarr. Josh Ritters Version des "Ramblin' Man" ist nah am Original und gehört zu den Juwelen dieser Kompilation.
Aber genau dieser Track wirft die Frage auf: Warum wurden hier eigentlich die Melvins vergessen, die zusammen mit Hank Williams III. (Urenkel der Legende) diesem Song einen unvergleichlichen Anstrich gaben und die damit den Country einem Alternative-Publikum nahe brachten?
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