laut.de-Kritik
Deutsche Tanzmusik zwischen Elektro-Pop, House und Techno.
Review von Eberhard DoblerAm Anfang war ein House/Techno-Club in London. Inzwischen hat sich Ministry Of Sound zu einer europaweit operierenden Party-Zentrale inklusive Label gemausert. Und zum dritten Mal hegt die Berliner Dependance den Anspruch, einen repräsentativen Querschnitt durch die hiesige Elektronik-Szene vorzulegen.
Angesichts der Bandbreite programmierter Tanzmusik ein schwieriges, im vorliegenden Fall aber vertretbares Unterfangen. Von 80er-infiltriertem Elektro-Pop, technoiden Tracks über house-gefütterte Tunes hin zu loungigen Downtempo-Nummern bietet "Neue Heimat 3" eine Zusammenstellung smarter, massentauglicher, aber auch weniger inspirierter Acts.
Bekannte Stücke von Tok Tok vs. Soffy Os oder 2raumwohnung bleiben eine sichere Bank. International Pony mit Filter House-Anleihen, Schneider TM mit knarzendem Charme und die über alles erhabenen The Notwist stellen ihre Qualität ebenfalls unter Beweis.
Superpitchers Minimalismus gerät beim Tocotronic-Remix "Hi Freaks" und dem eigenen Beitrag "More Tomorrow" auf die Dauer etwas zu eintönig. Klopft CD 1 verstärkt die Bereiche Elektro-Pop bis Techno (von den jazzig-lounigen Ausflügen Boozo Bajous und Trio Electricos mal abgesehen) ab, betont Teil zwei mit groovig-deeperen Klängen den Club-Charakter.
So pluckern Millenia Nova, Turner im Lawrence-Mix, MRI oder der "Sunsetsetpeople"-Reset des Stuttgarter Deep House-Duos Tiefschwarz tief und stressfrei aus den Boxen. Der Klee-Remix kann es mit 2raumwohnung aber nicht aufnehmen.
Schräge, elektronische Disco-Unterhaltung gibts bei Deichkind (inklusive deutschen Raps) sowie dem Alter Ego-Remix der Chicks On Speed. Tube Und Berger, die eines der fünf exklusiven Compilation-Stücke beisteuern, filtern nach der Hälfte ihres Tracks recht tanzbar.
Doch keiner pumpt mit seinen Tiefbässen geschmeidiger und souliger als Minimal House-Boss Steve Bug. Ähnlich trocken, dafür eine Ecke kantiger geht es bei The Modernist zu. Tobi Neumanns "Drogenkontrolle" entkommt dann keiner mehr.
M. Mayer sollte seinen "Speaker" dagegen besser abschalten und Mathias Schaffhäuser feat. Rob Taylor bekleckern sich ebenfalls nicht mit Ruhm. Überflüssig auch die langweilig-sphärische "Such A Shame"-Version von Repilque feat. Shirin (Remix von Markus Güntner). Ministry of Sound präsentieren unterm Strich aber einen ansprechenden Elektronik-Überblick aus verkaufsträchtigen Stücken, unbekannteren Acts und echten Tanzbodenbrennern.
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