laut.de-Kritik

Soundtrack zum stilsicheren Elektro-Fachgeschäft Plündern.

Review von

Ist Punk tot? Diese Frage wird seit dem Ende der Sex Pistols wohl alle Viertelstunde gestellt, und immer und immer noch gibt es jemanden, der den buntbehaarten Kopf hebt und "Punx Not Dead" verlauten lässt. In der Tat ist Punk, wenn man ihn mit allen seinen Spielarten (Funpunk, Skatepunk, Oi!, Skapunk usw.) und Bastarden (Emo, Hardcore, Screamo usf.) betrachtet, ziemlich lebendig. Blink 182 verblüfften Ende letzten Jahres mit einem erstaunlich fäkalwitzlosen Album, Bad Religion bringen ihr x-tes Album - aber kein zweites "Against The Grain" - heraus und Fat Mike belebt mit Punkvoter das politische Moment des Punk wieder.

Doch auch jenseits von Mainstream und Chartpotential gibt es in der traditionell kleinteiligen Szene viel zu entdecken, und das nicht nur in den USA. Den Beweis tritt an: "Propunkrocker", der bereits dritte Teil der Compilationsreihe. Mirko von 11PM aus Hannover hatte das Vergnügen, eine Gemischt-CD zusammenzustellen, die dann auch noch verkauft werden soll. Warum passiert mir so was nicht? Müßig darüber nachzudenken, Fakt ist: der Punk-Workaholic aus der Leinestadt hat ein geschmackssicheres Händchen bewiesen. Insgesamt 25 Songs von Melodic Punkrock über Alternative Rock bis zu Emocore und straightem Eins, Zwei, Drei-Punk verschaffen einen guten Überblick über den Stand von harter Gitarrenmusik hierzulande und anderswo.

Denn ein großer Teil der Bands kommt tatsächlich aus dem deutschsprachigen Raum. Da wären die stets gut gekleideten Kju: mit dem wirklich schön melodisch rockenden "Burn The Ashes". A Common Ground lassen es etwas mehr krachen, "Waiting For A Change To Come" bringt Friseure auf die Palme. Schöner Screamo-Part übrigens. Höchst interessant klingt auch "Reiss Die Trauer Aus Den Büchern" von Jupiter Jonas, eine der wenigen deutschsprachigen Acts auf der Zusammenschau, erinnert es doch ein wenig an ... But Alive. Workers Ettiequette Manual gehen richtig zur Sache, ihr "Void" zählt zu den härtesten Stücken der Compilation.

Auch die Österreicher tragen einen guten Teil zu "Propunkrocker 3" bei. Guadalajara besingen mit feinstem Ska die Jugend, und Cheek Dakota leisten einen feinen, kleinen Beitrag mit ihrem "A New Distance". Mit den Mighty Mighty Bosstones und Goldfinger geben sich ein paar arrivierte Haudegen die Ehre, ein paar "größere" Newcomer wie The Bronx mit dem brutalen "Heart Attack American" und Maxeen dürfen sich auch noch mal ins Gedächtnis rufen. Auch die netten Italiener Vanilla Sky mit ihrem flotten Sommer-Poppunk ("Distance") dürfen nicht fehlen.

Das sensuale Vergnügen geht mit der beigefügten DVD in die Verlängerung. Auch wenn die Videos nicht beschriftet und die Titelanwahl ein wenig dahin geschlampt ist: eine gute Gelegenheit allemal, ein paar Videos von Bands zu sehen, die sonst nicht auf MTViva laufen. Oder hat schon jemand mal einen Kurzfilm von Shandon, Shit Lives On, oder den Slick Shoes gesehen? Was allerdings der PETA-Spot hier zu suchen hat, verstehe ich nicht. Immerhin haben die radikalen Tierschützer gerade eine äußerst geschmacklose Plakat-Aktion gestartet, die Tierhaltung mit dem Holocaust vergleicht. Das hat mit Punk ja wohl nix zu tun.

Schade nur, dass das Artwork nicht ganz mit dem Inhalt von Platte und DVD mithalten kann. Darauf hätte man doch ein wenig mehr Zeit verschwenden sollen. Was der Typ auf dem Cover mit dem Fernseher vorhat, erschließt sich dem Rezensenten leider nicht. "Pro Punkrocker 3" als Soundtrack zum stilsicheren Elektro-Fachgeschäft-Plündern? Kaufe gebrauchte und defekte Elektrogeräte? Egal. Zumindest die CD ist höchst unterhaltsam, eine nette Zusammenschau über den Status Quo in der deutschen Für-die-Harten-Musiklandschaft mit einigen Highlights. Die DVD nehmen wir da gerne mit. Zumal der Preis von 12 € fast schon unfair fair ist.

Trackliste

  1. 1. The Bronx - Heart Attack American
  2. 2. Encore - Pretty Makeup
  3. 3. Maxeen - Gettaway
  4. 4. Raskop Rails - First Time Alone
  5. 5. No Mayers 50 - On My Own
  6. 6. Suicide Machines - The Change
  7. 7. 3 Feet Smaller - Vienna Chainsaw Massacre
  8. 8. Jupiter Jones - Reiss Die Trauer Aus Den Büchern
  9. 9. The Kinison - Hey Hey Hey
  10. 10. Brand New Jersey - Shy Guys
  11. 11. Guadalajara - 21
  12. 12. Kju: - Burn The Ashes
  13. 13. One Punch Mickey - Sorry
  14. 14. My Awesome Compilation - As Always
  15. 15. Mongrel - Hold On To Your Doubts
  16. 16. Workers Etiquette Manual - Void
  17. 17. Vanilla Sky - Distance
  18. 18. Cheek Dakota - A New Distance
  19. 19. A Common Ground - Waiting For A Change To Come
  20. 20. Soulmate - Shining Star
  21. 21. Tribute To Nothing - Quicksand Mindset
  22. 22. The Flying Windmill - Yellow Bus
  23. 23. Madstateworld - My Civilization Downfall
  24. 24. Mournful - Both-And
  25. 25. Useless - Don't Hurt Me Cause I'm Drunk

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