laut.de-Kritik
Grundlagenforschung macht nicht immer Spaß.
Review von Dani Fromm"Legendary Latin Club Tunes" will Uwe Schmidt, als Señor Coconut vermutlich eher ein Begriff, für "Coconut FM" ausgewählt haben und verspricht eine Reise durch die etwas andere eletronische Musik Lateinamerikas. In Reggaeton, Cumbia und Funk Carioca findet sich das Ausgangsmaterial für Coconuts hochgradig vergnügliche Alben "El Baile Alemán" und "Fiesta Songs". Man kann diese Compilation also getrost als eine Art Grundlagenforschung betrachten - und die macht ja bekanntlich nicht immer Spaß.
Auch, wenn ich es nicht wirklich wahrhaben möchte, stelle ich mehr und mehr fest, dass ich mit Reggaeton wenig bis nichts anfangen kann. Ärgerlich, birgt doch die Kombination aus Reggae, Hip Hop und Latin Music so viel Potential! Die Resultate gestalten sich allerdings häufig erschreckend eintönig. Hier bildet die von Señor Coconut getroffene Reggaeton-Auswahl keine Ausnahme.
Zwar erinnert der Rap von Tego Calderón stark an den der Delinquent Habits, das Instrumental zu "Cabumbo" gestaltet sich aber (leider symptomatisch für Coconut FM) ausgesprochen monoton. Ebenso: "Dile". Ganz nette Vocals, ein satter Rhythmus, der keinerlei Variationen bietet. Auf Dauer wird das schon sehr öde. Die Panama-Variante von Catherine wirkt energiegeladener: Der Reggae-Anteil in ihrem "No Me K s-tigues" ist wesentlich höher, als bei den übrigen Reggaeton-Stücken. Im Hintergrund versteckt sich gar ein charakteristisch groovender Basslauf. Das hört man gern, ebenso die Drums in "Punta".
Bei "Punta" weitet sich das Monotonie-Problem vom Rhythmus auf den Text aus. Auch, wenn ich weder des Spanischen noch des Portugiesischen mächtig bin, scheinen mir besonders "Punta" und "Toma Toma" extrem arm an Aussage zu sein, und auch "Feia Pra Cascalho" nervt mit x-maligen Wiederholungen identischer Textzeilen, die zudem ohne jegliche erkennbare Betonung dargeboten werden. Meister Coconut höchstpersönlich schafft - aus der Kombination von Reggaeton mit Techno-Elementen - den "Aciton". Tea Time, der chilenische Rapper, der ihn unterstützt, kommt hier allerdings kaum zum Einsatz, schade. Trotzdem empfehle ich "Mueve La Cintura" als das einzig aufgefahrene Stück, bei dem der Bass eine angemessene Schlagkraft entfaltet.
Sehr enervierende Wirkung üben die brasilianischen Funk-Tracks aus. Eintönig geleierte Vocals im Stil von M.I.A. - ich persönlich kann das unmöglich länger als drei Minuten am Stück hören, bevor sich Aggressionen aufzustauen beginnen. Da hilft es auch nichts, wenn der musikalische Unterbau (wie in "Feia Pra Casalho" oder "Labirinto Dos Carrasco") stark an Bambaataas "Planet Rock" erinnert.
Neben "Mueve La Cintura" bildet "Ne Te Vayas Corazón" das einzige Highlight: Percussionisten und Bläser verbinden sich mit Gladys' volltönender Stimme zu einer Einheit, die nahezu zwingend Urlaubsstimmung aufkommen lässt. Das also ist "Cumbia Tropical"? Gut zu wissen!
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