laut.de-Kritik

Wenn Indie-Größen Kinderlieder vertonen ...

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Das junge Familienglück, so sagt man, führt einem das Älterwerden eindringlicher vor Augen. Gleichzeitig blickt man melancholisch zurück und ruft Momente der eigenen Menschwerdung ab. Wenn es sich dabei um Musiker wie Stuart A Staples und Dave Boulter von den Tindersticks handelt, die sich an prägende Lieder aus ihrer Kindheit erinnern und sich inspirieren lassen, lässt mich das schmunzeln. Und wenn sie sich dann entscheiden, eine Kompilation mit diesen Songs zu veröffentlichen, vorgetragen von einer illustren Schar von Indie-Größen, dann ist das ganz und gar entzückend.

"Songs For The Young At Heart" beinhaltet neben zwei kurzen Erzählungen Lieder aus Radio, Schule und Fernsehen, kindgerecht aufgemacht. "Keep the songs simple", lautet das Gebot. Dementsprechend infantil und schlicht ist die Instrumentierung der stets melodischen Songs, wobei sich der naive Charme mit der von den Tindersticks bekannten Schwermütigkeit paart.

"Theme For The Young At Heart", ein von Glockenspiel und Querflöte getragenes Instrumental eröffnet das Album. Anschließend verzaubert uns Robert Forster von The Go-Betweens gefühlvoll mit dem Spinners-Song "Uncle Sigmund's Clockwork Storybook". "Stop, look, listen" singt ein kitschiger Kinderchor zur akustischen Gitarre und zum Glockenspiel. Dieser pädagogischen Aufforderung folge ich sofort.
Sanft taucht man mit Stuart Murdoch von Belle And Sebastian ein in "Florence's Sad Song", dessen Traurigkeit tröstend mit Flöten und Streicherparts geschmückt ist; mit Cerys Mathews und ihrem unnachahmlichen Sopran galoppieren wir herzallerliebst auf weißen Pferden durch eine Traumlandschaft, ehe Jarvis Cocker eine Pause einlegt und uns die Geschichte vom kleinen Albert, der vom Löwen Wallace gefressen wird, erzählt. Very British!

Stuart A Staples wiegt uns mit dem traurigen Schlaflied "Hushabye Mountain" zärtlich in den Schlaf, sachte dringt uns die großartige Susan Osborne mit dem sonnigen "Morningtown Ride" ins Ohr. So kann der Morgen beginnen, immer wieder. Grandios ist die von Kurt Wagner (Lambchop) mit sonorer Stimme intonierte Version von "Inch Worm", das mit einem Kinderchor, der an The Langley Schools Music Project aus den 70ern erinnert, zu Herzen rührt. Der Höhepunkt der Platte ist der Beitrag von Bonnie 'Prince' Billy, der all seine Gefühle in das entwaffnende Kinderlied "Puff, The Magic Dragon" hineinlegt und die Peter, Paul and Mary-Version absolut vergessen macht.

Schon deswegen lohnt die Anschaffung. Martin Wallace, Regisseur und Verfasser einiger Tindersticks-Videos, erzählt danach sehr lebendig die Geschichte "The Three Sneezes", die aus einem Buch mit Sagen aus der Schweiz stammt. Stuart A Staples schließt die Zusammenstellung mit der seiner Tochter gewidmeten, intimen Eigenkomposition "Hey, Don't You Cry" ab. Süßer die Glocken und alles drumherum wirklich nie klangen.

"Songs For The Young At Heart" ist ein liebevoll kompiliertes und kurzweiliges Album, dessen melancholische Schöngeistigkeit den Kleinen wohl noch nicht zugänglich ist. Wenn sie den Durchlauf verhindern oder die CD durch ein Rolf Zuckowski- oder Frederik Vahle-Album ersetzen wollen, sagt laut Nein! Pädagogische Fehlleistung hin oder her, seid es euch wert, euch vierzig Minuten in die Welt einer Kindheit entführen zu lassen, die der nostalgische Blick unserer Indie-Helden in sentimentales Licht getaucht hat. Wir werden schließlich auch nicht jünger.

Trackliste

  1. 1. Theme For The Young At Heart
  2. 2. Uncle Sigmund's Clockwork Storybook
  3. 3. Florence's Sad Song
  4. 4. White Horses
  5. 5. The Lion And Albert
  6. 6. Robinson Crusoe
  7. 7. Hushabye Mountain
  8. 8. Morningtown Ride
  9. 9. Inch Worm
  10. 10. Mary, Mungo And Midge
  11. 11. Puff, The Magic Dragon
  12. 12. The Three Sneezes
  13. 13. Hey, Don't You Cry

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